Prolog

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Irgendwo muss es doch einen Weg aus dem Schloss geben. Ich wurde von der Armee und vom Zauberer höchstpersönlich verfolgt. Er hatte es geschafft meine ganzen Leibwachen gegen mich aufzulehnen.

„Bleib doch stehen. Ich will dir doch nichts tun", log ebendieser Zauberer. „Wenn du aufgibst, kannst du eine meiner Leibwachen sein."

Ich wollte nicht meine Zeit damit verschwenden, ihm eine Antwort zu geben. Schließlich könnte dies mein Ende bedeuten. Mir kam der Hinterausgang im Sinn. Den hatte ich errichten lassen, falls alle Stricke reißen. Dies war nun der Fall. Schnell rannte ich zu einer Statue, die sich in meiner Nähe befand. Sie besaß eine Einkerbung, die perfekt an meinen Körper angepasst wurde. Ich stellte mich in sie und fühlte, wie sie mich immer mehr verschlang.

„Wo ist sie hin?", hörte ich noch vom Zauberer. „Das kann doch nicht wahr sein. Wenn das Volk mitbekommt, dass die Königin lebt, kann es einen Aufstand geben."

Ich befand mich nun in einem Geheimgang, der geradewegs zu meiner ehemaligen Erzfeindin führte, Salix Fora. Es blieb mir aber nichts anderes übrig, als mich zu ihr zu begeben.

Je näher ich Salix Town kam, desto mehr merkte ich, dass der Zauberer den Geheimgang ausfindig gemacht hatte. Zur Sicherheit verwandelte ich mich in eine Fee.

Und ich hatte mit meiner Vermutung recht. Kurz darauf erschien der Zauberer. Er sah mich an. „Komisch, ich könnte schwören können, dass ich eben noch Königin Alice gesehen habe."

Zur Tarnung aber lag mein menschlicher Körper am Boden. Ohne ihn konnte ich mich nicht mehr zurückverwandeln, aber das war mir grundlegend egal. Meine Vampirkraft blieb bestehen.

„Hast du Alice umgebracht?", fragte er mich. Doch kurz bevor ich antworten konnte, unterbrach er mich. „Ich benötige keine Antwort. Alice ist tot. Das ist wohl das Beste, was ich heute mitbekommen habe. Viel Spaß in Salix Town." Darauf verschwand der Zauberer.

Hoffentlich komme ich bald wieder in den Besitz meines echten Körpers. Ich mochte meinen Vampirkörper einfach zu sehr.

Ich kam immer näher zum Eingang in die Stadt der Feen. Innerlich hoffte ich sehr, von Königin Salix anerkannt zu werden. Aber mein Gewissen versuchte mir immer die Befürchtung einzupflanzen, dass ich sofort ins Gefängnis landen würde, weil meine Taten nicht gerade die besten waren. Du schaffst es schon, Alice.

„Halt, stehen bleiben." Eine Grenzwache begutachtete mich. „Du ähnelst Königin Alice sehr. Aber ich denke, da bin ich wohl zu oberflächlich. Ich hätte gerne deinen Ausweis."

Ich kratzte mich verlegen am Kopf und sah um mich. Es gab keinen Weg, ihm auszuweichen. „Ich habe leider keinen Ausweis."

Die Wache schnaufte. „Das hatte ich mir schon gedacht. Dann muss ich dich zu Königin Salix bringen. Sie wird entscheiden, wie mit dir vorgegangen wird", erklärte er. „Folge mir."

Ich folgte ihn auf Schritt und Tritt. Währenddessen sah ich mich um. Überall sah ich zufriedene Einwohner, die fleißig ihre Arbeit verrichteten. Sie beschwerten sich kein bisschen. Anders, als ich es von meiner Regierungszeit kannte. Sie macht eindeutig etwas richtig, im Gegensatz zu mir.

Wir näherten uns dem Schloss. Ich wollte in meiner Zeit als Königin schon lange dieses Schloss einnehmen, doch es gelang mir nie. Bis ich schließlich einen Friedensvertrag mit ihr beschlossen hatte, weil ich nicht wirklich gegen sie ankommen konnte. Dafür war ich einfach zu schwach. Sie besaß ein Wissen, das niemand anderes erlangen konnte.

„Bringt sie zu Königin Salix", befahl die Grenzwache der Schlosswache. „Sie hat keinen Ausweis und muss deswegen ein Urteil von der Königin höchstpersönlich erhalten."

„In Ordnung. Folge mir. Ich werde dich zur Königin geleiten."

Ich folgte nun der anderen Wache. Anderes blieb mir nicht mehr übrig. Überall standen Soldaten, die mich jederzeit ausschalten könnten, wenn ich versuchen würde zu fliehen. Die Überwachung war nicht von schlechten Eltern. Da könnte ich mir sogar eine Scheibe von abschneiden.

Wir näherten uns einem großen Tor. Dahinter muss sich bestimmt die Königin befinden.

Die Grenzwache öffnete es. „Ich werde hier stehen bleiben. Mir steht es nicht zu, mit der Königin zu reden. Erkläre ihr den Grund, warum du hier bist und sie wird ihr Urteil fällen. Sag keine Lügen, denn sie weiß, wenn du lügst."

Ein Baum stand vor mir. Ich dachte, ich wäre an der falschen Adresse geschickt worden, bis ich mich wieder daran erinnerte, dass meine Schwester sie in einen weisen Baum verwandelte.

„Nenne deine Tat."

„Ich bin Alice Giganta, ehemalige Königin über das magische Gebiet von Varyla. Ich habe keinen Ausweis für Salix Town und wurde nun hierhin geschickt, um Euer Urteil zu hören", erklärte ich ihr aufrichtig.

„Nun, wenn das so ist." Der Raum erhellte sich und der Baum schrumpfte immer mehr, bis nur noch eine Elfe zu sehen war. „Es tut mir leid für dich, dass deine Herrschaft fallen musste. Ich habe von dem Zauberer gehört, schließlich wollte er zuerst mein Königreich einnehmen."

Gerade jener Fakt zog meine Stimmung weiter herunter. Ich hatte einen Herrschertitel über ein größeres Gebiet. Und was war daraus geworden? Es wurde eingenommen von jemanden, der gegen eine anderen Königin verloren hatte.

„Ich denke, es ist nicht an der Zeit, sich selbst die Schuld zu geben", munterte sie mich auf. „Ich möchte dir dafür einen anderen Titel überreichen."

„Und der wäre?"

„Ich überreiche dir den Titel der Bürgermeisterin über Salix Town." Auf ihrer Handfläche erschien ein Ausweis, der aus Blättern hergestellt wurde. „Hiermit kannst du dich ausweisen. Viel Spaß mit deinem neuen Titel, Bürgermeisterin."

Mein altes Leben musste ich nun hinter mich lassen. Ein neues konnte beginnen. Mir war es wichtig, dass ich nicht auch bei Salix Town das Volk verärgerte, weswegen ich auf den Weg nach draußen nochmal überlegen musste, wie ich da am besten vorgehen könnte. Ich könnte ja Feierlichkeiten planen. Bestimmt wird das Volk das lieben.

Die Grenzwache stoppte mich. „Dann würde ich gerne deinen Ausweis sehen." Ich zeigte ihm den Ausweis. „Oh, entschuldigen Sie, dass ich Sie gedutzt habe. Einer Bürgermeisterin sollte man mehr Ehre erweisen."

„Wüsstest du vielleicht, ob hier in Salix Town ein Haus freisteht?"

Er überlegte kurz. „Kurz überlegen. Ja, in der Nähe müsste es ein leerstehendes Rathaus geben, das speziell für den letzten Bürgermeister errichtet wurde."

„Könntest du mich dahin bringen?", fragte ich ihn.

„Sehr gerne, Bürgermeisterin."

Ich wurde zum Rathaus gebracht. Die Außenwand zeigte verschiedene Blattsorten auf, während es innen viele Kronleuchter in Form von Blättern gab. Einfach erstaunlich.

Mal sehen, was die Zukunft bringen wird.

Veronika Shadow - Die ProphezeiungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt