Verloren

266 15 3
                                    

Passende Musik: Afire Love, Ed Sheeran

Ich bin verloren, denn ich weiß nicht, dass diese Autofahrt meine letzte ist. Dass ich so sehr in Gefahr bin, hätte ich nie geahnt. Ohne irgendeine Vorahnung steige ich in den Wagen. Links neben mir setzt sich Molly, in der letzten Zeit sind wir gut miteinander ausgekommen, und es ist schön, eine richtige Freundin zu haben. Sie ist nett und aufrichtig, ich weiß ihren Charakter sehr zu schätzen. Wie wird sie nur meinen Tod verkraften? Ich drehe den Schlüssel im Schloss. Der Motor springt an und wir fahren los. Ich habe keine drei Minuten mehr zu leben, doch davon weiß ich jetzt nichts. Ich würde alles tun um mein Baby zu beschützen, sie ist das wichtigste in meinem Leben. Doch das ist mein Tod. Würde ich doch nur die leiseste Vorahnung haben.
Nun wähle ich John, mit der Freisprechanlage im Auto an, damit ich weiß, was ich einkaufen soll.
"Hey Mary, Hi Molly, wie geht's euch und der Prinzessin?"
"Hey, John!" Sagt Molly.
"Soweit ganz gut! Sie tritt sehr zu!", meine ich.
John lacht, er hat so ein wunderbares lachen.
"Also, ich fahre Molly nach Hause und gehe anschließend einkaufen. Es fehlen uns Butter, Eier, Brot und Saft, noch was?"
Ich biege rechts ab und halte an einer roten Ampel. Die letzten Sekunden meines Lebens.
"Ja, kannst du mir meine Marmelade mitbringen?"
John immer mit seiner Marmelade... ich muss jetzt selber lachen. Die Ampel wird grün und ich fahre langsam los. Doch was ist das rechts von mir? Kommt da tatsächlich jemand angerast. Ich höre schlagartig auf zu lachen. Das war mein letztes Lachen. "Molly, Pass auf!" Rufe ich. Meine letzten Worte. Das dunkle Auto ist keine zehn Meter von uns entfernt. "Mary, was ist los?", fragt John besorgt. Dies ist meine letzte Sekunde. Doch mir kommt sie viel länger vor. Das Auto kommt wie in Zeitlupe immer näher. Ich versuche den Fahrer zu erkennen. Plötzlich verlässt mich jegliche Kraft. Auf einmal ruckelt es schrecklich, ein seltsames Gefühl. Ein Knall! Ich falle nach vorne. Meine Augen gehen zu und alles wird dunkel. Mein Kopf pocht heftig. Meine Glieder tun mir weh. Ich atme nicht mehr. Was wird John nur ohne mich machen? Der Schmerz lässt langsam nach. Ich bereue in diesem Moment meine Taten schrecklich. Ich habe ihm nie alles erzählt. Obwohl ich es ihm schuldig war. Da ist noch mehr. Ich hätte ihm die Wahrheit erzählen sollen. Von mir. Moriarty. Von uns.
A. G. R. A. ist das einzige, was er über meine wahre Identität weiß. Wird wenigstens unser Baby überleben? Komisch, so viele Menschen habe ich in den Tod geschickt. Bin ich jetzt nun wirklich dran? Ist das hier der Tod? Ein seltsames Gefühl umwebt mich. Was für eins es ist kann ich nicht sagen. Es verleiht mir Sicherheit und lässt mich ganz und gar verstummen. Ich habe es nicht mehr nötig Luft zu holen. Und ich versuche gegen dieses Gefühl anzukämpfen, kann es aber nicht. Wie eine Hypnose zieht es mich in seinen Bann. Die Geräusche um mich herum werden immer schwächer. Doch ich kann eines neben mir deutlich hören. Es ist ein Atem.

***

"Wie geht es meiner Frau?", frage ich zum zweiten Mal. "Sie sollten sich erstmal hinsetzen!", sagt der leitende Arzt. "Nein, zu erst sagen sie es mir, wie es meiner Familie geht!", Schreie ich. Der Arzt nimmt mich sanft an den Arm und führt mich auf einen Stuhl. Meine Hand hält er immer noch. Bitte lass Ihnen nichts passiert sein, bete ich inständig. "Es gibt erstmal eine schlechte Nachricht." Nein, nein! Er fährt fort. "Ihre schwangere Frau hatte einen Unfall mit Fahrerflucht.", er hält inne. Ich kann deutlich erkennen, dass ihm das Reden schwer fällt. Er holt tief Luft, während meine Augen nass werden. "Sie hat es nicht überlebt", flüstert er. Eine klitzekleine Träne nimmt ihren Lauf, sie fließt aus meinem linken Auge über meine Wange, wonach sie an meinem Mundwinkel vorbei, neben meinem Kinn kurz inne hält. Kurz darauf tropft sie auf meine Jacke. Perplex starre ich den Doktor an. Er versucht neu anzusetzen: "Das muss sicher schwer für sie sein." Nicht Mary! Weitere Tränen machen es der ersten nach und laufen den Wangen runter. Was ist das hier? Ein Traum? "Die Beifahrerin und ihr Baby aber kommen durch!" Mary! Wieso genau sie? Ein guter Mensch hat soetwas nicht verdient. Am liebsten will ich versinken, zu der Pfütze meiner Tränen werden. Nicht mehr hier sein. Mary ist nicht hier. Bei ihr zu sein, das ist meine Bestimmung. Der Arzt fährt einfach fort: "Molly Hooper schläft im Moment und ihre Tochter wird grade aufgepäppelt, sie können Sie später gerne sehen. Lassen sie sich Zeit, es muss sehr schwer sein." Wieso Mary? Sie war das schönste in meinem Leben. Etwas zerreißt innerlich in mir. Doch das Gefühl kommt mir bekannt vor. Woher kenne ich es nur? Ja, Sherlock, er hat sich ja auch mal umgebracht. Dieser Mistkerl. Hätte ich doch nur eine Waffe, ich würde sie gehen denjenigen verwenden, der ihr das angetan hat! "Ich will sie sehen.", sage ich bestimmt. Nur dieses Mal will ich mir sicher sein. Der Arzt führt mich ein paar Gänge weiter, dorthin, wo Sherlock immer seine Experimente an Leichen macht. Mit wackligen Knien folge ich ihm. Ich kann das alles nicht mehr wahrnehmen. Total blockiert sehe ich, wie er das Tuch von einem der "Tische" hochhebt. Wie nennt man nur diese Ablagerungen? Nein sie Ablagerungen zu nennen wäre falsch, Mary ist kein Müll. Ich kann keinen klaren Gedanken fassen. Durch die verschwommenen Augen erkenne ich einen Menschen. Ich wische meine Tränen weg. Als ich sie sehe fühle ich mich so schrecklich leer. Da liegt sie. Tatsächlich. Das weiße Tuch reicht bis zu ihrem Hals. Ich kann nicht glauben, dass sie... nein ich kann es nicht sagen.., was eben passiert ist. Vor einer halben Stunde haben wir doch telefoniert! Warum gerade sie? Bitte nicht. Sie hat doch noch so quicklebendig gelacht! Ich trete näher und nehme ihre Hand. Sie ist noch warm, hat aber keinen Puls. Und was ist, wenn sie noch eine Chance hat? Also fange ich an sie wieder zu beleben, lege meine Hände auf Ihren Brustkorb und fange an rhythmisch zu pressen. "Mr Watson, es ist zu spät! Sie können nichts mehr daran ändern. Der Aufprall war zu hart, sie hat sich das Genick gebrochen!" Und was ist, wenn es Wunder gibt? An Sherlocks Grab habe ich um ein Wunder gebeten und er kam zurück. Zwar nicht auf die beste Art und Weise aber jetzt ist er da. Sie darf mich nicht verlassen, das lasse ich nicht zu! Also mache ich weiter in der Hoffnung einen Puls zu finden. "Mary, las mich jetzt nicht allein!", flüstere ich heiser. Der Arzt zieht mich von ihr weg: "Ich kann mir vorstellen, wie schlimm das für Sie sein muss." Nichts kann er! Er kennt mich doch gar nicht!!! Ich will wieder zu Mary, aber er lässt mich nicht los. "Verabschieden Sie sich bitte jetzt von ihr. Lassen sie los." sagt er und legt ihr wieder das Tuch über ihren Kopf. Er packt sie weg, wie Müll, dabei konnte ich ihr doch gar nicht auf Wiedersehen sagen.

Sherlock - The Game Is Back OnWo Geschichten leben. Entdecke jetzt