Kapitel 5

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Maximilian Diehn

Es war Freitag, Miriam war gerade aus dem Haus.

,,Chrissi?", ich sah meine Frau an ,,Miriam ist heute kaum aus dem Bett gekommen. Das kommt wegen Luca oder?"

,,Heute Nacht ist sie noch kurz wach gewesen. Ich hab auch noch bei ihr vorbei geschaut. So kurz vor zwei, als ich bei Maxim war.", antwortete sie und kam auf mich zu.

,,Sie war aber heute morgen so weggetreten." Gab ich zu bedenken und Christina sah mich an. Ihr Blick war liebevoll aber auch besorgt. Ich machte mir Sorgen. Darum, dass Miriam es nicht schaffen würde. Nicht nur wegen Luca, ihrem Vater, sondern auch wegen der Schule und ihren Freunden.

,,Ihr geht ihn heute besuchen oder?'', sie blieb vor mir stehen und sah zu mir hoch.

,,Ja, ich hoffe sie verkraftet es.''

Christina nahm mich in ihre Arme. Ich vergrub mein Gesicht in ihren Haaren und sie ihres an meinem Hals.

Wir wurden von Maxims schreien gestört, sodass sich Christina direkt von mir löste, um nach unserem Sohn zu sehen. Ich sah ihr hinterher. In letzter Zeit hatten wir so wenig Zeit füreinander, dass es langsam anfing weh zutun.

Nathan spielte warscheinlich in seinem Zimmer. Ich ging dort mal gucken, schließlich musste ich ihn noch in den Kindergarten bringen.

,,Papa? Wann kommt Miri wieder?", fragte Nathan mich, als ich rein kam.

,,Die ist doch gerade erst weg.", sagte ich erstaunt. ,,und du musst jetzt in den Kindergarten. Simon wartet bestimmt schon auf dich.", erzählte ich drauf los und er nickte.

,,Aber Papa? Was ist wen Simon heute gar nicht da ist?", er sah mich an, mit diesem typischen "ich hab keine Lust auf Kindergarten" Blick.

,,Dann musst du wohl mit jemand anderem spielen Nathan. Du hast ja auch noch Elli.", erklärte ich ihm.

Er gab keine Reaktion und spielte weiter.

Wieder im Flur holte ich seinen Rucksack und packte seine Sachen. Christina war wohl immernoch mit Maxim beschäftigt und so brachte ich Nathan zum Kindergarten.

Wir verabschiedeten uns von einander und ich wollte gerade wieder gehen als: ,,Ah Herr Diehn!", ich drehte mich um und sah seiner Erzieherin in die Augen.

Ich wollte mich gerade dafür bereit machen, wieder solche Anweisungen erteilt zu bekommen, wie ich mit meinem Sohn umzugehen hätte...

,,Es freut mich, dass Sie als Vater mal wieder ihren Sohn bringen. Ich wollte nur eben sagen, dass sich Nathan sehr gut weiterentwickelt und mit Konfliktsituationen schon viel besser umgehen kann.", sagte sie und lächelte mich etwas stolz an.

Wenn das mal bei Miri so wär, dachte ich mir meinen Teil.

,,Das ist doch gut zu hören!", gab ich zurück, schließlich wollte ich hier nicht den ganzen Tag stehen.

Und so verging der Tag auch, ich arbeitete an der neuen Tour, half Christina etwas und telefonierte, bis Miriam wieder kam.

Ich hatte mir gute Laune angearbeitet, während sie sehr kaputt aussah.

Sie schmiss ihre Schultasche in ihr Gästezimmer und während sie an mir vorbei ging, roch ich schon, dass sie geraucht hatte. Ich seufzte lautlos auf, damit sie es nicht bemerkte. Jetzt gerade war der falsche Moment über so etwas zu diskutieren.

,,Na wie wars?", fragte Christina, als wir zusammen Mittag aßen.

Als Antwort kam nur ein ,Oke' und sie aß weiter. Zwar viel zu wenig, aber wenigstens aß sie. Eigentlich hat sie immer so gerne gegessen und auch fast alles. Aber in der letzten Zeit sagte sie ständig, dass sie kein Appetit hätte. Auch schon vor Wochen.

,,Kannst du mal aufhören so zu starren?", riss sie mich plötzlich aus den Gedanken und sah mich wütend an.

,,Schuldigung, hab nur nachgedacht'', gab ich etwas erschrocken von mir.

Wenig später saßen wir im Auto, auf dem Weg ins Krankenhaus.

Miriam war still. Sie gab kein Wort von sich, schaute einfach aus dem Fenster. Erst, als wir ausstiegen konnte ich ihr Gesicht sehen. Es sah gebrochen aus, sie war blass.

Ich führte sie auf die Intensivstation des Krankenhauses. Während ich mit dem Arzt sprach, stand Miriam abwesend daneben. Sie bekam nichts mit. Auch nicht wie der Arzt sie prüfend anschaute, selbst er sah ihr an, wie es ihr ging und empfohl ihr gleich etwas zu trinken, woraufhin sie stumm nickte.

Als ich mich in Bewegung setzte lief sie wie in Trance neben mir her. Man sah wie es in ihr arbeitete, wie sie versuchte alles zu verstehen.

Sie sah ihn einfach nur an, sagte nichts und mir kam es so vor, als würde sie noch ein Stück blasser werden. Als ich sah wie eine Träne über die Wange rollte, nahm ich sie fest in den Arm. Sie tat mir so unendlich leid. In mir zog sich vor Schmerz alles zusammen.

,,Ach Miri...'', gab ich leise von mir. Was sollte ich in so einer Situation auch sagen. Ich war überfordert und hatte auch angst sie mitzunehmen aber es musste ja auch irgendwie. Sie kann ja nicht einfach nicht ihren Vater besuchen.

Sie weinte stumm. Ohne schluchzen oder sonst was. Sie war genau so weggetreten wie heute morgen. Ihr Blick ging wieder auf ihren Vater, diese tiefe trauer in ihrem Blick bedrückte mich nur noch mehr und langsam, so hatte ich das Gefühl, realisierte sie die Situation.

Mit langsamen Schritten bewegte sie sich auf ihn zu und legte ihre Hand auf seine. Luca war der wichtgste Mensch in ihrem Leben. Sie unternahmen viel und waren das beste Team, was ich kannte. Es tat weh dieses Bild mit anzusehen.

Eine Weile stand sie an seinem Bett und beobachtete ihn, bis sie sich zu mir umdrehte.

,,Nach Hause?'', fragte ich und bemerkte beim aussprechen der Frage, dass ja nur ich nach Hause fahren würde und Miriam nur zu ihrem Onkel. Aber sie nickte und bewegte sich in richtung Tür. Ich lief hinterher und beobachtete sie aufmerksam. Ihr ganzer Körper war angespannt und wirkte verkrampft. Sie drehte sich zu mir um und ich sah ihr ins Gesicht. Ihr Blick war, nach wie vor, Emotionslos und leer.

Am Auto angekommen drückte ich ihr sofort eine Flasche Wasser in die Hand.

,,Trink was'', sagte ich auffordernd, als sie die Flasche immer noch nicht geöffnet hatte.

,,Kann ich nicht.'', sagte sie ganz leise mit belegter Stimme.

Ich sah sie fragend an. ,,Miriam du solltest echt was trinken, du siehst nicht gerade gut aus.''

,,Echt ich kann nicht.'', sagte sie genau so leise, schon fast ohne Stimme und schüttelte leicht den Kopf.

Ich schaute sie prüfend an. ,,Warum denn nicht?''

,,Ich hab irgendwie das Gefühl, es geht nichts in mich rein'', erklärte sie und sah mich jetzt etwas verzweifelt an.

,,Komm n bisschen. Kleine Schlücke.'', sagte ich etwas bittend, weil ich angst hatte, sie würde gleich sonst noch umkippen.

Nach einem Blick auf die Flasche drehte sie dann langsam den Deckel auf und nahm einen Schluck. Sie lehnte sich an das Auto und nahm noch einen. Sie machte noch ein Paar Schlücke, weil ich sie bittend angesehen hatte.

Plötzlich machte sie einen Satz nach vorne und spuckte das Wasser wieder aus. Das es nicht nur das Wasser aus ihrem Mund war bemerkte ich erst im nächsten Moment. Schnell machte ich einen Schritt zu ihr und legte meine Hand auf ihren gekrümmten Rücken.



Ohje, arme Miriam :(  Hoffe das Kapitel hat euch gefallen.

Mein Onkel - Kontra KWo Geschichten leben. Entdecke jetzt