Wahre Freundschaft

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Ich steige aus dem Auto, und klopfe an die Tür. Mrs Hudson öffnet sie nach wenigen Sekunden. "Oh, John, komm rein, ich habe grade Tee aufgebrüht!", sagt sie. Ich nicke, und trete ein. Die Wohnung ist noch genauso, wie in den guten alten Zeiten. "Wie geht's mit dem Baby? Tritt es heftig?" "Ja, sie ist sehr stark.", erwidere ich und lache. Ich senke meine Stimme ein wenig: "Und wie geht's Sherlock?" "Hm, nicht besser.", kommt es traurig zurück.
"Ich seh mal nach ihm."
"John, nimm doch gleich das Tablett mit!", sagt sie und reicht mir das Tablett mit dem frisch aufgebrühten Tee, "ich will euch bei eurer Unterhaltung nicht stören." Hoffentlich war das keine Anspielung, dass zwischen mir und Sherlock was laufen würde. Sie reicht mir das Tablett und zwinkert aufmunternd. Gut, das war eine Anspielung, dass zwischen mir und Sherlock was laufen würde. Ich ignoriere ihr Zwinkern, bedanke mich und gehe die Treppe nach oben. Als ich die Tür aufmache, bleibt mein Herz kurz stehen und ich hätte um ein Haar schreiend das Tablett fallen lassen. Sherlock hängt mit geschlossenen Augen an einem Strick von der Zimmerdecke herab. Was tut er da?
"Sherlock, alles ok?", frage ich hysterisch.
"Alles Bestens John.", antwortet er ohne die Augen zu öffnen.
"Aber was zum Teufel machst du denn da oben? Komm sofort runter!"
"Es kann mir überhaupt nichts passieren."
"Sherlock, nur weil du einmal deinen Tod vorgetäuscht hast, heißt das nicht, dass du unsterblich bist!"
Sherlock lacht und knöpft sein Hemd auf. "Schau John, der Strick ist direkt mit einer Vorrichtung und einem Gürtel verbunden. Ich hänge quasi an einer ganzen Kletterausrüstung. Dadurch wird das Genick entlastet und mir kann nichts passieren."
"Oh. Um Gottes Willen Sherlock wag es nie wieder mich so zu erschrecken.", antworte ich nun leicht gereizt, "Hilft dir das etwa bei Moriarty weiter?"
"John, du weißt ich werde erfinderisch, wenn ich bei einem Fall nicht weiterkomme." Er löst den Strick von seinem Hals und lässt sich elegant wie ein Raubtier auf den Boden fallen. Er fährt fort. "Also John was machst hier?" Er schlüpft aus seinem Hemd und nimmt sich die Sicherheitsausrüstung ab, sodass er mit völlig entblößtem Oberkörper vor mir steht. "Sherlock, ich mache mir Sorgen." Er kommt langsam auf mich zu und will etwas entgegnen. Ich schaue ihm tief in seine blassen Augen, sie sagen mir etwas, doch ich weiß nicht was. Wir stehen keinen Meter von einander entfernt, als auf einmal die Wohnungstür aufgeht. Eine schrille Stimme ertönt: "John äh Sherlock, huch, bin schon weg." Die Tür schlägt zu, und wir brechen in Lachtränen aus. Mrs Hudson denkt, jetzt sicher, dass wir ein Paar oder sowas wären. "Wow Sherlock dass wir sie mal so irritieren können! Das hätte ich nie gedacht." Bringe ich kichernd hervor, während ich vor Bauchschmerzen auf den Sessel sinke. Mrs Hudson ist anscheinend immer noch fest überzeugt, dass wir schwul sind. Sherlock, der sich das Hemd wieder zuknöpft, wird aufeinmal wieder ernst und meint: "John ich glaube das hier - dieser Fall - das ist der größte und der wichtigste. Ich hätte mir vor ein paar Jahren das hier nie erträumen können.", meint er mit trauriger Miene.
"Aber wieso bist du dann so bedrückt?", frage ich.
"Da ist so ein seltsames Gefühl. Ich weiß, ich bin der intelligenteste Mensch meiner Zeit und trotzdem merke ich, dass das hier - mein Traum - doch eine Nummer zu groß ist."
"Sherlock, ich bitte dich. Du machst doch nur Spaß oder?"
"Nein."
Ähm, wow. Was soll ich sagen? Sherlock war noch niemals etwas zu groß, im Gegenteil. Je anspruchsvoller der Fall, desto schneller hatte er ihn gelöst. Mit links. Das ist doch sein Lebenszweck. Oder? Ich, als sein Freund, muss ihn jetzt motivieren.
"Dir war noch niemals irgendwas zu groß."
"Aber ich habe ja gar keinen Anhaltspunkt! Eine halbe Stunde lang erschien Moriarty auf allen Bildschirmen, dann war er weg. Keine Spur. Einen Tag später folgt ein Anschlag, wieder keine Spur. Wie soll das denn weiter gehen? Das macht mich verrückt!" Er läuft zur Wand und schlägt seinen Kopf dagegen.
"Sherlock, hör sofort damit auf. Du kennst Moriarty besser, als jeder andere. Du weißt, dass er deine Schwachstellen kennt. Er weiß, wann er zuschlagen muss. Er will dich klein kriegen, er will, dass du dir vor Sorge den Kopf einschlägst. Lass es genau deshalb, hör damit auf. Du bist der intelligenteste Mensch der Welt. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen." Habe ich das wirklich gesagt? Ernsthaft, ich habe nie vermutet, dass ich jemals so motivierend sein kann. "Tee?", frage ich und deute auf Mrs Hudsons Tablett. "Nein danke.", antwortet der Detektiv und tritt ans Fenster. Sein sorgenerfüllter Blick wandert auf die Straße. Er sieht missmutig aus, doch ich versuche ihn aufzumuntern. Es wird ein langer Nachmittag, wir unterhalten uns über dies und das, über unsere lieblings Fälle und über das Baby (hätte ehrlich nicht vermutet, dass Sherlock sich so sehr darüber freut) bis es Zeit zu gehen wird. Bei der Verabschiedung merke ich, wie sehr wir beide uns doch brauchen. Ich sage der immer noch aufgeschreckten und peinlich berührten Mrs Hudson auf Wiedersehen und öffne die Tür. Kalte Regentropfen kommen mir entgegen und ich steige schnell ins Auto. Den restlichen Abend verbringe ich mit Mary, wir reden viel über die gemeinsame Zukunft. Sogar auf den Namen der Prinzessin, meiner Tochter einigen wir uns. Doch trotz der Aufregung fallen mir irgendwann mir die Augen zu.

Sherlock - The Game Is Back OnWo Geschichten leben. Entdecke jetzt