5. Adam und Eva oder Über verdrehte Codenamen

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Ich schwieg. Als ich nach dem Wasserglas, dass Felicia mir mehr oder weniger führsorglich hingestellt hatte, griff und einen Schluck nahm, durchbrach meine Gastgeberin die Stille. «Und weiter? Du kannst jetzt nicht einfach so aufhören!»

Ich zuckte die Schultern. «Es ist spät.»

«Du willst schlafen gehen?»

«Das habe ich nicht gesagt», stellte ich fest.

Sie legte den Kopf schief. «Was dann?»

«Ich gehe spazieren.»

Mit grossen Augen sah sie mich an. «Wie bitte? Jetzt? Das kann nicht dein Ernst sein.»

«Mein Kontakt braucht noch ein wenig Zeit, mir neue Ressourcen zu schicken, darunter auch meine Tarnung. Meine Letzten haben sie konfisziert, als sie mich verhaftet haben.»

«Wieso willst du dann überhaupt raus?»

«Ich bin ein Computerfreak, der den ganzen Tag an seiner Kiste hockt. Irgendwann brauche auch ich frische Luft.»

«Aber du kannst immer noch entdeckt werden!»

«Die Wahrscheinlichkeit ist nachts winzig», belehrte ich sie.

Felicia beobachtete mich noch einige Sekunden länger, als wollte sie sich versichern, dass ich meinen Plan ernst meinte, dann nickte sie langsam. «Bevor du gehst, will ich zwei Dinge noch wissen.»

«Ich vermute, sonst rufst du die Cops.»

Ein katzenhaftes Lächeln breitete sich auf ihren Zügen aus. «Richtig geraten, Genie.»

Ich nahm erneut einen Schluck aus dem Glas. «Da ich sowieso nicht Nein sagen kann... Was ist es?»

Ihr selbstgefälliger Gesichtsausdruck erinnerte mich an eine Katze, die gerade gekrault wurde. Ich war allergisch gegen Katzen. «Also, ehrlich gesagt sind es drei Dinge. Hattest du wirklich Humor?»

Ich runzelte die Stirn. «Ich weiss nicht, was genau, es dir bringt, das zu fragen.»

Sie schnaubte. «Ich will wissen, ob du dir die Witze irgendwo zusammengesucht hast oder ob du früher wirklich eine humorvolle Person warst.»

Ich versuchte die Erinnerungen abzuschütteln. «Ich hatte eine grosse Klappe. Manchmal hat man mir gesagt, ich wäre ähnlich respektlos wie Tony Stark.»

Felicia sah ehrlich überrascht aus. «Das habe ich auch bemerkt, als du erzählt hast, aber es ist schwer zu glauben, weil ich dich ja vor mir sitzen habe...» Sie schüttelte den Kopf, als wollte sie einen Gedanken verscheuchen. «Wie auch immer, du hast einen Kontakt, der dir hilft und Ressourcen verschafft?»

Es irritierte mich ein wenig, wie schnell sie das Thema wechselte. «Ja, ich habe einen Kontakt.»

Mit grossen Augen sah sie mich an. «Jemand hilft dir trotz der ganzen «Ich kann die Welt unterjochen» Sache?»

Ich seufzte. «In der Tat. Mir helfen so einige Leute.»

«Dann sind sie offenkundig verrückt!»

«Du wärst überrascht», murmelte ich leise. «Und was ist die dritte Frage?»

«Was genau ist danach passiert?» Als sie meinen, beinahe etwas genervten, Gesichtsausdruck sah, krebste sie zurück. «Nichts Detailliertes, meine ich, einfach so weit, dass ich ruhig schlafen kann, ohne mich zu wundern, wie die Sache damals ausging.»

Ich überlegte kurz, wie gross die Chancen wären, dass sie mich wirklich verraten würde, sollte ich einfach aus der Türe herausspazieren. Sie war eine Verbrecherin und sie mochte mich nicht besonders, also waren sie um die 80%. Das war natürlich nur eine grobe Schätzung, aber sie war definitiv zu hoch, als dass ich es hätte riskieren können. Zu viel stand auf dem Spiel und ich konnte es nicht dafür riskieren, mich um einige Informationen über mich selbst zu drücken, wie schmerzhaft sie auch sein mochten. «Ich habe ihnen geholfen, die Hacker zu finden.»

Diaries of RogersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt