7. Geheimnisvoller Nebel

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Nebel zieht auf. Erst langsam, dann immer schneller. Von unten nach oben in einem grauen Schleier. Es ist dunkel. Die Dämmerung ist fast vollzogen, die Nebelschwaden schlucken die letzten vereinzelten Strahlen, sodass es endgültig finster wird.
Ich stehe da, lausche, sehe, rieche. Ich stehe am rechten Rand der Straße und schaue in die Gasse, welche sich rechts von mir abzweigt. Die Straßenbeleuchtung funktioniert nicht. Die Lampe ist zerschlagen. Ich stehe da, lausche, sehe, rieche weiter. Ich stehe im Licht, vor mir die Dunkelheit. Bis auf meinen Atem ist es still. Kein Lüftchen weht. Ich bewege mich nicht. Auch in der Finsternis bewegt sich nichts. Allerdings muss das nichts heißen. Nur weil ich eine Gefahr nicht sehe, bedeutet es nicht, dass sie nicht existiert.
Ich trete vor. Einen Schritt. Jetzt bin ich angekommen. Im Reich der Nacht. Die Nacht ist mein Arbeitstag. Diese Gasse, mein Büro, der Mord, meine Akte. Das Adrenalin, mein Gehilfe. Ich fühle mich beobachtet.
Ich weiß, dass er hier ist. Die Nacht ist auch sein Gebiet. Er schaut mir zu. Er ist im Nebel nicht sichtbar, doch ich kann seine Blicke auf mir spüren. Auch wenn sich meine Augen an die bodenlose Schwärze dieser Gasse gewöhnt haben, sehe ich fast nichts. Die nasse Decke ist nicht ganz unschuldig daran. Ich kann das Ende der Gasse nur erahnen. Drehe mich um. Der Nebel hat die Straße hinter mir zusammen mit all ihren Lichtern verschluckt. Es gibt kein Zurück mehr.
Ich trete noch einen Schritt vor. Der Nebel scheint überall Augen zu haben. Vielleicht ist dem auch so.
Ich trete weiter in sein Reich. Meine Sinne sind auf das Äußerste gespannt. Da ich nichts sehe, müssen die anderen Sinne besser arbeiten. Ich höre das Knarzen und Ächzen der baufälligen Gebäude neben mir. Irgendwo schwingt ein Tor quietschend im langsam aufkommenden Wind. Ich rieche Schweiß und Urin, wie in jeder Gasse dieser verdammten Gegend. Ich schmecke das Eisen aus der Luft auf meiner Zunge.
Ich habe ihn vom Tatort aus bis hierhin verfolgt in der Hoffnung, ihn vor der alltäglichen Schwärze zu fangen. Nun wird es schwieriger. Unter den Füßen fühle ich das glitschige Kopfsteinpflaster. Es hat heute morgen geregnet. Meine Finger ertasten das kalte Metall meiner Lebensversicherung. Der Wind treibt die Wolken auseinander und ich sehe eine Silhouette auf dem Dachfirst des Endhauses vor mir.
Der Nebel hat sich für einen Moment verzogen, um mir einen Blick auf ihn zu gewähren. Da er den Mond im Rücken hat, kann ich nichts genaues erkennen. Nur die Augen funkeln hell und gut sichtbar. Unsere Blicke verhaken sich in stillem Verständnis. Er weiß, dass keiner klein beigeben wird. Er weiß, dass die Nacht unser beider Spezialgebiet ist. Er weiß, dass nur einer von uns erfolgreich aus dieser Nacht herausgehen wird. Ich weiß das auch. Er hofft, dass er dies sein wird.
Ich nicht.

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