Kapitel 60

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Ich ziehe mich schnell um und verschwinde dann nach unten in den Keller, wo ich meine Bahnen drehe, bis ich die Haustür oben wieder höre. Insgesamt eine Stunde hatte ich jetzt Zeit für mich und meinen Sport alleine, was auch unbeschreiblich gut tat! Ich ziehe mich aus dem Wasser, trockne mich schnell ab und ziehe mich um, ehe ich die Treppe wieder hoch in die Küche komme, wo Frederik bereits die Einkäufe verräumt. „Hey" begrüße ich ihn fröhlich. „Hey! Heute Abend gibts Pfannkuchen" verkündet er und ich lächle. „Dankeschön! Kann ich dir etwas helfen?" frage ich vorsichtig, aber er schüttelt den Kopf, kommt zu mir und küsst mich auf die Stirn, ehe er weiter macht. Ich gehe ins Schlafzimmer, wo ich anfange, meine Klamotten in den Kleiderschrank zu räumen, meinen Nachttisch einzuräumen und anschließend meine Hygienesachen im Badezimmer zu verteilen. Eine halbe Stunde später habe ich alle Kisten im Obergeschoss ausgeräumt und komme wieder runter in die Küche, wo ich mir etwas zu trinken hole und mich dann mit meinem Glas zu Frederik ins Wohnzimmer setze. „Na? Was hast du gemacht?" fragt er neugierig und schaut von seinem Handy auf. „Kisten ausgeräumt... wobei ich meine Klamotten eigentlich auch direkt in den Koffer hätte räumen können" fällt mir auf und er lacht. „Naja, noch sind es ja ein paar Tage. Geht ja erst am 21.12 los" entgegnet er. Ich nicke und lege mich auf die Seite gedreht neben ihn. „Was sollen wir heute noch machen?" fragt er. „Hm... vielleicht etwas, was wir lange nicht mehr gemacht haben?" „okay, wie wäre es mit Kino? Das haben wir noch nie zusammen gemacht" schlägt er vor und ich nicke besorgt. „Nein?" fragt er verwirrt und ich seufze. „Das letzte mal und gleichzeitig das erste mal, dass ich hier in Köln im Kino war, war mit Lukas. Der Unfall" erkläre ich. „Wir können auch etwas anderes machen" sagt Frederik schnell, aber ich schüttle den Kopf. „Nein. Kino klingt gut. Das machen wir" lächle ich und hole ebenfalls mein Handy raus, um nach einem Film zu schauen. Er tippt weiter auf seinem Handy rum und so liegen wir ein paar Minuten schweigend nebeneinander. „Was ist mit dem hier?" frage ich irgendwann und halte ihm mein Handy hin. Er liest sich die Beschreibung durch und nickt dann. „Klingt gut" bestätigt er und somit mache ich mich daran, zwei Plätze zu reservieren. „Ich glaube, ich muss heute auch noch Sport machen... vielleicht laufe ich einfach eine Runde und gehe auf dem Weg bei meinen Eltern vorbei... sie wollten nach dem gestrigen Tag eh wissen, ob alles reibungslos geklappt hat heute" erklärt er und ich nicke. „Dann räume ich in der Zeit weiter meine Kisten aus und wenn du zurück bist machen wir die Pfannkuchen?" frage ich und er nickt ebenfalls. Ich packe meine Handy wieder weg, Kuschel mich an ihn und schließe die Augen. Er legt einen Arm um mich und während er nebenbei weiter auf seinem Handy tippt, schlafe ich langsam ein.

„Hey Schatz... ich bin dann mal weg. Rufe mich an, wenn was ist, okay?" weckt Frederik mich vorsichtig mit leiser stimme und ich blinzle müde. Er steht in dicker Winterjacke und Schuhen vor mir. Er küsst mich auf die Stirn und streichelt mir durch die Haare. Ich nicke leicht und schließe die Augen wieder. „Ich liebe dich!" sagt er leise und erhebt sich wieder. „Ich dich auch!" Murmel ich zurück und höre im Halbschlaf seinen sich entfernenden Schritten zu, bis ich die Haustür höre. Ich versuche weiter zu schlafen, werde aber doch von Minute zu Minute wacher, bis ich mich aufsetze, mir die Augen reibe und dann in die Küche gehe, wo ich mir einen Kakao mache und ihn am Esstisch trinke, während ich dem Feuer im Kamin beim umhertanzen zuschaue. Als meine Tasse leer ist, bringe ich sie zurück in die Küche und räume dann meine Kisten im Erdgeschoss aus, bis es an der Tür klingelt. Mit gerunzelter Stirn durchquere ich den Flur und öffne die Haustür. Vor mir steht Lisa, die ziemlich besorgt aussieht. „Oh... Hallo" sage ich kälter als geplant und mustere sie ungewollt von oben bis unten. „Hey Julia... tut mir leid, wenn ich störe, ich möchte dich auch gar nicht lange aufhalten... ich wollte dir nur sagen, dass Marco demnächst das Gefängnis verlassen darf... ich dachte mir, du möchtest das vielleicht wissen und... naja, einfach auf dich aufpassen... ich kann ihn nicht einschätzen... und... ich glaube nicht, dass er sich geändert hat... aber..." stottert sie und ich unterbreche sie schockiert. „Er ist WAS?!" frage ich lauter als gewollt und sie nickt traurig. „Es tut mir leid... ich habe ihn ein paar mal im Gefängnis besucht, weil ich ihm erstens klar machen musste, dass es mit uns vorbei ist und weil ich wollte, dass er weiß, was er überhaupt angerichtet hat... aber er wird wohl wegen guter Führung früher entlassen" erklärt sie, wobei ich Tränen in ihren Augen sehen kann. „Aber... er war doch... gerade mal ein Jahr..." stottert ich jetzt an ihrer Stelle und sie nickt. „Ich weiß. Theoretisch weiß er nicht, wo du wohnst. Aber ich habe gespürt, wie sauer er auf dich ist und du weißt, wozu Menschen fähig sein können... wenn er dich finden will, wird er dich finden" fährt sie fort. Ich merke, wie mein Herz schneller anfängt zu schlagen und mir schwindelig wird. Ich Klammer mich an der Tür fest und versuche ruhig zu atmen. „Aber im Moment ist er noch im Gefängnis?!" frage ich ängstlich und sie nickt. „Ja. Ich kann dir aber Bescheid sagen, wenn er draußen ist. Gegen März vermutlich" antwortet sie, aber ich schüttle den Kopf. „Schon okay, danke". „Kein Problem. Und herzlichen Glückwunsch übrigens" lächelt sie und ich schaue sie fragend an, wobei meine Gedanken noch komplett bei Marco  sind. Sie deutet auf meinen Bauch und ich schaue langsam an mir runter. „Oh... ich... danke" stottere ich verlegen. „Du kannst dich wirklich glücklich mit Frederik an deiner Seite schätzen - er liebt dich mehr als alles andere auf dieser Welt! Und er ist ein guter Mensch. Ich wünsche euch alles Glück auf dieser Welt und das meine ich wirklich von ganzem Herzen!" sagt sie und ich kann hören, dass sie es ernst meint. „Vielen dank Lisa!" „ich muss jetzt auch los. Pass auf dich auf!" sagt sie zum Abschied und dreht sich um. „Danke. Du auch!" rufe ich ihr hinterher und als sie den Hof verlassen hat, schließe ich die Tür wieder. Völlig überrumpelt und fertig von dieser Nachricht stolpere ich zurück ins Wohnzimmer aufs Sofa, wo ich mich ängstlich in die Decke einrolle und gegen die Wand starre. Mit einem Mal fühle ich mich unglaublich leer, unsicher und beobachtet. Hoffentlich kommt Frederik bald wieder zurück.

Lebensgeschichte (1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt