Vor uns zeigte sich langsam das Haus von meiner Tante. Es sah von außen ganz gewöhnlich aus. Ich kannte keinen Grund, warum gerade sie mehr zu der magischen Welt wissen konnte.
„Achte nicht auf das Äußere, Veronika", teilte Mutter mit. „Meine Schwester gibt immer äußerlich vor, ganz normal zu sein."
Ich stieg aus. „Dann wünsche ich dir noch einen schönen Tag Mama."
„Den wünsche ich dir auch." Sie schaute wieder nach vorne und fuhr weg.
Ich näherte mich dem Haus von meiner Tante. Bei einem Fenster konnte ich schon leicht erkennen, wie sie lebte. Die Räume waren sehr dunkel gestaltet. Leider konnte ich gerade wegen ebendieser Dunkelheit nicht viel erkennen. Ich betätigte die Klingel.
Die Tür ging auf. „Wer ist da?", fragte meine Tante. Sie schaute um sich bis sie mich erblickte. „Oh, und du bist?"
„Kennst du mich?" Verwirrt schaute ich zu ihr. „Hat meine Mutter mich noch nie vorgestellt?"
Sie betrachtete mich genauer an. „Nein, meine Schwester hat mich nicht mehr besucht, seit dem ich von meinen Erlebnissen in der magischen Welt ihr berichtet habe."
„Du warst also wirklich auch da?"
„Also kennst du die magische Welt?" Die Mimik meiner Tante wechselte von grimmig auf freundlich. „Das hättest du mir früher sagen sollen. Hallo, ich bin Aurora Shadow."
Ich schüttelte ihre Hand. „Freut mich dich kennenzulernen, Tante Aurora. Ich bin Veronika Shadow, deine Nichte."
„Also habe ich eine Nichte", sagte sie und hüpfte vor Freude. „Das ist das schönste was ich von meiner Schwester hören kann. Sie hat sich häufig geweigert ein Kind zu bekommen. Es war ihr wichtig, erst Kontakt mit dieser magischen Welt aufzubauen."
Ich betrachtete meine Umgebung. Überall standen Särge. In anderen Räume lagen sie sogar auf den Boden. „Bist du ein Vampir?", fragte ich sie.
„Wo denkst du hin?" Sie grinste. „Ich bin nur ein einfacher Mensch, der einfach eine Vorliebe zu Vampire gefunden hat. Also benehme ich mich auch wie einer."
Leicht konnte ich erkennen, dass sie Vampirzähne besaß. „Und sind die Vampirzähne echt oder sind sie behandelt worden?"
„Eine gute Frage." Sie drehte ihr Kopf zu mir weg. „Das wird aber wohl ein Geheimnis bleiben."
Wir kamen im Wohnzimmer an. Es war sehr schön eingerichtet. Fast überall gab es Sitzmöglichkeiten, die einen Blick auf den Flachbildschirm werfen konnten. „Eines muss man dir auf jeden Fall sagen. Du weißt, wie man Räume einrichtet."
„Wenn du dich an Räumlichkeiten interessierst kannst du dich in den anderen Räumen umsehen", schlug Tante Aurora vor. „Vielleicht gibt es etwas Schönes zu sehen."
Ich dachte nicht länger nach und sah mich in den Räumen um. Leider waren die anderen nicht so spektakulär eingerichtet. Überall standen diese Särge, die einen den Eindruck brachten, man wäre in einem Spukhaus. Vielleicht ist das sogar ein Spukhaus.
„Man weiß nie. Manche Sachen sind anders als man denkt."
Ich ging einen Stock nach oben. Ein langer dunkler Gang erwartete mich. Im Hintergrund lief eine gruselige Musik. Der geheimnisvolle Raum kam immer näher. Vor ihm stand ganz groß SCHLAFZIMMER. Schnell sah ich hinter mich. Es war mir wichtig, dass niemand mich dabei beobachtete. Tante Aurora hatte erlaubt jeden Raum zu betreten. Doch ich wusste nicht, ob sie dabei auch ihr Schlafzimmer meinte.
Das Zimmer an sich sah wie eine große Bibliothek aus. Kein Bett, kein Nachttisch. Nur Bücher und Zeitungen. Wie soll man denn ohne Bett schlafen?
„Ich hätte nicht gedacht, dass du mein Schlafzimmer betrittst", gab Tante Aurora von sich.
Verwirrt schritt ich nach hinten und stolperte über ein Buch, das im Weg stand. „Wie kommst du plötzlich her? Ich könnte schwören vorher nochmal nachgesehen zu haben, dass jemand da ist."
„Na gut, ich kann es wohl nicht mehr länger verheimlichen." Sie rannte sehr schnell in der Bibliothek hin und her. Die Bücher las sie in Hochgeschwindigkeit durch. Alles was ein normaler Mensch im Normalfall nicht schaffen könnte. „Ich bin ein Vampir. Einst eine Leibwache von Kaiserin Varyla. Sie wurde aber vor vielen Jahren von ihrer eigenen Schwester gestürzt und kam anschließend an die Macht. Der Grund warum ich jetzt hier wieder wohnen muss."
„Alice ist doch nicht mehr die Herrscherin", erklärte ich. „Der Zauberer hat sie vom Thron gestürzt. Auch wenn er eigentlich Angst vor Vampiren hat."
Meine Tante konnte ein Lachen nicht verkneifen. „Das nenne ich ja mal einen guten Herrscher. Es gibt viele Vorteile, dass er an der Macht nun ist. Doch gerade der Fakt, dass die mächtigste Königin fällt, zeigt schon, dass der Zauberer mehr Macht besitzt. Das sollten wir nicht unterschätzen."
„Ja, da hast du recht. Man sollte solch eine Situation nicht unterschätzen." Ich saß mich auf einen Stuhl, der höchstwahrscheinlich zum normalen Lesen verwendet wurde. „Der Zauberer hätte mich auch schon bekommen. Ich bin vermutlich der erste Mensch, der es geschafft hat, vor ihm zu fliehen."
„Wie kommt das denn?", fragte meine Tante neugierig.
„Ich habe eine innere Stimme, die mir manchmal Tipps gibt."
„Du wirst immer interessanter, Veronika."
Es klingelte. Die Stimmung senkte. Irgendwie kam das Gefühl in mir auf, dass vor der Tür eine Gefahr auf uns wartete. Eine Gefahr, die unseren Tod bedeuten könnten, wenn wir nicht aufpassen.
„Ich geh vor", sagte Tante Aurora. „Man weiß nie, wer uns gefunden hat. Schließlich kennt dich schon der Zauberer. Du warst einige Zeit draußen gewesen."
Leider hätte ich auch nichts gewusst, was ich anders machen könnte. Weil alle Sachen, um ins Haus zu kommen, Aufmerksamkeit auf sich ziehen konnte.
„Mach dir keine Sorgen, Veronika." Sie lag eine Hand auf meine Schulter. „Du hättest es nicht verhindern können. Sie sind wahrscheinlich hinter mir her."
Wir schlichen vorsichtig zur Haustür.
„Nicht die Tür öffnen! Ich spüre eine dunkle Aura", warnte mich die innere Stimme.
Doch anscheinend hörte nicht nur ich die Stimme, sondern auch Tante Aurora. Sie sah zu mir. „Das ist aber interessant. Deine Stimme kann auch mit anderen kommunizieren." Doch sie hörte nicht auf der Warnung und öffnete die Tür. „Es ist doch keiner da." Sie schaute genauer nach draußen. „Ist das ein Klingelstreich gewesen?"
„Nein, ganz bestimmt nicht. Das ist ein Hinterhalt", kam es von hinten. „Jetzt ergebt euch."
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Veronika Shadow - Die Prophezeiung
FantasyGerade als Veronika ein Leben als Mensch genießen wollte, kam alles anders als erwartet. Ein rachsüchtiger Zauberer, der die Macht des magischen Königreiches an sich gerissen hat, möchte plötzlich Veronika an den Kragen. Und das nur wegen einer Prop...