1. Nudelgespräche

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Die Nudeln auf meinem Teller waren brühend heiss und trotzdem wartete ich nicht, dass sie sich ein wenig abkühlten, bevor ich sie ass. Ich war ungeduldig und hoffte ernsthaft, auch wenn es mittlerweile eher einem Wunschtraum ähnelte als einer realen Option, etwas anderes tun zu können, wenn ich fertiggegessen hatte. Etwas interessanteres als die wissenschaftlichen Protokolle durchzugehen, die Fury mir schon wieder aufgehalst hatte. Als die Türe hinter mir leise quietschte, seufzte ich genervt. «Hören Sie, Fury, ich habe Ihnen schon oft genug gesagt, dass ich nicht mit irgendeinem ihrer dubiosen Spionkollegen zusammenarbeiten werde. Lieber lese ich noch ein paar Protokolle durch.»

Kurz war es hinter mir still, dann hörte ich jemanden amüsiert schnauben. «Eigentlich hatte ich mich nicht als einen dubiosen Spiontypen gesehen», sagte dieser Jemand hinter mir und ich erstarrte. «Vielleicht muss ich ja den Frisör wechseln», witzelte Tony Stark, vollkommen locker, allerdings stockte er kurz, als ich mich umdrehte, als hätte er nicht erwartet, mich in SHIELD-Kleidung zu sehen. Das aufdringliche Vogellogo auf meinem T-Shirt war wirklich auch nicht zu übersehen.

«Sie kommen spät, Indiana Jones», meinte ich, auf unsere allererste Begegnung anspielend. Er hatte mich auf einer Führung durch seinen Tower ausfindig gemacht und beiseite genommen, um herauszufinden, wer der Hacker war, der seine Systeme ausgetrickst hatte, denn natürlich hatte er nicht angenommen, dass ich das gewesen war.

Der Blick, den er mir zuwarf, verriet allerdings, dass er jetzt herausgefunden hatte, dass ich nicht einfach nur die Tochter eines ausgefuchsten Hacker war. «Du siehst... jünger aus, als ich dich in Erinnerung habe. Wie alt bist du noch einmal?»

«Irgendwann in diesem Jahr werde ich zehn.»

«Du weisst nicht, wann du Geburtstag hast?»

«Der Storch, der mich ins Waisenhaus brachte, hat den beiliegenden Brief verloren», spöttelte ich, auch wenn sein entsetzter Blick mich daran erinnerte, dass es einmal eine Zeit gegeben hatte, in der mich das noch traurig gemacht hatte. Ich strich mir eine lange, dunkle Haarsträhne aus dem Gesicht.

Tony Stark schloss die Türe hinter sich und schnappte sich ungefragt einen Drehstuhl, den ich irgendwo in eine Ecke gestellt hatte, weil ich dauernd dagegengelaufen war, wenn ich aus dem Klappbett in der Ecke aufstand. «Das werde ich beheben.»

«Was denn? Wollen Sie etwa den Storch verklagen?», witzelte ich.

Starks Mundwinkel zuckten ein ganz klein bisschen. «Wer weiss? Im Ernst, es gibt einige Möglichkeiten, das Geburtsdatum exakt herauszufinden.»

«Als würde sich jemand wie Sie sich solche Mühe um jemanden wie mich machen.»

Stark sah auf. «Was soll das heissen, jemand wie du?»

«Ich bin doch in euren Augen sowieso nur eine Kriminelle, die so dumm war, sich schnappen zu lassen.»

«Wer hat das denn gesagt?», hakte Stark überrascht nach. «Natürlich nicht.»

«Tja, Fury ist da anderer Meinung», grummelte ich.

Stark verdrehte die Augen. «Hör ihm einfach nicht zu. Du glaubst nicht, wie oft er mir schon einen Vortrag darüber gehalten hat, was ich jetzt als Superheld darf und was nicht. Und das er manchmal nicht sicher ist, ob ich überhaupt ein Held bin.»

«Sie können es sich ja leisten, nicht auf ihn zu hören.»

Er grinste. «Du solltest es einfach mal ausprobieren: Du ignorierst ich von Anfang an und tust so, als könntest du ihn gar nicht hören. Stell dir vor, du hättest ihn stummgeschaltet.»


Ich musste wider Willen lachen. Trotz der Tatsache, dass wir beide sassen, war ich mindestens eineinhalb Köpfe kleiner. Ich war selbst für mein Alter klein. «Das ist... eine gute Idee. Wirklich.»

Diaries of RogersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt