09. Pony-Streichel-Date

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Nicht im Traum hätte Theresa daran gedacht, dass es nach diesem blöden Ausrutscher ihrerseits noch zu einem schönen Abend hätte werden können. Paul hatte ihr gnadenlos auf den Zahn gefühlt, sie hatte in ihren Augen etwas zu kritisch darauf reagiert und ihm dabei das erste Mal eine ihrer nicht so schönen Seiten gezeigt. Doch er hatte auch gemerkt, dass er eine Grenze angetastet hatte und sie dann respektiert. Dieser Mann war einfach großartig. Statt sie genervt links liegen zu lassen oder so zu tun, als wäre nichts gewesen, hakte er das Thema einfach ab, hatte ihr noch etwas zu trinken bestellt und sie um Verzeihung gebeten. Es gab wohl einfach NICHTS, was Paul falsch machen konnte! Und die Erzieherin lag nun mit den wachesten Augen, die man nur haben konnte, nachts um 2 Uhr in ihrem Bett und versuchte sich Mühe zu geben, das Gedankenkarussell in ihrem Kopf zu ignorieren und zu schlafen. Unmögliche Mission, wenn man doch bedachte, dass sie sich einen Paul Landers aus dem Kopf schlagen müsse. Den sie nur kennen gelernt hatte, weil sie die temporäre Babysitterin von Richard Kruspes Tochter war. Mit einem Kopfschütteln und einem lachenden Grunzen schlug sich Theresa die Hände vors Gesicht. Ja, genau so konnte man ihre Situation im Moment beschreiben. Immer noch: total VERRÜCKT! VER-RÜCKT! V-E-R-R-Ü-C-K-T! Wegen eines lukrativen, aber unscheinbaren Nebenjobs... Ja, wegen einem kleinen Nebenverdienst war sie in die Arme der Rammsteingitarristen gestolpert und konnte sich nun einfach nicht mehr von ihnen loseisen. Selbst wenn sie es gewollt hätte...! Zu ihrer leichten Enttäuschung hatten sie und Paul keine Telefonnummern ausgetauscht, er hatte ihr aber fest versprochen, sie am kommenden Freitag genau wie Richard eine Woche zuvor bei ihrer Wohnung abzuholen. Aber Richard war da schon fleißiger in seinem Mitteilungsbedürfnis. Sowohl am Sonntag, als auch am Dienstag und am Mittwoch hatte er ihr Fotos und kleine Videos von Maxime geschickt, immer mit einem lustigen oder stolzen Kommentar versehen. Dabei hatte er immer wieder betont, wie oft Maxime von ihr spreche und wie sehr sie sich auf den Freitag mit ihr und Paul freue. Am Donnerstagmittag hatte er sie sogar angerufen und gefragt, ob sie nicht kurzfristig Zeit und Lust hätte, am Nachmittag mit ihm und Maxime ins Kino und danach Eisessen zu gehen. Doch Theresas Job im Kindergarten ließ solche Spontanitäten leider nicht zu. Ein ehrlich enttäuschter Richard blieb zurück, doch in gewisser Weise konnte er natürlich schon verstehen, dass nicht jeder Otto Normalverbraucher so frei über seine Zeit verfügen konnte, wie es die sechs Rammsteinmitglieder zur Zeit tun konnten.

Theresa hatte sich so oder so gefreut, von ihm zu hören. Und dank der kurzen, kleinen Nachrichten zwischendurch kam ihr auch das sehnsüchtige Warten auf den nächsten Freitag gar nicht so lang vor. Was Paul wohl diese Woche so trieb? Verdammt. Und warum dachte sie jetzt schon wieder an Paul?! Reichte es nicht, dass sie fast täglich Nachrichten des Leadgitarristen erhielt? War sie jetzt schon wieder undankbar?! Trotz alledem würde sie den Kleineren morgen – je nachdem, wie das Treffen und die Aktion im Reitstall verlaufen würde – dann doch einmal fragen, ob sie nicht Handynummern austauschen wollten. Immerhin wollte Paul sie ja auch als Begleitung zur Kinopremiere mitnehmen, was eindeutig dafür sprach, dass nach dem Besuch mit Maxime auf dem Reiterhof anscheinend nicht Schluss sein sollte mit dem Kontakt... doch das alles musste sich erst zeigen. Theresa wollte sich nicht wieder Hoffnungen machen, wo keine waren. Am Ende wurde sie dann doch nur enttäuscht. Und außerdem hatte sie hier überhaupt keine Ansprüche zu stellen! Sie war doch letztendlich nur ein Fan wie jeder andere auch und hatte schon viel, viel mehr bekommen als jeder Rammsteinanhänger bei einem Meet and Greet oder dergleichen jeweils bekommen hatte... Doch wenn man irgendwie schon damit begonnen hatte, Blut zu lecken, war es schwer, davon wieder los zu kommen. Noch dazu, wenn diese Personen, die da plötzlich in ihr Leben getreten waren, so lebensfroh, begeisternd und herzerwärmend waren. Allein wegen der strahlenden Augen, die die kleine Maxime am Freitag machen würde, wenn sie endlich reiten dürfte, freute sich Theresa jetzt schon ein Loch in den Bauch. Und wie es danach weiterginge?! Vielleicht gefiel es der Kleinen ja auch gar nicht, oder ihre Mutter würde es in Zukunft gar nicht mehr zulassen, dass ihre Tochter mit einer für sie Fremden in Kontakt stand. Lieber immer mit dem Schlimmsten rechnen, als vom Schönsten zu träumen, ermahnte sich die Erzieherin. Bloß nicht enttäuscht werden...

Tochter der Leere - Rammstein FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt