11. "Darauf freue ich mich schon den ganzen Abend..."

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„...und dann hat der Taxifahrer Flake da wirklich einfach stehen gelassen!", brüllte Schneider vor Lachen und der Rest der Truppe stimmte am Ende der Pointe lauthals mit ein. Selbst Khira, die sich anfangs ein wenig gelangweilt gegenüber den Rammstein-Anekdoten gezeigt hatte, war nun ebenfalls gut gelaunt. Wahrscheinlich hatte sie sich solche Geschichten schon zu oft anhören müssen, als dass sie diese immer noch witzig fand. Theresa saugte sie jedoch alle auf wie ein Schwamm. Für sie war jedes Wort, jede Geschichte, jedes noch so kleine, unwichtige Detail neu, und sie hörte gerne zu. Es war wieder etwas vollkommen anderes, ob nur zwei oder dann doch schon mehrere Rammsteinmitglieder dabei waren. Es hatte den Anschein, als würden sie viel mehr über die Band reden, je mehr Mitglieder da waren. Hatten Richard und Paul noch relativ viel privates miteinander gesprochen, erzählten sie dann doch nun zu dritt deutlich mehr Bandinternes. Nicht, dass die Erzieherin neugierig gewesen wäre. Doch trotzdem hörte sie interessiert zu und nachdem sie sich bereits zwei Mal an ihrem Wein verschluckt hatte, während Paul oder Schneider eine lustige Geschichte zum Besten gaben, hatte sie sich vorgenommen, erst zu trinken, wenn der Witz schon durch war.

Mittlerweile hatte sie ihren dritten Rotwein getrunken und die Geschichten wurden demnach immer lustiger. Es machte ihr auch zu diesem fortgeschrittenen Zeitpunkt des Abends nichts mehr aus, dass sie neben den beiden Traumkörperfrauen Khira und Ulrike saß, denn niemand außer sie schien auf dieses Detail zu achten. Da sich Theresa meist in größeren Gruppen beim Reden sowieso nicht durchsetzen konnte und sie erst recht bei drei so interessanten Männern in der Runde nicht viel zu sagen hatte, beziehungsweise sich auch gar nicht traute, hatte sie Zeit genug, um jeden Charakter in dieser Runde im Laufe des Abends genau zu beobachten. Am wenigsten überraschte sie Paul. Er war gut drauf wie immer, locker, gelöst und witzig. Auch der steigende Alkoholkonsum schien dies nicht zu ändern, er wirkte einfach durchgehend entspannt und gut aufgelegt. Khira war zwar anfangs schon anzumerken, dass sie jetzt nicht wieder auf lauter Rammsteingeschichten Lust hatte, doch sie genoss anscheinend trotzdem die Zeit mit ihrem Vater und freute sich, wenn er Spaß hatte. Den ein oder anderen heimlichen Blick, den Richard Theresa zuwarf, hatte die junge Frau nicht verpasst und diesen mit einem skeptischen Gesichtsausdruck gewürdigt. Nein, ihr entgingen diese tatsächlich nicht. Ihre Augen hatten sich teilweise zu engen Schlitzen verengt, doch nachdem auch sie nach dem ersten Glas Wein nicht Halt gemacht hatte, glitt sie auch immer weiter hinüber in die Gleichgültigkeit. Die Erzieherin hingegen war eher verunsichert gewesen. Sollte Ulrike Recht behalten, und Richard baggerte einfach alles Weibliche an, was über 18 Jahre und gutaussehend war? Sie erinnerte sich jedoch auch noch lebhaft und schmerzhaft an die Worte von Paul, als dieser recht undiplomatisch geäußert hatte, dass Theresa sowieso viel zu dick und klein für Richards üblichen Frauentyp war. Vielleicht bildete sie sich diese Anmachen auch einfach nur ein. Nein, er warf ihr ja keine schmachtenden Blicke oder sonst etwas zu. Doch aus den Augenwinkeln heraus hatte sie durchaus beobachten können, dass Richards Blick, wenn er die Runde machte, dann doch ein paar Augenblicke zu lange an ihr haften blieb, als an den anderen. Doch das könnte ja vielleicht auch einfach daran liegen, dass ihm die anderen Leute hier ja sowieso bereits bekannt waren, und sie das einzig „Neue" waren, das es hier für ihn zu begucken gab?

Gott sei Dank waren ja noch Ulrike und Schneider mit von der Partie. So unangenehm Theresa die Überraschung deren Besuchs sie vor drei Stunden noch gefunden hatte, so erleichtert war sie nun, dass sie diese kleine, aber feine Runde etwas entzerrten und unverkrampften Spaß mitbrachten. Bei den beiden war sie sich GANZ sicher, dass hier weder zwischenmenschliche Interessen noch irgendwelche Eifersüchteleien im Spiel waren. Besonders sympathisch fand die Erzieherin auch, dass beide nicht nebeneinander saßen oder Händchen hielten. Sie benahmen sich fast so, als wären sie gar kein Paar, zumindest wäre dies allein von ihrem Verhalten nicht unbedingt offensichtlich gewesen. Theresa war froh, dass sie zwischen Ulrike und Schneider saß, so fühlte sie sich pudelwohl. Und sie war froh, dass sowohl Paul als auch Richard weit genug von ihr weg saßen, um nicht Herzklopfen zu bekommen. Komischerweise war sie in Schneiders Nähe, obwohl sie doch alle fast nichts anhatten, seltsam entspannt.

Tochter der Leere - Rammstein FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt