Kapitel 2
Seine Roben bauschten sich wie üblich hinter Severus auf, während er den Gang zum Krankenflügel entlang ging. Er war pünktlich und das auf die Minute. Er hatte es sich vor langer Zeit abgewöhnt, früher als nötig bei einem Treffen zu erscheinen. Das sorgte bloß dafür, dass es Zeit für Smalltalk gab und wenn er etwas hasste, dann waren es Gespräche ohne einen tieferen Sinn.
Er stieß die Tür zum Krankensaal so heftig auf, dass sie beinahe gegen die Wand knallte. Die Köpfe der beiden Frauen wandten sich zu ihm um und Granger sank kaum merklich in sich zusammen. Vermutlich hatte sie gehofft, dass er nicht kommen würde.
„Lass uns allein, Poppy", wies er die Heilerin an, ohne den Blick von Granger zu wenden. Sie war blass und ausgezehrt. Er würde ihren Gewichtsverlust auf gut zehn Pfund schätzen.
„Ich werde in meinem Büro sein", mahnte Poppy, bevor sie sich tatsächlich umdrehte und ging. Kaum hatte sich die Tür hinter ihr geschlossen, zückte Severus seinen Zauberstab und belegte sie mit einem Isolationszauber.
„Aber...", sagte Granger.
Er hob eine Augenbraue. „Irgendwelche Probleme, Miss Granger?"
Sie presste die Lippen aufeinander. „Nein, Sir."
„Schön." Severus steckte die Hände in den Ärmel des jeweils anderen Arms und ging vor dem Bett, auf dem seine Schülerin saß, auf und ab. „Was für Substanzen konsumieren Sie, Miss Granger?", begann er das Patientengespräch.
„Ich nehme keine Drogen, Sir." Ihre Stimme klang, als ob sie diesen Satz in den letzten Tagen bereits mehrmals benutzt hatte. Dabei sah sie ihm fest in die Augen, so dass er ihr beinahe geglaubt hätte.
Severus erwiderte den Blick herablassend. „Das hat mir Madam Pomfrey auch schon versichert. Doch Sie wissen so gut wie ich, dass es magische Substanzen gibt, die mit keiner Untersuchung gefunden werden können. Madam Pomfrey und alle anderen Lehrer im Schloss vertrauen Ihnen. Ich tue es nicht, also können Sie aufhören, mich anzulügen."
Er sah, wie sie ihre Hände zu Fäusten ballte. „Ich nehme keine Drogen!", wiederholte sie stoisch.
Daraufhin stützte Severus sich mit beiden Händen auf dem Fußende des Bettes ab und beugte sich zu Granger vor. Sie wich ein Stück zurück und verzog das Gesicht, als er sagte: „Es könnte Sie das Leben kosten, wenn Sie mich belügen, Miss Granger."
„Ich lüge aber nicht, Sir! Falls Ihre Überlegungen auf der Annahme beruhen sollten, dass ich Drogen konsumiere, stellen Sie besser neue Überlegungen an." Ihre Atmung hatte sich beschleunigt und Severus glaubte, dass noch mehr Farbe aus ihrem Gesicht gewichen war. Schließlich wandte sie schnaubend den Blick ab und rieb sich mit der Hand über die Augen. Er meinte, sie etwas murmeln zu hören, das sehr nach „... wusste, dass das keinen Sinn hat..." klang.
„Nun gut", knurrte er daraufhin. „Wenden wir uns Ihren Albträumen zu."
Ein Stöhnen war die Antwort. „Ich habe keine Albträume." Dabei fuhr sie sich erschöpft über die Stirn. Ihre Hände zitterten und die Gesten an sich sprachen für Kopfschmerzen.
„Natürlich haben Sie Albträume. Niemand kann einen solchen Krieg mitmachen und danach keine Albträume haben."
„Wenn das so ist, bin ich wohl Niemand." Sie rutschte vom Bett, zögerte aber einige Sekunden, bevor sie sich in Bewegung setzte. Niedriger Blutdruck und daraus resultierender Schwindel.
Severus kniff die Augen zusammen. „Wo wollen Sie hin, Miss Granger?"
„In meinen Gemeinschaftsraum, Sir. Wenn Sie eh wissen, welche Symptome ich habe, muss ich Ihnen ja nicht länger Gesellschaft leisten. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei der Erstellung meiner Diagnose!" Sie wollte an ihm vorbei die Krankenstation verlassen.

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Medicus
FanficOhne Pairing: Schlafmangel ist nach dem Krieg ein weit verbreitetes Leiden, doch bei Hermine Granger nimmt es extreme Ausmaße an. Als auch Madam Pomfrey nicht mehr weiter weiß, zieht sie Professor Snape zu Rate.