Ankunft

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Der Regen prasselte gegen die Scheibe des Autos. Die leuchtenden Bürogebäude Chicagos waren durch das Unwetter nur noch schwer zu erkennen. Ich lehnte mich mit dem Kopf an meinen Sitz während ich meine Musik etwas lauter stellte. Die Fahrt kam mir ewig lang vor. Wir hatten sicher schon die ganze Stadt durchquert und wer weiß wie lange wir noch fahren müssen. Ich weiß zwar das unser Appartement in Downtown ist, aber dann aber auch nicht.
„Wie lange dauert es noch bis wir da sind Marc ?", fragte ich nachdem ich meine Musik pausierte.
„Wird sind sofort da, nur noch einmal abbiegen.", erklärte er.
Marc ist der Assistent meines Vaters. Manchmal spielt er für mich Chauffeur, wie jetzt gerade auch und wenn meinem Vater danach ist begleitet er mich wie ein Bodyguard. Ich kenne ihn fast mein ganzes Leben und er gehört praktischer Familie, wie auch unsere Haushaltshilfe Mary. Sie und mein Vater sind schon vorgereist, da ich noch bei meiner besten Freundin übernachtet hatte, um mich von ihr zu verabschieden. Ein Wunder, dass mein sonst so besorgter Vater mir das erlaubt hat.
„Und da wären wir.", sagte Marc und parkte das Auto. Er stieg aus, öffnete meine Autotür und reichte mir einen Regenschirm. Dann holte er noch unser Gepäck aus dem Kofferraum und ich trug gegen seinen Willen meine beiden Koffer selber. Wir betraten das riesige Gebäude und führen mit dem Aufzug nach ganz oben. Während der der Aufzug nach oben fuhr, fühlte ich etwas was ich nicht beschreiben konnte. Ich würde es vielleicht positive Nervosität nennen. Klar hatte ich schon Fotos von dem Apartment gesehen und das war glaub ich auch gar nicht der Grund für das Gefühl, sondern ehr, dass wenn ich die Wohnung betrete mein neues Leben beginnt. Ich bekam bei der Vorstellung eine leichte Gänsehaut. Die Fahrstuhltür öffnete sich und wir gingen zu dem Apartment mit der Nummer 162. Ich klopfte an der Tür, weil natürlich keiner von uns einen Schlüssel hatte. Mary öffnete die Tür und ich umarmte sie.
„Hallo Mary."
„Hallo süße, wie war der Flug?", fragte sie mich direkt.
„Ganz gut, also es gab keine Turbulenzen oder so." , erklärte ich ihr und sag mich im riesigen Wohnbereich um. Es sah alles wirklich sehr modern und gemütlich aus.
"Wo ist Papa?", erkundigte ich mich dann, weil ich ihn nirgendwo sehen konnte.
"Er ist noch im Büro, aber er sollte bald kommen. Du willst bestimmt dein Zimmer sehen. Ich hab's für dich eingerichtet.", antworte sie.
„Natürlich.", sagte ich aufgeregt und folgte ihr den Flur runter.
Wir betraten ein geräumiges Zimmer mit einem riesigen Fenster. Ich hab mich mit dem ersten Blick in die Aussicht verliebt, vor allem weil es schon dunkel ist und alles leuchtet. Von dem sechzehnten Stock hat man echt eine tolle Sicht auf die Stadt, trotz Regen.
„Ich liebe dieses Zimmer. Du hast es echt toll eingerichtet, danke Mary.", bedankte ich mich bei ihr.
„Das freut mich. Pack ruhig ein bisschen aus oder ruh dich aus. Ich bring dir dein Essen gleich aufs Zimmer, weil du bestimmt müde bist.",sagt Mary und verschwand als sie mein Nicken gesehen hat. Ich war wirklich müde, ich schmiss mich auf das riesige Bett und starrte aus dem Fenster. Tausende Gedanken flogen durch meinem Kopf und ich konnte sie gar nicht ordnen. Doch dann musste irgendwie anfangen an meine Mum zu denken. Wo ist sie wohl gerade?
Meine Mum hat mein Vater verlassen für ihr Kariere als Sängerin. Da war ich neun und seitdem hab ich die nicht gesehen. Das letzte was ich mitgekriegt hatte war, dass die gerade in irgendeinem Musical mitspielt. Mehr weiß ich nicht und ich kann da auch mit niemanden drüber reden. Mein Vater will verständlicher Weise nichts von ihr hören. Der einzige Nachteil daran ist jedoch ,dass er Gesang nicht leiden kann oder ehr gesagt will er nicht das ich was mit Musik zu tun habe. Das mag sich erstmal nicht so schlimm anhören, aber ich liebe es zu singen seit dem ich ein kleines Kind bin. Heimlich probe ich immer in meinem Zimmer und ich gebe mir praktisch selber Unterricht. Nur Mary weiß davon, weil sie mich einmal erwischt hat. Seitdem hört sie mir öfters zu. Außer vor ihr und damals meiner Mum hab ich noch nie vor irgendwem gesungen. Ich hab viel zu viel Angst was die anderen denken und das mein Vater was erfährt.
Nächster Morgen
Als ich wach wurde war ich erstmal komplett verwirrt von der neuen Umgebung. Daran muss ich mich erstmal gewöhnen.
Ich bin gestern Abend wohl eingeschlafen wo ich auf meinen Vater gewartet habe. Ich ging in mein Bad und putzte ich meine Zähne. Dann ging ich unter die Dusche und fing an meine Haare zu waschen. Ich stellte das Wasser noch etwas heißer und fing an eine Melodie zu summen, von der ich dieses Nacht geträumt habe. Sie war echt schön und hatte etwas sehr liebliches und märchenhaftes an sich.
Ich duschte zu ende und zog mir das oberste in meinem Koffer an, weil ich noch nicht ausgepackt hatte. Bevor ich mich dann schminkte, nahm ich mein Notizbuch und schrieb die Melodie als Noten auf. Dieses Notizbuch habe ich immer dabei, weil erstens bin ich echt vergesslich und zweitens weiß ich nicht wann mich etwas inspiriert. Ich hab zwar schon zwei oder drei Melodien und auch ein paar Zeilen geschrieben, aber mir fehlt immer das letzte Bisschen für einen kompletten Song.
Nachdem ich mir die Melodie notiert hatte, versteckte ich das Buch unter meinem Kissen.
Ich schminkte mich noch dezent und und bund meine braunen Haare in einem niedrigen Zopf.
Dann ging ich in die Küche zum Frühstücken.
Ich hatte echt hunger, weil gestern eingeschlafen bin bevor Mary mir mein Essen bringen konnte.
„Guten Morgen Sonnenschein", begrüßte mich mein Vater der gerade Kaffee in seine Tasse schütteten.
„Guten Morgen Papa.", antwortete ich ihm und fiel ihm in die Arm.
„Das ist aber eine feste Umarmung.", betonte er und lachte.
„Ich hab dich auch drei Tage nicht gesehen."
Er schütte mir auch Kaffe ein und wir setzen uns an den Esstisch mit Mary und Marc. Mary hat Rührei mit Bacon gemacht und es schmeckte fantastisch.
Lange saß mein Vater aber nicht am Küchentisch und er verabschiedet sind schon nach wenigen Minuten, weil und Marc zu einem Meeting mussten. Ich aß zu Ende und half Mary beim Abräumen.
„Wie wärs wenn Ich dich heute beim Einkaufen begleite, so kann ich mich ein bisschen umsehen.", schlug ich ihr vor.
„Ich war gestern schon einkaufen, aber dein Vater wird sicher kein Problem damit haben wenn du alleine etwas spazieren gehst. Nur bleib in der Nähe sonst verläufst du dich.", sagte sie und gab mir einen Schlüssel. Ich holte noch meine kleine Handtasche und eine dünne Jeansjacke aus meinem Koffer und ging dann los. Ich wollte unbedingt zu dem Platz den ich gestern Abend verschwommen durch mein Fenster gesehen hatte. Ich Aufzug steckte ich meine Kopfhörer in die Ohren und machte die Playlist mit meinen Lieblingsliedern an.
Die Aufzugtür öffnete sich und fühlte mich irgendwie frei. Die Stadt wirkt ganz anders wenn die Sonne scheint. Wie sich raus stellte war den Platz den ich sah eigentlich einen Garten und zwar den Grant Park. In der Mitte stand ein riesiger Brunnen. Es war für einen Moment alles perfekt. Die Aussicht war schön, die Sonne schien und die Musik harmonierte dazu. Nur leider hält der Moment nicht lange an da ich von den Eindrücken abgelenkt stolperte. Als ich aufstand spürte ich eine Hand auf meiner Schulter. Ich drehte mich um und sah einen Jungen mit einer Gitarre. Ich bin wohl über das Kabel gestolpert, welches die Gitarre mit einer Box verbindet. Ich hatte ihn durch meine Kopfhörer gar nicht spielen gehört.
„Alles Ok bei dir?", fragte er und nahm seine Hand weg.
„Äh ja alles gut."
Ich putzte meine Knie ab.
„Entschuldige ich hab dich vermutlich unterbrochen.", fügte ich noch dazu.
„Naja da hast nur das Kabel raus gerissen, sonst nichts.", sagte er ironisch und lachte.
Für einen Moment war es still und er sag mich einfach nur an. Warum macht er der denn das jetzt? Ich nutzte dann jedoch den Moment um mir ihn etwas genauer anzugucken. Er sah eigentlich echt gut aus. Er hatte leicht zerzauste hell braune Haare, braungrünliche Augen und hervorstehende Kieferknochen.
„Ich bin übrigens Jace und du?", fragte er dann.
„Kaylee, aber ich möchte dich jetzt nicht mehr weiter vom Spielen abhalten, also geh ich besser."
Ich drehte mich gerade um und dann rief er:
„Warte! Hör mir doch ein bisschen zu. Das schuldest du mir."
„Also gut, obwohl ich dir nichts schulde, weil es mir ein kleiner Unfall war.", wieder sprach ich ihm. Arrogant ist er also auch noch oder es war vielleicht eine schlechte Art zu flirten.
Er begann 'Locked out of Heaven' von Bruno Mars zu spielen. Er spielte echt gut und mit einem Blick in seinen Gitarrenkoffer merkte ich das viele mir da zustimmen. Er hat nämlich schon viel Geld, für einen Straßenmusiker, eingenommen. Dann forderte mich plötzlich zum Singen auf. Warum macht man sowas bei jemanden fremden? Was für eine Frechheit.
„Ich kann nicht singen.", log ich, aber er lies nicht locker. Ich hätte jetzt auch einfach gehen können, aber etwas in mir hinderte mich, obwohl die Situation echt Komisch an. Stattdessen fing ich an den Refrain zu singen. Zwar leise, aber ich tat es warum auch immer.
Jace sah mich fasziniert an, aber da war er nicht der einzige. Ich war verblüfft, dass ich bei jemand fremdes überhaupt Töne raus bekommen habe. In der zweiten Strophe stieg er dann ein, wodurch ich automatisch lauter wurde. Seine Unterstützung gab mir das Selbstbewusstsein dafür. Er hatte ein fantastische tiefe Stimme, welche perfekt mit meiner verschmolz. Irgendwann war ich vollständig im Song vertieft. Es blieben immer mehr Leute stehen und hörten uns zu. Ohne es richtig zu merken sang ich das erste mal vor Publikum und es störte mich unerklärlicher Weise kein bisschen. Vermutlich weil ich fast die ganze Zeit nur auf Jace's Stimme und nicht auf die anderen geachtet habe.
Als das Lied endete und die Zuschauer applaudierten, schoss das Adrenalin durch meinem Körper. Sie fanden mich anscheinend gut. Ich glaubte nicht was ich da gerade gemacht habe und ich war lang nicht mehr so glücklich.
Doch dann traf es mich jedoch wie Schlag. Das darf nicht noch mal passieren. Wenn man Vater das erfahren würde, wäre er extrem enttäusch und wütend.
„Du kannst also nicht singen? Du singst unfassbar gut und deine Stimmfarbe ist echt schön. Machst du das professionell?"sagte er unter anderem, aber ich hörte ihm gar nicht mehr richtig zu, weil ich mir so viel Panik wegen meiner Vater machte. Natürlich unnötig viel Panik, aber so bin ich nun mal.
„Danke, aber ich muss gehen.", teilte ich mit und ging. Ich ignoriere alles was er mir hinterher rief.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jun 15, 2020 ⏰

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