Kapitel 2 - Ich bin kein Mysophobiker

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Wörter: 1.473
Warnung: keine


„Sagen Sie Fogawa-san, wie geht es Ihrer Frau?", fragt Aiko ihren Patienten, während sie langsam seine Fäden löst und aus seinem Arm zieht. „Oh wissen Sie Yoshikami-sensei, es geht ihr gut. Sie ist gestern zu unserer Tochter gefahren und wird dort bis morgen bleiben. Wissen Sie, unsere Tochter bekommt nämlich bald ein Baby.", prahlt der ältere Mann vor Freude und verzieht nur kurz sein Gesicht, als ihm der zweite Faden gezogen wird. „Oh das hört sich toll an. Glückwunsch. Weiß sie schon, was es wird?" Kurz blicken ihre hellgrünen, fast schon gelblichen Augen ihn an, wandern jedoch schnell wieder zu seinem Arm runter. „Ein Mädchen.", lächelt er. Gerade als Aiko noch etwas sagen kann, wird die Tür hinter ihr mit einer unglaublichen Wucht aufgerissen.

Während sich Fogawa erschreckt und kurz zusammenzuckt, zieht Aiko in aller Ruhe die Fäden weiter aus seinem Arm. „Yoshikami-sensei! Es tut mir unendlich leid. Aber der junge Mann hier ist einfach losgestürmt und ich konnte ihn nicht mehr aufhalten.", versucht sich Wakami zu entschuldigen. Die arme Frau könnte einem schon fast leidtun. Sie ist gerade einmal seit einem Monat hier und muss sich mit so einem Spezialfall wie Sakusa auseinandersetzen.

„Ich habe einen Termin und dieser ist genau in zwei Minuten.", zischt Sakusa genervt und tritt in den Raum hinein. Doch Aiko antwortet ihm nicht. Der letzte Faden ist nun gezogen und sie schaut freudig zu Fogawa hoch. „Das sieht doch schon Mal gut aus, oder? Hier haben Sie noch das Rezept für die Physiostunden. Wir haben hier in der Nähe eine Physiopraxis. Wenn Sie wollen können Sie dort hingehen. Aber natürlich können Sie auch eine wählen, die näher an ihrem Wohnort liegt. Richten Sie unbekannter weise meinen Glückwunsch zur Schwangerschaft Ihrer Tochter aus, ja?" mit ruhiger Stimme steht sie von ihrem Stuhl auf und hilft dem Mann aufzustehen. 

Noch etwas verwirrt schaut er zwischen ihr und den beiden Personen in der Tür hin und her, bedankt sich dann aber bei ihr und verabschiedet sich.„Yoshikami-sensei... es tut mir wirklich so leid." versucht sich Wakami wieder mit einem traurigen Blick zu entschuldigen. „Ist in Ordnung Wakami-san. Geh bitte mit Fogawa-san mit und überlass den Patienten mir." Ihre ruhige Stimme bringt Wakami dazu, sich etwas zu entspannen und ihre Schultern sacken nach unten. Immer noch hat sich Aiko nicht umgedreht. Anstatt den neuen Patienten zu begrüßen, desinfiziert sie erst einmal die Liege, auf der ihr Patient saß und legt dann die Flasche ab. 

Mit einem Seufzer dreht sie sich dann zu ihrer Kollegin und ihrem neuen Patienten um und zieht ihre Einweghandschuhe aus um diese in einem Eimer neben ihr zu entsorgen. „Und Sie sind der ungeduldige Patient der wegen eines gebrochenen Fingers nicht in die Notaufnahme will, sondern direkt einen Termin braucht... Dann kommen Sie mal her." sagt sie monoton, allerdings kann man, wenn man ganz genau hinhört eine kleinen Hauch von Sarkasmus in Ihrer Stimme hören. Bei ihren Worten zieht sie sich neue Einweghandschuhe an und setzt sich mit gekreuzten Beinen zurück auf ihren Stuhl. Nur ihre Augen sind zu sehen, da ihr Mundschutz den Rest ihres Gesichts verdeckt. 

Aber noch nie hatte er so schöne Augen gesehen. Wie eine Katze mustert sie ihn. Er hätte nicht damit gerechnet, so eine junge, hübsche Frau vorzufinden. Sind die meisten Chirurgen nicht alte Männer oder Frauen? Sie muss ziemlich früh mit ihrem Studium angefangen haben...„Wollen Sie jetzt einfach nur dort stehen bleiben?", holt ihn ihre Stimme aus seinen Gedanken raus. „Setzen Sie sich.", mit einer Kopfbewegung signalisiert sie ihm, dass er sich auf die frisch desinfizierte Liege setzen soll. „Wakami-san, bitte geh jetzt und mach die Tür hinter dir zu." Nickend greift sie hastig nach dem Türgriff und schließt die Tür, sodass Aiko und Sakusa alleine im Behandlungszimmer bleiben. 

Mit den Händen in seiner Jackentasche geht er auf die Liege zu und setzt sich skeptisch hin. „So Unbekannter, dann zeigen Sie mir doch Ihre Hand. So kann ich nichts erkennen." schmunzelt Aiko mit einem sarkastischen Unterton. „Ich bin Sakusa. Kiyoomi Sakusa." antwortet ihr der schwarzhaarige Mann in einem ruhigen Ton und holt seine Hände aus seiner Jackentasche raus. Vorsichtig zieht er sich die Handschuhe aus und verkneift sich dabei einen schmerzerfüllten Laut. 

Aiko ist bereits zu Beginn aufgefallen, dass er einen Mundschutz trägt. Erst dachte Sie, durch den Terminwunsch und die Maske würde er eine Vorerkrankung haben und wollte sich so keiner Gefahr aussetzen. Aber jetzt wo sie seine trockenen, rissigen Hände sieht, wird ihr einiges klar. Er ist ein Mysophobiker.„Sie haben trockene Hände.", sagt sie nur und schaut sich die Hand an, an der angeblich der gebrochene Finger sein sollte. „Sie sollen sich meinen Finger anschauen und nicht meine Haut bewerten.", zischt er nur. „Sie leiden unter Mysophobie. Verstehen Sie mich nicht falsch. Ein Leben als Mysophobiker ist nicht einfach. Sie sind eingeschränkt was Ihr Berufsleben, die sozialen Kontakte und das allgemeine Leben angeht. Aber niemand schreibt Ihnen vor wie Sie zu leben haben. Tun Sie mir nur einen Gefallen und kaufen Sie sich eine Salbe gegen Ihre trockene Haut. Wenn Ihre Haut aufplatzt, bietet Sie eine viel größere Angriffsfläche für Bakterien. Ich verschreibe Ihnen eine Salbe." murmelt sie vor sich hin während Sie sich seine Finger anschaut. 

„Ich bin kein Mysophobiker..." zischt er erneut, schaut die junge Frau vor ihm aber ganz genau an. „Ach? Dann haben Sie doch auch sicher kein Problem damit mir die Hand zu geben, oder?" Mit hochgezogener Augenbraue schaut Aiko den schwarzhaarigen Mann vor ihr an. Genervt dreht er seinen Kopf zur Seite. „Ich wüsste nicht, warum das jetzt von Bedeutung ist.", hisst er, als er die Hand der jungen Frau ausgestreckt vor ihm sieht. Triumphierend zieht sie ihre Hand wieder zurück und sagt nichts mehr.

Schwungvoll steht Aiko von ihrem Stuhl auf und bittet Sakusa ihr zu folgen. „Wir müssen den Finger einmal röntgen. Danach wissen wir mehr. Allerdings sieht es für mich eher nach einer Verstauchung aus. Wie ist das denn passiert?" fragt Sie neugierig, als sie, mit Sakusa hinter sich, in den Raum für die Röntgenaufnahmen geht. „Beim Sport.", antwortet er ihr knapp, als er sich dabei erwischt ihrem Hüftschwung hinterherzuschauen. Wie widerlich Kiyoomi, denkt er sich und schüttelt nur mit dem Kopf.

„Hm... lassen Sie mich raten, von Ihrer Statur her würde ich Sie als einen Volleyball Spieler einschätzen. Starke Arme, kräftiger Rücken... Sind Sie ein Ass?" nuschelt sie vor sich hin und legt ihm eine Bleischürze um und drückt ihn nach unten auf einen Stuhl. Konzentriert fixiert sie die Schürze. „Ist nicht schwer zu erkennen. Ich trage ja auch meine Mannschaftsjacke." Mit hochgezogener Augenbraue schaut er durch den Raum. „Mhm... wie interessant. Glauben Sie wirklich, dass ich auf so etwas Acht gebe? Small-Talk ist wohl nicht so Ihr Ding was? Dann halt nicht. Tragen Sie Schmuck?" Mit zur Seite geneigtem Kopf und den Händen an ihren Hüften schaut Sie den Mann vor ihr an. 

Kopfschüttelnd wandert sein Blick von ihr zu seiner Hand. Dafür das sie vorhin so freundlich mit ihrem vorherigen Patienten umgegangen ist, geht sie ganz schön bissig mit ihm um. „Ich verlasse für die Röntgenaufnahmen kurz den Raum. Ich bin gleich wieder da." ruft sie ihm auf den Weg nach draußen zu. 

Mehrere Aufnahmen werden gemacht und einen Moment lang warten die beiden, bis sie die Auswertung der Aufnahmen auf ihrem PC-Bildschirm sehen. „Es sieht so weit alles gut aus. Kein Bruch. Ihr Zeigefinger ist nur verstaucht. Ich würde Ihnen jetzt einen Verband drum machen und Sie ruhen ihre Hand dann ein paar Tage aus. In Ordnung?" Ihr Blick wechselt zwischen den Aufnahmen und Sakusa hin und her, als er nickend und erleichtert zu seiner Hand schaut. Er ist froh, dass es kein Bruch ist.

Nachdem Sie den Verband um seinen Finger gewickelt hat und ihm ein Rezept für eine Hautsalbe aufgeschrieben hat, steht Aiko auf und öffnet ihre Zimmertür. „In Ordnung. Dann können Sie jetzt gehen." als ob ein anderer Mensch vor ihm stehen würde, lächelt sie ihn mit ihren wunderschönen Augen an. „Auf Wiedersehen Yoshikami-sensei." verabschiedet er sich von ihr, als er an ihr vorbeigeht. „Auf Wiedersehen Sakusa-san... ach ja und... wenn Sie das nächste Mal einen verstauchten Finger haben... gehen Sie gefälligst wie jeder andere in die Notaufnahme. Wegen so was ist jetzt meine Pause drauf gegangen." faucht sie ihn bissig an.

Da ist der gewohnte bissige Teufel den Sakusa für einen kurzen Moment nicht in ihr gesehen hatte. Denn für einen kurzen Moment sah sie für ihn aus wie ein friedlicher Ärzteengel. Doch jetzt wo ihm die Tür vor der Nase zugeknallt wurde, war ihm klar, dass diese Frau alles andere als ein Engel ist.

Genervt hält sich Aiko die Finger an die Schläfe. „Was für ein komischer Kerl... Ich bin kein Mysophobiker... Ist klar." grinst sie und will gerade die Liege desinfizieren, als sie einen ihr unbekannten Schlüsselbund dort liegen sieht. Der muss von Sakusa sein. 

„Ach verdammt..."

I'm Kiyoomi Sakusa and I'm a germaphobe (kiyoomi sakusa x oc)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt