Kapitel N°19 - Von Koffern und Unterhosen

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Wie ich mich fühlte? Ich glaube miserabel, schlecht und elend würde es am besten beschreiben. Ich fühlte so viele Emotionen auf einmal aber gleichzeitig auch nichts. Ich fühlte mich so allein und missverstanden, wie noch nie zuvor. Ich wollte mit jemanden reden, aber ich wollte meine Freunde nicht mit meinen Problemen belasten. Sie hatten selbst eh schon genug. Also war wohl wieder Zeit für meine Hi-ich-bin-Diana-und-der-glücklichste-Mensch-auf-dieser-Welt-Maske.

Mir war zum heulen zumute. Ich wollte nicht immer stark sein, ich wollte mich zeigen. Mein innerstes offenbaren. Ich hatte Angst. Was ist wenn mich die Leute als Freak abstempeln?

Wieso war mein Leben außerdem so langweilig? Ich fühlte mich in einem Strudel der Monotonität gefangen. Ich wollte endlich anfangen zu leben. Frei zu sein. Etwas erleben. Frei atmen, ohne Druck auf meiner Lunge zu spüren. Ich wollte frei sein. Frei von Sorgen. Und ich wollte zum ersten Mal in meinem Leben dauerhaft glücklich sein. Dauernd ein Lächeln auf den Lippen tragen. Ich wollte positiv auf das Leben gestimmt sein.

Ich wollte mich gegen die dunklen Gedanken wehren. Jeder redet immer von: Hinfallen, Krone richten, weitermachen.. Aber was ist wenn man nicht aus eigener Kraft aufstehen kann? Was ist wenn man einfach nicht aufstehen will, weil es einfacher ist am Boden zu bleiben, als weiter zu machen? Wieso sieht es bei anderen Menschen so leicht aus? Und wieso schaffe ich das nicht? War es denn zu viel verlangt glücklich und sorgenlos, wenigstens für eine kurze Zeit, zu sein? Alle anderen waren, jeder auf seine eigene Weise, glücklich, aber ich, ich saß in meinem Zimmer und dachte über Gott und die Welt nach. Wortwörtlich.

Ich konnte und wollte mich nicht vom Loch des Selbstmitleids erheben und mich zurück auf den Boden der Tatsachen begeben. Ich wollte mich nicht meinen Problemen stellen. Ich hatte Angst. Angst davor, dass sich durch eine kleine Entscheidung mein ganzes Leben ändern könnte. Angst ist wie eine Medaille. Angst hat zwei Seiten. Angst bewahrt einen davor einen Fehler zu begehen, aber gleichzeitig ist die Existenz der Angst notwendig um seine Ängste zu überwinden und sich weiterzuentwickeln.

Wovor ich Angst habe? Oh das würde Stunden dauern um alles aufzuzählen. Aber ich habe Angst davor mich an jemanden zu binden und mich jemanden anzuvertrauen. Ich wollte nicht wie eine einmal getragene Unterhose weggeworfen werden. Ich will eine ständige Konstante im Leben anderer einnehmen.

Außerdem habe ich Angst mich zu öffnen. Yannick zum Beispiel kennt mich besser als viele andere Menschen in meinem Leben, aber was ist wenn ich ihm irgendwann die ganz echte Diana zeige, die tief in mir verborgen ist und auf den Tag wartet, an dem ich bereit dazu bin, sie hervorzuholen. Ich möchte meine Ängste überwinden und mich diesen stellen, aber dies stellt sich als nicht einfach heraus.

Ich habe mich Yannick geöffnet, Schritt für Schritt. Ich bin kein offenes Buch für ihn, noch nicht. Die Frage ist aber auch, möchte ich einem Mensch den Zutritt zu all meinen Gedanken, Ängsten und Wünschen gewähren oder sollte ich es dabei belassen hin und wieder eine Seite meines Buches vorzulesen.

Ich fühle mich alleine, so alleine wie nie zuvor. Ich habe zwar Freunde, aber mich beschleicht das Gefühl, dass manche nur als Dekoration in meinem Buch dienen. Meine besten Freunde kennen mich gut, zwar nicht alle Facetten meinerseits, aber zahlreiche. Ich bin verwirrt. Diese ganzen Gedanken, Emotionen und Eindrücke überforderten meine Gehirnkapazität sowie das Empfindungssystem meines Herzens. Ich wusste nicht wo mir der Kopf steht. Ich konnte oben von unten nicht unterscheiden sowie links und rechts. Links und rechts konnte ich noch nie unterscheiden aber das tut jetzt nichts zur Sache. Man könnte auch sagen ich bin reif für Urlaub. Und das erste Mal seit langem stand das Karma oder Schicksal oder sonst was hinter mir.

Es war zwar Winter und wir würden nicht auf die wunderschönen, entspannten Malediven fliegen. Aber wenigstens fuhren wir nach Österreich. Urlaub ist immerhin Urlaub. Ich versuche meine Verwirrung und meine Überforderung einfach im tristen Deutschland zurückzulassen. Außerdem werde ich versuchen mir beim Ski fahren nicht alles zu brechen, da ich ja bekanntlich nicht der begnadetste Mensch des Universums bin.

0816 (vorher Karma, Schicksal oder doch nur Zufall?)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt