Die Hoffnung auf ein Wiedersehen (Teil 2)

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„Weiß' du, ich gewinn' immer, das is' mein Lieblin'sspiel. Deswe'en war das von Anfan' an so geplant, um dein Schiff zu begommen", pfiff Sioda und sprang über einen von Lorcans Steinen.

Er beugte sich vor, fiel fast mit der Nase auf das Spielbrett, doch Lorcans vorschnellende Hand, die sein Kinn auffing, verhinderte das. Der Niom kicherte und sah ihn aus alkoholvernebelten Augen an. Das Braun erinnerte Lorcan an den Rumpf seines Schiffes. Nasses, dunkles Eleovendroholz, das Heimat und Freiheit zugleich bedeutete. Er versank regelrecht darin. Lorcan biss sich auf die Lippen und ein Schmunzeln schlich sich in seinen Mundwinkel.

Mal sehen, ob Sioda wirklich am Ende gewann oder er da auch noch ein Tönchen mitzupfeifen hatte. Sanft drückte er Siodas Kopf wieder in eine aufrechte Position. Langsam fuhr er mit seinem Finger das Kinn entlang. Bartstoppeln kratzte über seine Kuppen und mit dem Zeigefinger verharrte er kurz an der äußersten Stelle, ehe er das Kinn des Nioms losließ.

Sein Blick wanderte über Siodas Gesicht, saugte sich an jedem Detail fest. Die Haut war nicht wie bei anderen Niomfi fast weiß, sondern hatte einen leichten Grünstich.

Interessant, was es wohl damit auf sich hatte ...

Das kannte er sonst nur von den Ophiri, ihren „Süßwasserverwandten", wenn man sie so nennen wollte. Obwohl sie hatten bis auf den Lebensraum Unterwasser und der Kiemenatmung nicht viel gemein. Der Hautton verstärkte seine Assoziation mit Holz und der Augenfarbe noch mehr. Diese verbotenen Holzmeere wurde von hohen Wangenknochen und dichten Wimpernkränzen umrahmt. Siodas Lippen ...

Lorcan schluckte und leckte sich über seine eigenen, während er Siodas Mund fixierte. Sie waren schmal und seine Mundwinkel zeichneten einen natürlichen Schwung nach unten. Dennoch wirkten sie sanft und wisperten Lorcan mit der Art, wie sie geöffnet waren, Versprechungen von Sinnlichkeit entgegen. Instinktiv neigte er sich vor, fuhr mit der Hand das Haar des anderen Nioms. Er fühlte die die weichen Locken zwischen seinen Fingern, blickte kurz in Siodas Augen, die sich erwartungsvoll schlossen. Noch ein Stück weiter neigte sich Lorcan vor. Gleich würden seine Lippen auf Siodas liegen und ...

Jungs, ihr versperrt das Spielfeld. Ihr könnt das auch später noch machen", funkte Arianwen dazwischen, schob ihre Hände zwischen ihre Gesichter und drückte sie auseinander.

Anfangs hatte er kurzzeitig gedacht, die beiden wären ein Paar, dann war ihm aber der Geruch der beiden in die Nase gestiegen. Herb und doch irgendwie süßlich. Sie waren definitiv Geschwister, was sich über den Abend nur noch weiter herauskristallisiert hatte.

Schwankend ließ sich Sioda zurücksinken und nahm grummelnd den Spielstein an sich, den er sich vor ihrem intimen Moment erhobert hatte. Sah Lorcan da Enttäuschung in Siodas Schiffsaugen aufblitzen oder war das nur sein eigenes, alkoholisiertes Gehirn?

Auf jeden Fall, ein Gedanke, der wert war, weiterverfolgt zu werden ...

Spielverderberin", sang Lorcan und streckte sich. Ihm entging nicht, wie sich Siodas Blick an seiner Brust festsog und jede seiner Bewegungen genau beobachtete.

Oh ja, das würde definitiv noch spaßig werden.

Lorcan wusste nicht, woher sein Interesse an dem Niom am und weshalb er so offensiv verführte, auch wenn er bisher noch nie das Verlangen verspürt hatte, mit einem anderen Mann intim zu werden. Doch Sioda hatte etwas an sich oder es war schlicht der Alkohol, der aus ihm sprach. Der trieb ihn immer zu den skurrilsten Exzessen. Eigentlich wollte er auch gar nicht so genau darüber nachdenken. Das war viel zu anstrengend und trübte den Spaß.

Das vielleicht, aber eine, die am Gewinnen ist", flötete Arianwen und grinste, während sie ihre Mauer schloss und einen von Lorcans Steinen nahm.

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