Kapitel 59

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Marthas Sicht:

Ich wusste gar nicht was hier gerade passiert war. Dafür ging alles viel zu schnell. Mein Kopf war überhaupt nicht in der Lage, das weder zurealisieren noch zuverstehen. Till war einfach vor meinen Augen zusammengebrochen. Und ich konnte nichts dagegen tun. Ich hatte wie eine Irre nach Hilfe geschrien, sodass Viktor und Frau Schiller in den Flur gerannt kamen. Andere Schüler steckten nur ihre Köpfe aus den Zimmern und schauten blöd zu.
"Martha, was ist passiert?!", fragte Frau Schiller erschrocken, während sie mit Hilfe von Viktor, Till in deren Zimmer trug, um ihn vor den neugierigen Blicken der anderen Schüler zu schützen. Ich lief ihnen hektisch hinterher. "Ich weiß auch nicht. Er. Ich. Ich glaube er hatte eine Panikattacke. Er wollte mir was erzählen und ist dabei hyperventiliert und dann umgekippt. Ich konnte nichts machen." Sie legten ihn auf sein Bett und Frau Schiller fühlte seine Stirn. "Er ist ganz heiß. Ich glaube es ist besser, wenn ein Arzt dazu kommt.", meinte sie und verschwand dann auch schon um zu telefonieren. "Hey Martha, es ist nicht deine Schuld.", sagte Viktor und kam zu mir und nahm mich in den Arm, bevor ich auch noch zusammenbrach. Die Tränen flossen lautlos über meine Wangen. Ich verstand die Welt nicht mehr. Er konnte doch mit mir über alles reden. "Weißt du was? Hat er mit dir geredet?", fragte ich ihn mit zittriger Stimme. Doch Viktor schüttelte den Kopf. "Ich habe ihn vorhin angesprochen, weil mir aufgefallen ist, dass er bedrückt und angespannt war. Aber du kennst ja Till. Er wollte nicht darüber reden. Dann wollte er duschen und seit dem hab ich ihn nicht mehr gesehen." "Ich hab ihn auf dem Flur getroffen. Er sah niedergeschlagen aus und durch den Wind, aber keine Ahnung wo er hin wollte.", sagte ich ratlos. "Los, ihr beiden macht Platz. Der Arzt ist da.", ertönte Frau Schillers aufgeregte Stimme im Raum. Wir gingen zur Seite und dann kam auch schon der Arzt mit einem Assistenten rein. Besorgt beobachtete ich die Szene. Der Arzt sprach Till an, aber er reagierte immer noch nicht. Die Angst in mir wuchs nur noch mehr und drohte mich zu erdrücken. "Wir nehmen ihn besser mit ins Krankenhaus um ihn dort in Ruhe durchchecken zu können. So ein Kollaps kann viele Ursachen haben. Ein normaler Kreislaufkollaps dauert für gewöhnlich aber nicht so lange.", erzählte er dann Frau Schiller, die wissend nickte. Ich starrte Viktor panisch an und auch ich fing nun leicht an zuzittern.
"Darf ich mit?", fragte ich dann sofort und versuchte mein Zittern zu ignorieren. "Martha das ist keine gute Idee. Du wirst nichts für ihn tun können. Also bleib lieber hier.". Ich sollte hier bleiben und NICHTS tun?! Das hielt ich nicht aus. Das ging einfach nicht. Doch ich wusste auch, dass es nichts bringen würde ihr jetzt zu widersprechen. Also nickte ich nur traurig und musste schwerenherzens zusehen wie sie Till in den Krankenwagen brachten und ihn abtransportierten. Ich stand wie angewurzelt auf dem Hof und obwohl der Wagen schon längst aus meinem Blickfeld verschwunden war, starrte ich immer noch die Einfahrt entlang. So als würde er gleich unversehrt vom Laufen kommen. Aber natürlich kam er nicht.
"Hey Martha. Ich habe gerade gehört was passiert ist. Komm wir gehen rein.", hörte ich Sibels sanfte Stimme plötzlich neben mir und sie zog mich kurzerhand mit sich. Ich war froh sie zu haben. Sie war, neben Nele natürlich, meine beste Freundin. "Ich mache mir solche Sorgen. So habe ich ihn noch nie erlebt. Ich kann es nicht mal beschreiben wie er dabei aussah. Fakt ist, dass ihn irgendwas sehr stark aufgewühlt haben muss.", überlegte ich laut. Vielleicht wegen seiner Mutter? Mir war ja klar, dass ihn das nicht so egal war, wie er behauptet hatte, aber dass es so schlimm sein würde, hätte ich nicht gedacht. Man ich musste doch irgendwas für ihn tun können. Diese Verzweiflung, diese Hilflosigkeit raubte mir noch den letzten Nerv.
"Martha bitte beruhige dich. Du kannst ihn morgen nach der Schule besuchen fahren. Und dann wird es ihm auch schon viel besser gehen, okay?", versuchte Sibel vergebens mich zuberuhigen.

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