8. Hören

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Ich höre. Höre alles. Vom leisesten Piepsen bis zum lautesten Gebrüll. Zumindest bis zu einer bestimmten Reichweite. Ich präge mir alles ein, was ich höre. Es ist wie eine Erinnerung, nur kann ich sie nicht vor meinem inneren Auge sehen, sondern nur wie mit einem MP3-Player immer wieder abspielen. Ich lausche und bin gewillt, mir die Ohren zuzuhalten, um nichts mehr zu hören. Dann wäre es endlich still. Ich stehe in einer Menschenmenge. In dieser Mall sind sehr viele Menschen zu hören. Sie sind so laut, dass ich mich selbst nicht mehr höre. Vielleicht ist das gut so. Vielleicht nicht. Die Menschen übertönen die leisen Geräusche. Wäre es leise, könnte man die Schritte, das Klackern der Kleiderbügel, das Rascheln der Tüten, das Vibrieren der Handys und das Zischen des Bratöls in der Pfanne des kleinen Imbisses gegenüber hören. Auch das Fließband oder die Rolltreppen würde ich hören, genauso wie mein inneres ich. Vielleicht ist es gut, dass die Menschen da sind. So höre ich sie schlurfen, rennen, hasten, warten und stampfen. Höre sie schreien, murmeln, lachen weinen und rufen. Ich drifte ab. Es ist leicht, sich im Lärm zu verlieren.
Ich stehe im Wald. Höre die Vögel zwitschern. Hier ruft ein Fuchs, da grunzt ein Wildschwein. Ich strecke meine Finger aus und streiche über die Rinde eines großen Baumes. Auch das höre ich. Ich höre mich. Muss nicht innerlich schreien und würde im Geschrei des geschäftlichen Treibens untergehen. Hier kann ich innerlich flüstern und würde mich verstehen. Hier kann ich schreien und würde nur mich hören. Ich werde ruhig, entspanne mich. Meine Gedanken kommen zur Ruhe, kein Hupen, kein Geräusch lenkt mich ab und stört sie. Wenn ich mich anstrenge, höre ich die kleineren Tiere durch das Dickicht laufen.
Ich stehe da und genieße die Ruhe. Die Ruhe vor dem Sturm des Alltags.
Die Ruhe vor dem Sturm der Mall, in der ich gerade stehe.

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