5. Pechsträhne

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Auch das noch! Der Tag hatte schon furchtbar angefangen, aber das war echt die Höhe. Sie war definitiv mit dem falschen Fuß aufgestanden, aber dieser Tag machte dem Sprichwort 'schlimmer geht immer' alle Ehre. Sie warf sich aufs Bett , mit dem festen Vorhaben, sich heute nicht mehr zu erheben. Essen wurde eh überbewertet. Sie angelte ihr Handy an den Kopfhörern unter der Bettdecke hervor und schaltete Musik an. Das Lied war egal, die Musik sollte nur sehr laut sein, um ihre Gedanken zu übertönen. Als sie sicher war, dass sie ihre Gedanken nicht mehr hörte, ließ sie von dem Gerät ab und entspannte sich, die Augen schließend. Sie ließ sich von dem Lied einnehmen, bis sie in ihm versank und sich das, was in den Lyrics besungen wurde, vor ihrem inneren Auge abspielte. Sie ignorierte ihre Umwelt einfach, bis jetzt hatte die Realität nichts Gutes für sie parat gehabt. Zumindest heute. Dann konnte sie sie getrost ausknipsen, wie ein Licht. Doch lange währte die Ruhe nicht. Einem Tornado gleich wurde ihre Tür aufgerissen und ihre Tasche kam hereingeflogen. Danach ging die Tür mit einem, das Lied übertönenden, Knall zu. Hoffentlich war nichts kaputt gegangen. Darum würde sie sich später kümmern, noch war ihre Tasche nicht Grund genug sich zu erheben und die Vorsätze für den heutigen Tag über Bord zu werfen.
Sie ließ den Kopf mit Kraft auf das Kissen fallen und schlug mit ihren Fäusten einige Male auf das arme Ding ein, um die gesammelte Wut zu mindern. Danach drehte sie sich auf den Rücken und traf prompt mit ihrer Hand die Wand . Leise fluchend ließ sie ihren Kopf auf das Bett sinken und landete auf etwas hartem. Ihr Buch hatte sie glatt vergessen. Es wurde auf dem Nachttischchen deponiert, wo es eine Vase umwarf. Nun mit den heutigen Vorsätzen genauso verfahrend wie mit denen des Neujahrs am 20.Januar, erhob sie sich und entfernte vorsichtig die Kopfhörer bevor sie sich in die Küche aufmachte, um den Schaden zu begrenzen. Dort fiel ihr auf, dass auf dem Kühlschrank ein großer Magnet-Smiley prangte, dem sie sehr erwachsen die Zunge herausstreckte und mit einem angestoßenen Zeh für die Unachtsamkeit belohnt wurde.Sie verkniff sich einen Fluch und entließ die aufgestaute Luft langsam durch ihre Zähne.  Auf dem Rückweg konzentrierte sie sich und konnte weitere Unfälle vermeiden. Zum Glück war nichts wichtiges nass geworden, sodass sie das Wasser auffüllte und die komischerweise unversehrten Blumen reinstellte, bevor sie die Vase auf die Fensterbank stellte, um sie außer Gefahr zu bringen. Nebenbei öffnete sie das Fenster ein bisschen um die warme frische Luft hereinzulassen. Als sie auf das Bett sank, fielen ihr die Vögel auf, deren Gesang mit der Luft in den Raum strömte. Sie merkte wie sie sich beruhigte und lauschte mit geschlossenen Augen,statt das Handy zu nehmen. So hörte sie den Vögeln zu bis ihr Gesang durch nächtliches Grillenzirpen ersetzt wurde.

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