Kapitel 4

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Ich muss alles Mögliche in Erwägung ziehen, um die Schüler zu retten. Aber woher kam der Sinneswandel? Sie haben es nicht verdient gerettet zu werden, nach alledem was sie mir angetan haben und mich fühlen ließen.

Meine besten Freunde wendeten sich ab, redeten kein Wort mehr mit mir und ich galt für unsichtbar. Nach und nach verschwand ich von der Bildfläche und meine Seele verblasste. Somit wurde Einsamkeit zu meinem neuen Begleiter.

Sie alle wollten nichts mit mir zu tun haben, was auch verständlich war. Wer wollte sich schon mit einer so gestörten Person wie mir abgeben? Und jetzt sollte ich ihnen helfen?

Ich bin nicht das Monster, welches sie ihn mir sehen. Und jetzt habe ich die Möglichkeit ihnen das Gegenteil zu beweisen. Aber wie? Ich habe vor längerer Zeit mal einen Selbstverteidigungskurs absolviert, aber mir war klar, dass ich es auf gar keinen Fall mit diesem Schrank aufnehmen könnte. Ich musste sie irgendwie warnen. Da fiel mir das Buch „54 Minuten- Jeder hat Angst vor dem Jungen mit der Waffe" von Marieke Nijkamp ein, welches wir vor einigen Monaten als Ferienlektüre lesen mussten. Das Buch handelt von einem Amoklauf an einer Highschool. Die Schüler wurden über eine Lautsprecheransage in Kenntnis gesetzt, in dem ihnen gesagt wurde, dass Frau Koma kommt, was von hinten nach vorne gelesen Amok heißt.

Ich richtete mich auf und schaute suchend über den großen Schreibtisch, auf dem ein großer Computer sowie Tastatur stand und drumherum sämtliche Akten und Formulare. Mein Blick stoppte, als ich fündig wurde. Ich schob mir den Schreibtischstuhl an den Tisch und setzte mich aufrecht vor das Gerät. Ich überlegte überraschenderweise nicht lange wie ich die Sache angehen sollte, sondern drückte direkt den Knopf, der daraufhin rot aufleuchtete. Nach einem kurzen Summen atmete ich einmal tief ein und wieder aus und sprach die Worte „Frau Koma kommt" in den Lautsprecher. Das Echo hallte durch das gesamte Gebäude. Meine Stimme war rau, kein Wunder, mein Mund war staubtrocken und ich habe seit heute Morgen nichts mehr getrunken. Nachdem ich fertig war, löste ich meinen Finger von dem Knopf und ließ meinen Kopf in meine Handflächen stürzten. Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet mir sowas passiert? Ich fühle mich wie in einem schlechten Film oder in einer Fernsehshow. Ich wartete vergeblich darauf, dass ein verstecktes Kamerateam durch die Tür gestürmt kommt und mir vergewissert, dass das alles nur ein schlechter Scherz war. Es ist schon wieder passiert, ich bin mit meinen Gedanken abgedriftet und habe vollkommen vergessen, dass sich über mir ein Mörder befindet, der im Begriff war Schüler mit einer Pistole zu erschießen. Ich hoffte inständig, dass sowohl die Schüler, als auch die Lehrer meine verschlüsselte Warnung verstanden haben. Hastig stand ich auf und taumelte direkt wieder in den Stuhl zurück. Nachdem die Sternchen vor meinem Inneren Auge verschwunden waren, setzte ich mich erneut auf, diesmal aber um einiges langsamer. Ich lief im Raum auf und ab. Normalerweise machte mich das wahnsinnig, wenn ich jemandem dabei zusah, aber ich hoffte ich könnte damit Klarheit in meinem Kopf schaffen. Als mein Blick über das Fenster wich, zuckte ich zusammen. Mein gesamter Oberkörper und mein Gesicht spiegelten sich in der Scheibe. Ich sah schrecklich aus. Über meine Stirn liefen Schweißperlen und meine Augen waren von dunklen Schatten untermauert. Bevor ich weiter mein Aussehen analysieren konnte, versetzte mir etwas einen tiefen Stich in die Magengrube. Ich habe dieses Geräusch heute zum ersten Mal in meinem echten Leben gehört und gehofft, es wäre gleichzeitig das letzte Mal gewesen. Ich hörte einen lauten Schuss.

Fall- Wenn du fällst, dann fällst du mit dem Gedanken, dass dich niemand fängt.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt