Kapitel 07

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Am Abend stehe ich vor meiner Schlafkoje und betrachte nachdenklich das Teil, das da auf meinem Bett liegt. Es gehört zu dem viertel-Party, auf das Penn mit Stolz und Tatendrang bestanden hat.

Das Teil ist ein kleines schwarzes Etwas, Penn hatte es als Kleid bezeichnet, obwohl Fummel dem schon eher gerecht wird.
Gleich daneben liegt meine graue Jogginghose—darauf habe ich mit Stolz und Tatendrang bestanden—und ich führe einen innerlichen Kampf darüber auf, was ich später anziehen soll.

Einerseits möchte ich mich nicht schon wieder so underdressed wie beim letzten Mal fühlen und auch, wenn das heute nur ein kleiner Auftritt in einem kleinen Club wird, möchte ich irgendwie ein paar Blicke auf mich ziehen und mir eventuell von einem heißen Typen an der Bar einen Drink spendieren lassen. Außerdem würde ich nur zu gerne Alex Gesicht sehen, wenn ich darin gleich die Treppe runterkomme.

Und andererseits ist es nur ein kleiner Auftritt in einem kleinen Club, kein Grund sich aufzubrezeln. Ich werde diese Woche noch ein paar Auftritte haben, für die ich diese Stofffetzen gebrauchen werde und ich glaube, im Endeffekt ist es dieses Argument, das mich dazu bringt mir die Jogginghose und ein schwarzes Top anzuziehen.
* * *
Etwa eine Stunde später sitze ich an der Bar in dem kleinen Club. Anders als gestern in Roseburg ist dieser allerdings nicht von einer lebensgefährlichen Parfümwolke umgeben und ich kann gemütlich auf dem Barhocker sitzen und meinen Cocktail schlürfen, während die Jungs sich zusammen mit den Roadies auf der ebenso kleinen Bühne taumeln und versuchen ihre Instrumente vorzubereiten.

Alex hat mein schickes Party Outfit mit einer hochgezogenen Augenbraue und seinem unwiderstehlichen Grinsen quittiert und Sean hat mir lässig hinterher gepfiffen, während ich aus dem Bus gestiegen und auf den Auftrittsort zugelaufen bin. Darauf sind die Jungs in eine hitzige Diskussion verfallen, ob es nicht verdammt respektlos ist einer Frau hinterherzupfeifen und ich kann nicht anders, als grinsend den Kopf zu schütteln bei dieser Erinnerung.

Das erste Mal, seit ich Alex und die Band kenne, kann ich sie aus der Zuschauer-Perspektive spielen sehen. Da der Club so klein ist—im Ernst, es passen vielleicht dreißig Personen hier rein—gibt es verständlicherweise keinen Backstage Bereich, weshalb ich jetzt hier bin.

Inzwischen haben es die Jungs sich auf der Spielfläche—ob man das Bühne nennen kann bleibt wohl umstritten—gemütlich gemacht und Joan schlägt taktvoll seine zwei Stöcke über seinem Kopf aneinander, bevor sie losspielen und der ganze Raum durch ihre melodischen Stimmen erfüllt wird.

Ich nehme noch einen Schluck von meinem Getränk um meine hitzigen Wangen abzukühlen, die entstehen sobald ich Alex anschaue. Mit einem Mal wird mir noch bewusster, wieso die Jungs so viele Groupies haben. Sie sehen alle samt einfach umwerfend aus, wie sie dort oben stehen, im Rampenlicht, mit Schweißperlen auf dem ganzen Körper. Adam und Alex hängen an ihren Mikrofonen und singen so gefühlvoll, dass jedes Frauenherz weich wird.

Und mit dieser Erkenntnis kann ich die Mädchen, die da vorne stehen und ihre Hände in die Luft reißen nur um die Jungs zu berühren nicht mehr verurteilen. Denn im Endeffekt bin ich genauso wie sie.
* * *
„Na, wie hat dir die Show gefallen?", Alex kommt grinsend auf mich zu und macht Anstalten mich zu umarmen, woraufhin ich schnell zurück weiche. Er zieht fragend eine Augenbraue hoch und ich lächele ihn entschuldigend an: „Wie immer schätze ich. Und jetzt fass mich ja nicht an, du tropfst vor Schweiß!", auf seinem Gesicht bildet sich ein teuflisches Grinsen und ich schaue ihn nur verwirrt an, bevor ich spüre wie sich ein warmer, nasser Körper von hinten an mich presst. Ich quicke auf und ehe ich mich versehe schmiegen sich vier verschwitze Körper von allen Seiten an mich.

Ich winde mich, bekomme damit nur noch mehr Schweiß ab und die Jungs lachen sich die Seele aus dem Leib. Obwohl ich mit meinen Ein-Meter-siebzig nicht wirklich klein bin, müsste es von außen so aussehe, als ob sich vier Ein-Meter-neunzig Typen entschlossen haben einfach zu kuscheln.

Sehr, sehr gute Freunde Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt