Kapitel 86

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Nachmittags kommen wir wieder in Köln an. Ich schnappe mir meine und Frederiks Tasche und verschwinde innerhalb weniger Sekunden in den Keller, wo ich - weiterhin weinend - mich um die Wäsche kümmer, während Frederik Emma und Max in ihr Bett bringen, nachdem sie die halbe Autofahrt über geschrien und geweint haben. Anschließend kommt er zu mir runter. „Komm, ich mache das. Leg dich etwas hin" sagt Frederik sanft und legt seine Hände auf meine Schultern. Ich schniefe vor mich hin und stehe vom Boden auf. „Es tut weh, ich weiß..." sagt er leise und legt seine Arme um mich. „Unbeschreiblich" bestätige ich schluchzend und drücke mein Gesicht in seine Schulter. „Sie wusste, wie wichtig sie dir war und wie lieb du sie hattest, das kannst du mir glauben!" flüstert er und küsst mich auf die Haare. Ich Klammer mich an ihn und weine weiter, bis er mich sanft von sich drückt. „Leg dich hin" fordert er mich erneut auf. Ich nicke und verschwinde die Treppen nach oben ins Wohnzimmer, wo ich mich aufs Sofa unter die Decke lege und an die wand gegenüber starre. Es ist der selbe Schmerz wie der, den ich nach dem Tod meiner Eltern verspürt habe. Damals bin ich hierher nach Köln gezogen, um mich von all dem abzulenken und einen Neuanfang machen zu können. Und jetzt? Noch einmal umziehen geht nicht. Ich habe Familie und ein Studium, das in zwei Wochen weiter geht und sonst noch ein paar andere Verpflichtungen. Dieses Mal kann ich nicht einfach weglaufen, auch wenn ich es gerne tun würde. Ich schluchze laut auf und rolle mich für ein paar Minuten zusammen, ehe ich nach meinem Handy greife und Fabian anrufe. Er geht nicht dran, ich hinterlasse ihm jedoch trotzdem eine Nachricht, ob er zum Essen vorbei kommen möchte und sich jederzeit melden kann und soll, wenn etwas ist oder er etwas braucht. Dann lege ich mein Handy wieder weg, schließe meine Augen und versuche tief ein - und auszuatmen und mich irgendwie etwas zu beruhigen. Das viele weinen macht unbeschreiblich müde und kaputt. Ich versuche meine Gedanken auf etwas schönes zu lenken, um zumindest für ein paar Minuten schlafen zu können. Tatsächlich bin ich eine halbe Stunde später, nachdem Frederik wieder bei mir oben ist und sich zu mir gelegt hat, eingeschlafen. Wach werde ich durch den Geruch von Frisch gekochtem essen aus der Küche. Ich setze mich müde auf, reibe mir meine dicken Augen und gehe dann in die Küche. „Oh, du bist wieder wach!" stellt Frederik fest, als er mich sieht und ich nicke. „Hast du Hunger?" fragt er und zeigt auf den Ofen. Ich nicke wieder und er lächelt. „Ich habe Quiche gemacht... die magst du doch so sehr" erklärt er und ich nicke ein drittes Mal. „Gehe aber erst nach Emma und Max schauen... die haben bestimmt auch Hunger" Murmel ich, drehe mich um und verschwinde wieder. Tatsächlich liegen beide wach in ihren Bettchen und brabbeln vor sich hin. Ich nehme mir erst Max raus und an die Brust, Kuschel anschließend noch ein paar Minuten und rede leise mit ihm und mache dann das selbe mit Emma. „Dann nehme ich euch mal mit runter, oder?" frage ich beide, nehme sie auf den Arm und gehe mit ihnen zu Frederik ins Esszimmer. Er hat mittlerweile den Tisch gedeckt und das Essen aus dem Ofen gerettet. „Hallo ihr drei!" lächelt er und küsst Emma auf den Kopf. „Ich setze sie mal in ihren Laufstall, oder?" Frage ich Frederik und er nickt. Ich gehe ins Wohnzimmer, wo in der Ecke ein großer abgetrennter und gepolsterter Spielbereich für beide ist und lege sie hinein. Sofort greifen sie nach dem herumliegenden Spielzeug und beschäftigen sich damit. Ich küsse ebenfalls beide auf den Kopf und gehe zurück zu Frederik. „Guten Appetit!" sagt er, als ich neben ihm sitze und er fängt an zu essen. Ich tue es ihm lustloser nach, muss aber wieder mal feststellen, dass er einfach echt gut kochen kann! „Ich habe Fabian vorhin versucht anzurufen... ob er zum Essen kommen will... und dass er sich melden soll, wenn was ist" sage ich irgendwann leise und Frederik schaut auf. „Das ist gut!" stellt er fest und ich nicke. „Danke" lächelt er, greift nach meiner Hand und drückt sie kurz. Ich esse schweigend weiter und er tut mir gleich. Nach dem Essen legen wir uns aufs Sofa und schauen Fernsehen, wobei wir irgendwann Emma und Max aus ihrem „Bereich" holen und zu uns aufs Sofa legen. Wir kuscheln zu viert, bis die zwei eingeschlafen sind und wir ebenfalls zu müde sind, um noch weiter zu schauen. „Bett?" fragt Frederik irgendwann leise und ich nicke. Zwar merke ich, wie gut die paar Stunden ohne weinen meinen Augen getan haben, jedoch fühle ich mich immer noch so kaputt wie am Morgen und Vormittag. Wir bringen beide gemeinsam ins Bett, ich stelle mich anschließend noch unter die Dusche, da ich mich mittlerweile doch sehr eklig fühle, und lege mich dann zu Frederik ins Bett. „Komm her" lächelt er und hebt seine Decke für mich an. Ich Rutsche zu ihm darunter und Kuschel mich an ihn, wobei das nur dafür sorgt, dass ich wieder merke, wie mir Tränen in die Augen kommen. „Du darfst weinen. Es ist okay. Lass es einfach raus" sagt er, als er merkt, wie sehr ich dagegen ankämpfe und ich lasse mir das natürlich nicht zwei mal sagen. Wieder weine ich so lange, bis ich keine Kraft und keine Tränen mehr habe, mich von ihm weg drehe, seine Arme von hinten um mich legen lasse und meine Augen schließe. Ob der Schmerz irgendwann wieder aufhören wird? Scheint, als müsste die Zeit erst wieder ein paar Wunden heilen...

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