Mein bester Freund Sherlock

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Passende Musik: Afire Love, Ed Sheeran

Der Arzt führt mich wieder in einen Gang, aber ich kann nichts erkennen, denn alles ist von meinen Tränen so verschwommen. Wir gehen Treppen hoch, ein paar Gänge weiter. Er bringt mich auf die Säuglingsstation. "Sie ist schon sehr weit entwickelt, deshalb braucht sie sogar keine spezielle ärztliche Fürsorge.", meint er, "nur zur Beobachtung behalten wir sie ein paar Tage da, es sei denn sie brauchen etwas Zeit für sich selbst. Wir organisieren selbstverständlich einen Psychologen."- "Danke, ich habe bereits eine Therapeutin, Ella Thompson...", meine Stimme hat sich noch nie so weinerlich angehört. Wir sind angekommen und stehen vor etwa zwanzig süßen Babys, eins davon ist meins. Der Arzt deutet auf das Mädchen ganz links. "Das ist sie. Einen Namen hat sie noch nicht, ich warte vor der Tür. Lassen sie sich Zeit. Und überlegen Sie sich einen Namen!", sagt er und geht raus. Ich gehe in die Richtung, in die der Arzt gedeutet hat. Da sind zwei Babys, aber eins davon ist ein Junge, also muss das andere unsers sein! Mein Herz klopft stark gegen meine Brust. Das Baby, was da liegt, meine süße Tochter, sie ist bildhübsch! Auf die Seite gerollt schläft tief und fest. Ihr Haaransatz sind hellblond und ihre Nase stupsig. Ihre kleinen, leicht schrumpligen Hände liegen neben ihrem Kopf. An dem Bettchen ist ein Namensschild mit den wichtigsten Infos befestigt.

Name: Fighter

Geburtstag: 04.01.14

Gewicht: 2,5 kg

Größe: 39 cm

Viele Krankenhäuser geben ihren Namenlosen Säuglingen motivierende Kämpfernamen, aber ich habe bereits einen für unsere kleine.

Sophie Mae Watson

Gestern Abend haben ich und Mary uns endlich darauf geeinigt. Ich habe mich festentschieden. Beim Anblick dieser Prinzessin ist meine Trauer völlig verflogen. Nun wage ich etwas, ich strecke meinen Finger aus und berühre ihre Hand. Ohne mit der Wimper zu zucken packt sie zu. Ich bleibe noch ein paar Minuten stehen und lasse meine Freudentränen runterkullern. Sie ist wunderschön und ihr Gesicht wirkt auf mich wie eine Droge. Ich mache sogar ein paar Fotos mit meinem Handy. Doch als ich wieder zum Arzt gehe um ihn den Namen für unsere Prinzessin zu nennen ergreift mich die Trauer wieder und ich fühle mich verzweifelt und hilflos. Nachdem er gegangen ist, rufe meinen einzigen, aber wahren Freund an. Sherlock.

***

Ich stürme auf das Krankenhaus zu und reiße die Tür auf. Draußen war es kalt doch jetzt empfängt mich Wärme. Mit aufgerissenen Augen halte ich nach John Ausschau und kann ihn hinten entdecken. Er sitzt in sich zusammen gesunken auf einem Stuhl. Es ist fast so als würde er schlafen. Meine müden Beine tragen mich zu ihm. "John...", sage ich noch etwa einen Meter von ihm entfernt. Erschrocken öffnet er seine verquollenen Augen. Er sieht viel älter aus. "Sherlock, ich..." Die Tränen laufen ihm die Wangen runter. Ich bin total überfordert mit der Situation. Ich beuge mich zu ihm runter und tue etwas, was ich sonst nie getan hätte. Ich lege meine Arme um seine Schultern. Ich kann meine Emotionen nicht mehr zurück halten. Er umarmt mich ebenfalls. Ich spüre auf einmal etwas nasses. Was ist das nur? Ich fasse mit einer Hand in mein Auge. Weine ich etwa? "Sherlock, du weinst ja!", flüstert John. "Ich weine, John. Ich weine.", was rede ich? Bin das hier überhaupt ich? Ich kann nichts mehr verstehen. Nur, dass ich Arm in Arm mit meinem besten Freund hier sitze und weine. Aber wieso? Ich würde zu gern wissen, welches Schwein Mary das angetan hat. Einen Verdacht habe ich schon. Aber ich will John gegenüber nicht spekulieren. Ich kann nicht. Ich löse die Umarmung und wische mein Gesicht mit dem Ärmel ab. Was hat das Leben nur mit uns gemacht?

Sherlock - The Game Is Back OnWo Geschichten leben. Entdecke jetzt