Was es heißt, ein Zauberer zu sein

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Kaitos POV:

„Kein Trick, kein doppelter Boden, nur ein ganz gewöhnlicher Hut", meinte der bereits in die Jahre gekommene Mann und hielt demonstrativ einen alten Fedora in die Höhe. Dann tippte er drei Mal mit dem Zeigefinger darauf, während er langsam bis Drei zählte. „Und hopp!"

Alle Blicke waren voller Erwartung auf den Hut gerichtet, die Spannung im Raum war zum Greifen nahe. Es hatte sich eine Menschentraube um den Mann versammelt, um seiner Zauberei zuschauen zu können. Wie kleine Kinder hatten sie ihre Augen voller Neugier aufgerissen und drückten sich dicht an den Hut heran, um auch ja nichts zu verpassen.

Doch es geschah rein gar nichts. Der Hut blieb leer, auch sonst war nirgends etwas zu erkennen, was durch diesen Zaubertrick zustande gekommen sein könnte. Noch einige Momente warteten die Zuschauer, bis sie enttäuscht ihre Blicke wieder abwendeten.

„Oh, da ist wohl etwas schief gegangen", meinte der alte Mann und kratzte sich verlegen am Hinterkopf. Es war bereits der dritte Trick, den er an diesem Abend vorgeführt hatte und der völlig nach Hinten gegangen war.

Ich seufzte. Bei diesem Mann handelte es sich um einen alten Bekannten von Jii-Chan, der für kurze Zeit in Tokio sein würde. Sein Name war Haruto Masamoto. Da er gehört hatte, dass der großartige Kaito KID ebenfalls des Öfteren in Tokio seine Diebstähle beging, war er Feuer und Flamme, sich an Zaubertricks zu versuchen und den Magier unter dem Mondschein zu übertrumpfen. Dazu hatte er sich entschieden, nun in Jiis Bar den Kunden seine eher halbherzigen Tricks vorzuführen.

Ich betrachtete dieses Trauerspiel mit gemischten Gefühlen. Zum einen bewunderte ich es, dass er mit einer solchen Tatkraft etwas scheinbar Unerreichbares zu bewältigen versuchte, aber gleichzeitig schämte ich mich fast schon für ihn. Denn er vergaß das, was für die Zauberei essentiell ist: Die Freude der Zuschauer. Er war so auf sich selbst fokussiert, dass ihn die enttäuschten Blicke kaum kümmerten.

„Was war das denn, Alter?!", fing ein Mann an, der sich bis zu ihm durch die Menschentraube gedrängelt hatte. Er wirkte nicht gerade freundlich gestimmt. „Wenn du schon was zaubern willst, dann mach's richtig. Du störst hier alle mit deinen Kinderspielchen."

„Das tut mir leid. Der nächste Trick klappt aber ganz bestimmt", versuchte sich Masamoto herauszureden und war geradeschon dabei, ein Kartendeck aus seiner Tasche zu nehmen, als der Mann ihm diese aus der Hand schlug und ihm am Kragen packte.

„Halt einfach deine Klappe", schrie er schon fast, er schien etwas zu tief ins Glas geschaut zu haben. „Verschwinde einfach, du bist doch eh zu nichts mehr zu gebrauchen, alter Mann."

Jii-Chan und ich standen beinahe zeitgleich auf, um uns in diese Pöbelei einzumischen, doch bevor wir etwas unternehmen konnten, kam Masamoto uns zuvor.

„Du willst also echte Zauberei sehen?", fragte er mit einer solchen Selbstsicherheit in der Stimme, dass nun auch ich zugegebenermaßen neugierig wurde. Hatte er etwa noch ein Ass im Ärmel?

„Ich werde es euch zeigen! Ich selbst werde gegen diesen Möchtegern-Zauberer Kaito KID antreten!"

Diese Worte ließen alles um sich herum verstummen. Ein einfacher alter Mann, der gegen den Phantomdieb selbst antreten wollte? Ich wusste zwar bereits, dass er mein Alter Ego übertrumpfen wollte, aber mit so etwas hatte ich nun wirklich nicht gerechnet.

Nun waren auch die Besucher aufmerksam geworden, welche Masamotos Zaubertricks nicht beigewohnt hatten. Welch eine Wirkung der Name 'Kaito KID' auf die Menschen doch haben konnte.

Auch der Mann, welcher zuvor auf ihn losgegangen war, blieb für einen Moment still, bis er schließlich zu lachen anfing. „Du willst gegen KID antreten? Du? Na, da bin ich mal gespannt was der Dieb von deinen miserablen Tricks hält. Das wird bestimmt ein amüsantes Schauspiel, wenn KID überhaupt auftauchen wird."

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