Kapitel 7

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Allison zündete die hohen, weißen Kerzen an, die das Esszimmer sofort in ein romantisches Licht tauchten. Sie machte einen Schritt nach hinten und betrachtete ihr Kunstwerk. Der Esstisch quoll fast über vor leckerem Essen - nicht, dass sie es selber zubereitet hätte - aber sie wusste, dass das Essen bei Henry's immer köstlich war. Immerhin war es Michaels und ihr Lieblingsrestaurant. 

Vor einer Stunde bestellte sie die Speisekarte rauf und runter, denn heute durfte es an nichts fehlen. Ally konnte noch nie kochen. Obwohl sie des Öfteren versuchte, kam keineswegs etwas genießbares heraus. Heute war ihr Hochzeitstag, deshalb legte sie sich besonders ins Zeug, damit alles perfekt war. Sie trug ein hochgeknöpftes gelbes Kleid, das über die Knie ging. Zu kurze Kleider waren ihr ein Gräuel, sie liebte es elegant und stilvoll. Ein Blick auf die Uhr verriet ihr, dass Michael schon eine halbe Stunde zu spät war. Vielleicht hatte er ihren Hochzeitstag vergessen, denn er kam sonst nie zu spät. 

Seit Monaten versuchte sie schon schwanger zu werden und wie es der Zufall will, hatte sie heute ihren Eisprung. Allison durchquerte das Esszimmer und ging auf die Stereoanlage zu, und drückte die Playtaste. Vivaldis ‚Vier Jahreszeiten erklang und Allison schloss genüsslich die Augen, während sie an ihren Hochzeitstag dachte. 

Damals zitterte sie wie Espenlaub, bekam Torschlusspanik und stellte fest, dass sie noch nie mit jemanden anderes außer Michael zusammen war. Sollte sie bis zum Rest ihres Lebens nur mit Michael schlafen? Wie immer war ihre Brautjungfer und beste Freundin Danielle an ihrer Seite und streichelte ihren Rücken, der schon vor Nervosität einen Schweißfilm bildete. 

»Süße es ist schon gut. Hör mir zu«, sprach sie damals und fixierte ihren Blick. »Setz dich hier hin«, sie führte Ally zu einer Samtcouch, die in der Ecke der Garderobe stand und sie nahmen beide Platz. 

»Nun beruhige dich und versuche gleichmäßig zu atmen.« Allison tat wie ihr geheißen, konzentrierte sich und atmete stetig weiter. »Gut so, Ally«, lobte sie ihre Freundin. »Nun möchte ich, dass du die Augen schließt und tief in dich hineingehst. Vergiss, dass draußen Gäste in der Kirche auf dich warten. Stell dir einfach vor, du sitzt in meiner Wohnung, wir sind allein und hören die Red Hot Chilli Peppers.« 

Danielle ließ ein wenig Zeit verstreichen bevor sie weitersprach. »Kannst du es dir vorstellen?« Die wunderschöne Braut nickte entspannt. »Nun möchte ich, dass du an deine Zukunft denkst. So, wie du es dir vorstellst und wünschst. Was siehst du?« 

Allison kniff die Augen fest zusammen und versuchte sich ein Bild zu machen. Nach einer gefühlten Ewigkeit sah sie es. Sie sah einen Garten mit zwei spielenden Kindern. Ein Junge und ein Mädchen lachten, kicherten und tollten herum. Riefen nach ihren Eltern. 

Dann erblickte sie Michael und sich Arm in Arm, wie sie ihren zwei Kindern beim Spielen zusahen. Lächelnd drehte sich Michael an ihre Seite um und küsste ihre Stirn und da wusste sie es: Michael war der Mann und die Liebe ihres Lebens. 

Das Geräusch im Flur kündigte die Ankunft ihres Ehemannes an und riss sie aus ihren Erinnerungen. »Nun wird alles besser«, sprach sie zu sich selbst, denn seit drei Wochen war er wir ausgewechselt. Er war  dauernd schlecht gelaunt, abwesend und kalt ihr gegenüber. Seit einem Monat hatten sie nicht mehr miteinander geschlafen und Allison sehnte sich nach seinen Berührungen. 

Er trat durch die Schiebetür, die vom Wohnzimmer ins Esszimmer führte und  runzelte Skeptisch  die Stirn, als er den Esstisch, die romantische Dekoration, das Kerzenlicht und ihr Outfit sah. 

»Alles Gute zum Hochzeitstag, Schatz!«, rief sie mit ausgebreiteten Armen und ging auf ihren Ehemann zu. Die Art, wie er sie küsste und ihr gratulierte, ließ das Blut in ihren Adern gefrieren. Seine Stimme war rau und jegliche Zärtlichkeit war ihr entwichen. 

Gestern und für immer LeseprobeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt