Kapitel Neunzehn

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Joyce

Am nächsten Morgen weckte mich laute Musik auf. Noch bevor ich die Augen öffnen konnte, wusste ich bereits, woher diese kam. Nämlich aus der Küche.

Mitten beim strecken entkam mir ein kleines Lachen als ich meinen Bruder ziemlich schief singen hörte. Natürlich konnte er nicht singen, aber das hatte ihn noch nie gestört. Solange die Musik stimmte, zeigte er alles, was er eigentlich nicht konnte.

Nach einem kurzen gang ins Bad machte ich mich auf dem Weg in die Küche und entdeckte Regi tatsächlich, leicht tänzelnd vor dem Herd, während die Musik aus dem Radio spielte und er das Frühstück vorbereitete.

Für einen Moment blieb ich am Durchgang stehen und beobachtete ihn einfach nur dabei. Er hatte mich kein bisschen bemerkt und fühlte sich selbst. Es war wirklich Filmreif, was er da veranstaltete, doch leider hatte ich mein Handy im Schlafzimmer liegen gelassen.

Doch in dem Moment, in dem er sich herumdrehte und gerade auf voller Kehle singen wollte, sah er mich und stockte. Als wäre er plötzlich eingefroren stand er da und starrte mich mit großen Augen an, während ich mir mein Lachen verkneifen musste.

>>Wenn da das aufgenommen hast, dann mach' ich dich kalt<<, sagte er mit einem mal.

Sofort hoch ich meine Arme hoch und präsentierte ihm meine leeren Hände. >>Kein Handy, Bruderherz<<, lachte ich. >>Aber das wäre es wirklich wert gewesen.<<

Grimmig starrte er mich an und beobachtete mich dabei, wie ich mich in Bewegung setzte und auf den Küchentisch zuging, nur um mich anschließend zu setzen.

>>Warum bist du jetzt schon wach? Du bist doch vor ein paar Stunden erst nach Hause gekommen<<, fragte er leicht verwirrt.

Mit abgehobener Augenbraue sah ich ihn an. Was war das denn für eine Frage? >>Bei diesen Lärm kann man doch nicht schlafen<<, erwiderte ich und zeigte dabei auf das spielende Radio.

Als er bemerkte, was ich meinte, sah er mich geschockt an und zog die Luft scharf ein. >>Scheiße, tut mir leid. Ich hab nicht nachgedacht.<<

>>Schon gut. Ich schlafe ohnehin nicht viel<<, versuchte ich ihn zu beruhigen, doch das schien sein schlechtes Gewissen kein bisschen zu mildern. Also versuchte ich gleich ein anderes Thema aufzuschlagen. >>Hast du schon alles gepackt?<<

Die Tatsache, dass Reginald in wenigen Stunden, wieder nach Hause fliegen würde, war schon bedrückend. Nach so vielen Jahren, in denen wir keinen Kontakt zueinander hatten, wünschte ich mir, wenigstens noch ein paar Tage länger mit ihm zu haben. Doch es ging nicht. Zum einem, da sein Flug bereits gebucht war und zum anderen, da ich wusste, dass er seine Frau und sein Kind vermisste. Dieses mal aber, würden wir in Kontakt bleiben, das war sicher.

>>Ich denke, ich hab alles<<, erwiderte er, doch dieser leichte Unterton in seiner Stimme war mir nicht entgangen. Mir war klar, dass auch er noch etwas länger hier geblieben wäre. Doch seine Familie war zu weit weg und von ihnen so lange getrennt zu sein, war für ihn auch nicht einfach.

Regi stellte mir eine volle Kaffeetasse hin, die ich sogleich dankend ergriff. >>Lass ich dich wenigstens zum Flughafen bringen.<< Ich wusste zwar, dass er sich ein Taxi rufen wollte, doch so konnte ich wenigstens noch ein wenig länger bei ihm bleiben.

Für einen Moment sah er mich nachdenklich an. Dachte darüber nach meine Bitte auszuschlagen, doch letztendlich nickte er zustimmend zu und setzte sich zu mir, nachdem er den Tisch fertig gedeckt hatte.

>>Dann müssen wir nach dem Essen los. Schaffst du das?<<

Mit einem Daumen nach oben, biss ich in mein Brot rein und stürzte mich beinahe über das Essen. Ich hatte gar nicht bemerkt, wie hungrig ich eigentlich war. Obwohl das recht selten, so früh am Morgen passierte.

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