Folge 40: 19th March

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Autor der Geschichte :

Ich meine, zuerst hat man immer Schiss; ist doch logisch.

Angst ist die natürliche Reaktion eines Menschen auf alles, was ihm unbekannt und fremdartig, dadurch sogar noch ziemlich bedrohlich erscheint, weswegen man mir meine kurze Panikphase jetzt nicht wirklich verübeln kann. Aber beim zweiten, oder vielleicht auch erst beim dritten Mal fängt es dann allmählich an, richtig viel Spaß zu machen, und man fragt sich, warum man sich vorher überhaupt so sehr ins Hemd gemacht hat.

Denn was würdet ihr tun, wenn ihr immer zur gleich gehirnamputierten Ansage irgendeines irrelevanten Radiomoderators aufwachen würdet, an demselben bewölkten Tag, an dem irgend so ein alter Knacker auf der Straße unter eurem Fenster über den Bordstein stolpert (Und ja, der Anblick war auch bei der 12ten Wiederholung noch zum Brüllen)?

Ihr würdet euch zuerst in die Hose machen, dann ein wenig Panik schieben und nach der ganzen Existenzkrisen-BitteGlaubtMirDoch-Sache ein wenig Spaß haben, oder?

Und ja, das ist alles, was ich tun konnte, nachdem mich der Tag ohne ersichtlichen Grund gefangen genommen hatte. Schließlich wollte mir auch trotz der Beweise, die ich liefern konnte, keiner glauben. Verständlich: Sie hatten Angst, und nicht so viele Tage wie ich, um diese unwichtigen Gefühle zu überwinden (Außerdem waren alle von ihnen verdammte Idioten).

Bevor du dich das fragen kannst: Ich habe schon alles versucht, um meinen Fluch aufzuheben: bei einem Kumpel übernachten, so weit fahren wie man kann, irgendwelchen Schamanen viel unnötigen Zaster geben und das eigene Haus in die Luft jagen... Ich hab mich sogar von dem Hochhaus in der siebzehnten Straße gestürzt, was ja eigentlich ganz witzig ist, bis man den Asphalt küsst, weil Aua.

Aber jeden Morgen wache ich in meinem Bett auf, eingemummelt und wohlbehütet.

Der Kalender ist einfach auf dem 19. März stehengeblieben.

Und man, hat mich das beim ersten Mal abgefuckt.

Meine erste Amtshandlung als Nachahmer von „Täglich grüßt das Murmeltier" war, über den alten Sack zu lachen, der beim Stolpern richtig behindert aussah, und noch dümmer guckte, sobald er auf dem Boden aufkam.

Was denn, es gab immerhin keine Konsequenzen dafür, abgesehen von einigen entfremdeten Blicken hoch zu meinem halboffen stehenden Schlafzimmerfenster. Sollen die mal den Stock aus dem Arsch nehmen. Ich bin mir sicher, dass auch einige von denen sich ein Kichern verkneifen, oder es zumindest mit einem vorgetäuschten Hustanfall touchieren mussten, also sollen die mal nicht einen auf Gutmensch machen.

Nach einer Weile begann ich, immer weiter zu gehen. Das erste Mal war ich wirklich frei in meinem Leben, was eigentlich ironisch ist, wenn man bedenkt, dass ich im selben Tag feststeckte. Doch allem Anschein nach konnte ich alles tun, was ich wollte, ohne daran gehindert zu werden, oder danach unter meinem Handeln zu leiden. Warum sollte ich das also nicht ausnutzen, wenn ich schon in einem unendlichen Kreislauf gefangen war?

Ich habe Autos gestohlen, Prügeleien angezettelt, meinem Boss eine reingehauen, den Garten des Nachbarn abgefackelt, seinen Hund getreten (das Mistvieh kackt mir regelmäßig in die Einfahrt), Läden ausgeräumt, Häuser beschmiert, Staatseigentum zerstört, fremden Leuten in öffentlichen Verkehrsmitteln das Handy aus der Hand gerissen und aus dem Zug geworfen, sobald sie zu laut in den Hörer brüllten... Ich will ja nicht angeben, aber viele Frauen in der Stadt waren auch nicht mehr sicher vor mir (nachdem ich mit ein paar Versuchen genau wusste, was sie hören wollten). Aber selbst, wenn sie mich nicht wollten, war es eher einfach sie zu kriegen. Und jetzt schwingt nicht gleich die Moralkeule, am nächsten 19. März haben die doch eh alles wieder vergessen, da spricht nicht das Geringste dagegen, sich ein wenig auszutoben. Vonwegen "traumatische und seelische Schäden", wen juckts.

Dennis Feron presents: Horrordome The SeriesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt