Kapitel 15 - Verbannung

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Lilith spazierte durch den Wald. Sie ging an ein paar alten Lieblingsplätzen von ihr vorbei, so wie die alten Bänke die im Kreis, um eine große Statue eines bedeutenden Vorfahren von Lilith, angeordnet wurden. Oder den kleinen Teich in dem sie immer, trotz Verbots, baden war.
Jedoch war Lilith immer noch mit Schuldgefühlen umrandet. Clare wird ihr das niemals verzeihen, Ivan auch nicht. Als Lilith ganz tief im Wald drin war hatte sie keine Lust mehr weiter zu gehen und ließ sich stattdessen auf dem feuchten Boden aus Moos und Blättern nieder. Das sie dreckig wird war ihr egal. Das war gerade eines ihrer kleinsten Probleme.
Sie dachte nach. Wie würden ihre Eltern reagieren? Wo sind die überhaupt? Und wie bringt man Clares Familie erstmal bei das ihre Tochter.. nun ja.. zum Vampir geworden ist?
Seufzend legte sich sich ihn und starrte in dem Himmel, der von ihrer Sicht aus von einigen Baumkronen blockiert wurde. Sie schloss für einen kurzen Moment die Augen.
Sie hörte nur das Rascheln der Bäume und ein paar Vögel singen.
Als sie sich wieder beruhigt hatte richtete sie sich auf und klopfte den Dreck von ihren Klamotten ab.
Sie wollte gerade wieder zum Haus gehen, da hörte sie das sich jemand näherte. Rasch drehte sie sich um und stolperte vor Entsetzen nach hinten. „Mutter?", flüsterte sie, und kaum hatte sie das ausgesprochen erschien auch ihr Vater vor ihr. „Ich habe mir schon gedacht das du hier bist. Du kennst dieses Mädchen, richtig?", fragte ihre Mutter. Lilith nickte leicht. Sie wussten von ihr. Nur warum war Clare denn noch am Leben? „Ist sie immer noch da?", fragte Vater streng. „S-sie ist.. noch da, ja...", stotterte sie und sah voller Scham auf den Boden. Sie merkte das ihre Eltern wütend waren. Sie dulden keine Fremden. „Wir gehen zurück zum Haus.", befahl Mutter. Lilith nickte und folgte den beiden.
Als die drei die Haustür passierten lief Mercy direkt auf Lilith zu. „Du bist wieder- Marishka, Akatash, ihr seid zurück!" Besorgt musterte sie die beiden. „Wo ist sie?", fragte Akatash direkt. Mercy deutete zitternd auf die Treppe nach oben. „Es ist seltsam, ich kann sie gar nicht riechen.", stellte Marishka fest. Sie drehte sich zu Lilith, und dann wieder zu Mercy. „Was habt ihr angestellt?", fragte sie und ballte die Fäuste. Mercy starrte Lilith traurig an, die wieder nur zu Boden sah. Die beiden gingen die Treppe hoch.
„Sie ist in dem Gästezimmer!", rief Mercy ihnen nach. „Lilith komm mit.", befahl Akatash ihr. Lilith gehorchte.

Clare sah schrecklich blass aus. Sie wurde in kürzester Zeit magerer und bekam Augenringe. Da ihr Mund zu war konnte man nicht erkennen wie weit ihre Eckzähne schon gewachsen waren. „Du hast sie verwandelt?", zischte Marishka und ballte ihre Fäuste, so dass ihre langen Fingernägel in ihre Haut schnitten. „Ich.. ich wollte das nicht!", entgegnete sie und setzte sich neben Clare aufs Bett. Sie sah so aus als ob sie Tod wäre, doch das war sie nicht. „Ich wollt sie töten.", murmelte Lilith.
Plötzlich gab ihr Vater ihr eine kräftige Backpfeife. Eine große rötliche Stelle breitete sich auf ihrer Wange aus. So viel Farbe hatte sie noch nie in ihrem Gesicht gehabt. „Du dumme Göre!", brüllte er sie an. Lilith schaute zu ihm hoch. „Ist dir klar das du jetzt für immer an sie gebunden bist? Dein Leben lang musst du jetzt mit ihr klarkommen!" Das war ihr ganz und gar bewusst. Regungslos saß sie da und sprach kein Wort. „Damit eins klar ist, wir werden dir nicht unter die Arme greifen.", sagte ihr Mutter. „Ihr werdet auch aus dem Wald verbannt.", fügte sie noch hinzu und verließ den Raum, Akatash folgte ihr.
Lilith fing an zu weinen. Sie würde, wenn Clare aufwacht, nie mehr Mercy treffen. Mercy, ihre beste Freundin und Cousine, der wichtigste Mensch in ihrem Leben.
Lilith hörte ein Krach von unten und Schreie. Sie befürchtete schlimmes und rannte sofort runter. Sie lief in den Salon, wo der Krach herkam. Dort sah wie ihr Vater brutal auf Mercy einschlug. Lilith hielt sich schockiert die Hände vor den Mund und versuchte nicht zu schreien, das würde alles noch viel Schlimmer machen. Mercy war blutüberströmt, sie schrie und bat um Gnade. „Bitte! Ich kann nichts dafür!"
Jemand legte eine Hand auf Liliths Schulter und zog sie von dem Geschehnissen weg. „Du solltest da nicht zusehen.", meinte Ivan. „Du kannst ihr nicht helfen." Es hörte sich grausam an, doch er hatte Recht. Sie konnte sich nicht gegen ihre Eltern stellen. Sie waren in allen Punkten Lilith überlegen.
Lilith wischte sich die Tränen weg, aber weinte weiter. Ivan brachte sie zu einem ruhigeren Raum, Liliths Zimmer.
Dort machte er was unerwartetes, er umarmte sie, und zwar lange. Mehrere Minuten sogar, und keiner sagte was. Schließlich war es Lilith die sich löste. Sie sah Ivan intensiv in die Augen. So einen Moment hatten die beiden zusammen wirklich noch nie.
„Wir haben vor drei Jahren geheiratet, auf Wunsch deiner Eltern und meiner Familie, die mich adoptiert hat.", blickte Ivan zurück. Lilith nickte. Sie hatte Ivan das erste Mal auf der Hochzeit gesehen. Seine Adoptiveltern nahmen ihn auf nachdem er verwandelt wurde. Sie waren Freunde von Liliths Eltern.
„Ich konnte dich nie leiden, bin ich ehrlich. Du warst in meinem Augen verantwortungslos und seltsam ruhig, als ob du nicht die ganz hellste warst." Lilith lächelte, sie konnte Ivan aufgrund seiner hochnäsigen Art nicht leiden, wie er immer alles genau nimmt. Doch da haben sich beide wohl einfach falsch verstanden. „Aber... auch wenn das gerade nicht sehr verantwortungsvoll war, glaube ich trotzdem das du nicht so schlimm bist wie ich immer dachte. Ich mag dich, und ich mag Clare, auch wenn du das nicht nachvollziehen kannst." Lilith schaute ihn gespannt an. Wo er wohl drauf hinaus will?
„Ich will mit euch kommen." Als er es endlich auf den Punkt brachte war Lilith jedoch nicht ganz davon überzeugt. „Ich habe seit so vielen Jahren nicht mehr diesen Wald verlassen. Ich will mitkommen, zur normalen Schule gehen!", erklärte er sich und sah Lilith bittend an. Die lächelte nur und sagte: „Warum nicht?"

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