[Zwischenspiel 2]

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Keine P.O.V

Ein Mädchen rannte durch die Gassen von Crownsdale. Die zerfranste Kleidung beschmiert mit Dreck und Unrat aus den frischen Pfützen der mickrigen Gassen, durch die sie sich ihren Weg bahnte. Sie atmete hektisch und dachte, trotz der sich anbahnenden Erschöpfung, nicht daran das Tempo zu drosseln. Unzählige kleine Häuser zogen an ihr vorbei. Menschen warfen ihr verwirrte Blicke zu. Das kümmerte das Mädchen jedoch wenig. Andere Probleme machten ihr gerade erheblich mehr sorgen. Sie wollte nur in Sicherheit sein. Einmal in der Lage sein durchzuatmen und zu verschnaufen, in dem Wissen, dass man sie nicht mehr grundlos verfolgte. Denn sie wurde von zwei königlichen Wachen verfolgt. Die beiden Männer waren athletischer als das Mädchen, jedoch hatte sie das Element der Wendigkeit auf ihrer Seite. Sie rannte beständig weiter. Ihre Lunge brannte wie Feuer und ihre Kraft wurde minütlich weniger. Als sie um eine weitere Ecke bog, befand sich mit einem Mal auf dem riesigen Marktplatz der Hauptstadt des Königreichs. Am heutigen Tag und an den nächsten beiden darauffolgenden fand das große, prächtige Frühjahrsfest in Crownsdale statt. Viele Menschen befanden sich zu dieser Zeit auf dem Platz. Sie lachten, sangen und tanzten. Der Markt war heute umso facettenreicher, weil sich viele Händler die Menschenmenge zu nutzen machten, um ihre Ware besser zu verkaufen. Außerdem standen diverse Karren auf dem Platz und versuchten duftende Speisen zu vermarkten. An diversen Pfeilern, die um den Platz herumstanden, waren bunte Blumengirlanden angebracht, die ein paar der örtlichen Kinder bereitwillig gepflückt und dessen Eltern sie dann mühsam zusammengebunden und aufgehängt hatten. Der Himmel war blau. Keine Wolke zeigte sich und die Sonne brachte eine angenehme Wärme. Kinder liefen lachend über den Marktplatz. Sie lieferten sich Duelle mit selbst gemachten Schwertern, bei denen es sich abgebrochene Äste handelte, mit denen die Kinder ihr Können beweisen wollten. Das Frühjahrsfest war überall bekannt. Allerlei Gesichter aus dem Nachbarkönigreich Freedom waren an diesem wundervollen Tag zu Gast, um wenigstens für einen Tag ihrem tyrannischen König zu entfliehen und schöne Gedanken pflegen zu können. Nur die wohlhabenden Bewohner Freedoms konnten sich einen solchen Ausflug erlauben, da sie die strengen Soldaten, die an den Grenzen vom Königreich patrouillierten, mit ihrem Geld bestechen konnten, um das Königreich verlassen zu können. Allerdings gab es auch Händler, die bei Frühjahrsfest verkaufen würden, die sich entschlossen schnelles Geld zu machen und ärmere Bürger ungesehen über die Grenze brachten, um ihnen ihr letztes Geld aus der zerrissenen Tasche zu ziehen.
Im Normalfall würde das Mädchen sich hier wohlfühlen, da sie das Fest eigentlich jedes Jahr mit ihren Eltern besuchte.
Doch dieses Jahr war es anders. Und es würde niemals wieder wie damals werden.
Das Mädchen lief in eine Gruppe aus Menschen, bei denen es sich primär um Männer handelte, die sich am Stand, wo reichlich legale und illegale Spirituosen ausgeschenkt wurden, befanden. Man roch geradezu direkt den Alkohol, der dort getrunken wurde. Die Männer stanken regelrecht nach dem beißenden Duft, der sie wie ein dicker, permanenter Mantel umhüllte. Sie hielt sich die Nase zu und atmete durch den Mund. Dennoch konnte die den Alkohol fast auf ihrer Zunge schmecken. Die Gruppe lallte vor sich hin. Sie schienen das Mädchen nicht richtig wahrzunehmen. Dessen Blick lag auf einem jungen Mann, der sich auch an dem Stand befand. Er hatte die Unterarme auf die Ablage gestützt und blickte vom Mädchen weg. Der junge Mann schien keinen Alkohol zu sich genommen zu haben. Er hatte scheinbar nichts zu sich genommen, da weder Glas noch Flasche vor ihm standen.
Mit einem Mal wurde das Mädchen am Handgelenk gepackt. Es war einer der trunkenen Männer. "Komm lass uns ein bisschen Spaß haben, Mädel!" lallte er fröhlich. Beim Reden spuckte er Speichel aus. Ein paar der Tropfen trafen das Gesicht des Mädchens. Sie wischte sich angewidert den Speichel aus dem Gesicht. Dann versuchte sich aus dem Griff des Mannes zu lösen. Der jedoch hatte kein Interesse sie loszulassen. "Hab dich nicht so. Wir werden 'ne schöne Zeit zusammen haben, Süße." sagte der Mann und begann das Mädchen näher an sich heran zu ziehen. „Wir werden jetzt da hinten in die Gasse gehen. Dort kann ich dir alles geben. Du kannst mich komplett für dich haben, Kleine." Wieder flog der Speichel und verfehlte ihr Gesicht knapp. Der Mann verließ allmählich die Gruppe, das Mädchen immer noch fest gepackt. Die warf einen Blick zu dem Ort, wo der junge Mann gestanden hatte. Verzweifelt stellte sie fest, dass dieser weg war. Sie war machtlos. Würde sie um Hilfe rufen, kämen die Schlosswachen, die hier noch irgendwo herumstreiften. Zwar wäre sie dann diesen Widerling von Mann los, jedoch würde sie dann demnächst den Galgen treffen. Was war schlimmer: Von einem trunkenen Widerling mit Bierbauch vergewaltigt zu werden oder erhängt zu werden für ein Verbrechen, was man nicht begangen hat?

Das Dunkle in mir.../Freedom FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt