Kapitel 9

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Kaitos POV:

Es musste Shinichi wirklich überrascht haben, dass ich mich einfach selbst bei ihm eingeladen hatte. Doch hatte ihm das Frühstück, das ich zubereitet hatte, sichtlich geschmeckt und das freute mich wirklich extrem.

Ich meinte spüren zu können, wie unsere eigentliche Rivalität mehr und mehr durch Freundschaft ersetzt wurde. Ich vertraute ihm. Und auch wenn ich zuerst gezögert hatte, hatte ich ihm etwas von mir selbst preisgegeben. Es würde nicht mehr lange dauern, bis er mich vollständig durchschaut haben würde, da war ich mir sicher.

Als ich ihn in seinem Wohnzimmer schlafen gesehen hatte, war mir die verbeulte Münze aufgefallen, die auf den Boden gefallen sein musste. Es stimmte mich unsagbar glücklich, dass er sie noch immer bei sich trug, auch wenn sie nun etwas zerbeult war. Doch was war der Grund dafür, dass es mich derart freute? Warum nur wollte ich, dass er mehr über Kaito Kuroba, über mich selbst herausfand?

Ich wusste, dass es gefährlich war, dem Detektiven immer näher zu kommen und mich an seine Präsenz zu gewöhnen. Es machte mich verletzlich, ließ mich ohne nachzudenken handeln. Immer wieder musste ich an den Augenblick denken, in welchem ich auf diesen Polizisten, der hinter dem ganzen Fall steckte, zugestürmt war. Was hätte ich getan, wenn der Boden nicht unter uns zusammengebrochen wäre? Zu dieser Zeit hatte ich mich nicht unter Kontrolle gehabt und das war mir bitter bewusst.

War das auch der Grund gewesen, weshalb ich Shinichi nicht auf seine Nachrichten geantwortet hatte? Warum ich, als die Polizei eingetroffen war, sofort verschwunden war?

Ich hatte Angst. Nicht noch einmal wollte ich jemanden verlieren, der mir wichtig war. Und Shinichi konnte ich mittlerweile zu den Personen zählen, die mir in meinem Leben viel bedeuteten. Doch machte es das nur umso schwerer. Wie oft würde er sich noch in Gefahr begeben, wenn er einen Fall bearbeitete?

Früher hatte ich mich weit weniger gesorgt, was mit ihm geschah. Was also hatte sich geändert? Er war ein fähiger Detektiv, er würde sich nicht so einfach unterkriegen lassen, und dennoch...

Nicht nur wollte ich, dass er etwas über mein wahres Ich herausfand, sondern wollte auch selbst noch mehr über ihn wissen, noch weiter in ihn hineinsehen. Was betrübt ihn? Was bringt ihn zum Lachen? Was genau begeistert ihn, entfacht sein inneres Feuer, wenn er an einem Fall dransitzt?

Doch auch beschäftigte mich, wer alles davon wusste, dass er einst als Conan Edogawa unterwegs gewesen ist. Hatte er überhaupt jemanden, mit dem er über diese Zeit reden konnte? War auch er einsam gewesen? Ohne Gewissheit, ob er je wieder in sein normales Leben zurückkehren konnte?

Ich schüttelte diese Gedanken ab. Er hatte viele Freunde um sich herum, denen er sich anvertrauen konnte. Es war Wunschdenken von mir, dass noch jemand dieses Gefühl kannte. Dieses Gefühl der Einsamkeit.

Shinichi war niemand, der so einfach aufgab. Er war stark. Und so würde auch ich stark sein. Und dennoch wurde ich dieses Gefühl nicht mehr los, das sich seit einiger Zeit schon in meiner Brust festgesetzt hatte.

Immerzu musste ich an ihn denken, hoffte, ihm erneut aus Zufall auf der Straße begegnen zu können. Ich verstand mich selbst nicht mehr.

Es war beinahe so, als ob ich... Nein, das war nicht möglich. Shinichi war ein Rivale, ein guter Freund. Ich durfte nicht zulassen, dass ich mich noch mehr in all das hineinsteigerte, es würde sicherlich kein gutes Ende nehmen. Also verdrängte ich diese Gedanken, dieses Gefühl und alles andere.

Ich hatte mit Jii-chan über die ganzen Ereignisse gesprochen. Zum einen, um mich abzulenken, zum anderen, weil er sich wirklich Gedanken um mich machte. Ich wollte nicht, dass er sich zu sehr sorgte, aber ich konnte ihn gut verstehen. Für uns beide stand viel auf dem Spiel. Wäre ich bei der Konfrontation mit dem Mörder und dem Drahtzieher des Falles auf die Einsatzkräfte der Polizei gestoßen, hätte ich nicht genau erläutern können, was für eine Rolle ich in dem Ganzen spielte.

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