Wohin?

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Tristan klammert sich an den Burger und kaut ganz langsam. Schließlich weiß er nicht, wann er wieder etwas zu essen bekommen wird. Jeden Schluck seiner Cola teilt er sich so sorgfältig ein, als wäre es pures Gold. Verzweifelt sitzt er an dem dreckigen Tisch und beobachtet die Leute um ihn herum. Jeder scheint irgendjemanden zu haben, der sich um ihn kümmert, nur er nicht.

Im Mäcces wird es nach und nach leerer, denn die schließen bald. Langsam bringt Tristan sein Tablett weg, geht noch einmal zur Toilette. Seufzend geht er hinaus. Es ist schon dunkel geworden.

"Na süßer, willst du dir ein paar Euro verdienen", fragt ihn ein schmieriger Typ, der bestimmt schon 40 ist. Ohne etwas zu antworten, läuft er weiter, so schnell er kann bis zu dem kleinen Park. Er lässt sich auf einer kleinen Bank nieder und weint. "Alle wollen immer nur das eine von mir. Keiner hat mich richtig lieb. Mein Vater hatte Recht. Ich tauge nur als Stricher", hängt er seinen trüben Gedanken nach.

Zumindest ist es heute nicht so kalt und auch trocken. Und aus dem kleinen Brunnen kann er etwas Wasser trinken. Er sucht sich einen trockenen, etwas versteckten Platz im Park und richtet sich da für die Nacht ein. Vielleicht geschieht ja doch noch ein Wunder und am nächsten Morgen sieht alles wieder besser aus, hofft er. Wenig überzeugend singt er vor sich her: "Ey, es wäre schön blöd nicht an Wunder zu glauben."

Dann legt er sich hin und denkt daran, wie schön alles war, als seine Mama noch da war. Er ist zwar müde, kann aber nicht schlafen. Immer wieder hört er im Unterbewusstsein Rascheln und Tiergeräusche.

Währenddessen stehen Colin und Christian noch immer vor dem Wohnhaus von Laurin. "Es macht heute keinen Sinn mehr, ihn zu beobachten", resigniert Colin. "Der blöde Wichser scheint heute nichts mehr zu machen."

Sonst immer optimistisch wird auch Christian etwas mutlos: "Ich fürchte, du hast Recht. Tut mir echt leid, Colin." Traurig nickt sein Freund.

Vorsichtig lugt Laurin aus dem Fenster. Erleichtert grinst er vor sich her: "Endlich sind sie weg. Mal sehen, ob ich Recht habe. So spät ist es ja noch nicht." Dann nimmt er eine Jacke. Er geht das Treppenhaus hinunter. Er öffnet die Haustür erstmal nur einen Spalt. Vorsichtig lugt er nach rechts und links, um sich zu vergewissern, dass Colin und Christian ja nicht mehr dort sind. Er hat sein Smartphone und sein GPS ausgestellt. Nochmal lässt er sich nicht tracken.

Er weiß genau, welchen Weg er gehen muss. Schließlich waren Tristan und er gute Freunde gewesen.

Tristan findet einfach keine Ruhe. Er wälzt sich auf dem Gras hin und her. Es ist einfach zu unbequem zu schlafen. Und auch wenn er es ungerne zugibt, er hat schon Angst, die Nacht im Freien zu verbringen. Sichtlich geschwächt von diesem Tag steht er auf. Er sieht für sich nur einen Ausweg. Auch wenn dieser Gang ihm mehr als schwer fällt.




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