Kapitel 10 - Das Versprechen

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Die Tage wurden kürzer, die Nächte wurden kühler und ehe man sich versah, klopfte der Winter mit den ersten Schneeflocken im Gepäck an die Tür. Freudestrahlend drehte ich mich mit ausgestreckten Armen im Kreis und blickte in den wolkenbehangenen Himmel, der mir das schönste Geschenk auf Erden bescherte: Schnee. Ich liebte es einfach, wenn die kleinen Flocken vereinzelt auf meiner Haut schmolzen und angenehm kühle Stellen hinterließen. Ich liebte es, dass der Winter den dreckigen Rest vom Herbst mit seiner weißen, prachtvollen Schneedecke schon bald gänzlich überdecken würde. Ich liebte die klare, frische Luft, das Geräusch des Schnees, der langsam zu Boden viel, die frischen Fußspuren im Schnee. Ja, selbst die Eiseskälte, die mich als totale Frostbeule besonders quälte, liebte ich, denn all dies belebte mich. Zu keiner Zeit im Jahr fühlte ich mich so lebendig wie im Winter, für mich war diese Jahreszeit einfach magisch und wunderschön. Besonders liebte ich jedoch die Momente, die ich mit meinen Freunden draußen im Schnee verbringen durfte, denn so etwas hatte ich in meinem Leben noch nie erleben dürfen. Gedankenverloren starrte ich in die Ferne.

Natürlich hatte ich damals ein paar Muggel als Spielgefährten gehabt, aber nachdem einige Schüler auf der Muggel Grundschule angefangen haben Gerüchte über mich zu verbreiten, da ich nun mal anders war, wollte schon bald keiner mehr was mit mir zu tun haben. Auch Kinder können grausam sein. So verbrachte ich meine Pausen alleine. Man könnte sich jetzt fragen, warum eine junge Hexe auf eine Muggel Schule geschickt wurde und glaubt mir, vor allem an den Tagen, an denen die Kinder in der Schule besonders gemein zu mir waren, fragte ich dieses Oma sehr oft, aber rückblickend bin ich ihr sehr dankbar dafür. Ich habe dort viel gelernt, was mir meine Oma niemals hätte alleine beibringen können. Außerdem habe ich gelernt was es heißt von Menschen gemieden zu werden, der Außenseiter zu sein. Ich habe mir geschworen niemanden zurück zu lassen, ich würde niemanden zum Außenseiter werden lassen. Das für mich Wichtigste lernte ich jedoch in meinem zweiten Schuljahr bei einem Ausflug zum Weihnachtsmarkt, denn dort entdeckte ich einer meiner größten Leidenschaften, natürlich neben Kräutern und Tränken - Schlittschuhlaufen. Auch wenn die Eisfläche winzig und überfüllt war, so fühlte ich mich noch nie zuvor so lebendig und frei. Ich werde nie das Gefühl vergessen, als ich das erste Mal einen Fuß auf die Eisfläche gesetzt habe. Und auch nie die Blicke meiner Mitschüler, da ich sofort sicher ein paar kleine Runden drehen konnte, während sie sich am Rand abstützen mussten. Seitdem verging kaum ein Winter, in dem ich nicht in den Pausen auf dem Schulhof auf den zugefrorenen Pfützen herum schlitterte. Die größte Freude bereitete mir jedoch der große See in einem nahegelegenen Park, zu dem Oma und ich gingen, wenn die Eisschicht dick genug war. Hier konnte ich stundenlang über die Eisfläche gleiten, natürlich mit Schlittschuhen, die mir Oma besorgt hatte. Bei dem Gedanken an meine ersten eigenen Schlittschuhe bildete sich ein breites Grinsen auf meinen Lippen. Gedankenverloren ließ ich meinen Blick über den Boden des Innenhofes schweifen und entdeckte tatsächlich eine kleine Eisfläche. Gerade, als ich mich umdrehte und einen Schritt auf die gefrorene Fläche setzte, traf mich mit voller Wucht ein Schneeball am Hinterkopf, ich verlor mein Gleichgewicht und landete ziemlich unsanft im Schnee.

,,Lektion 1, immer achtsam sein", ertönte eine Stimme hinter mir, die ich als Fred identifizieren konnte. ,,Und drehe besonders diesen beiden hier unter keinen Umständen den Rücken zu", ergänzte Lee, der sich den Hinterkopf rieb und wütend zu den Zwillingen guckte, die lachend auf uns zu kamen. ,,Alles in Ordnung?", grinsend hielt mir Fred seine Hand entgegen, die ich ohne zu zögern ergriff. ,,Ja, alles in Ordnung", erwiderte ich und zog ihn mit einem kräftigen Ruck zu mir auf den Boden. Fred sah mich nur verdattert an. ,,Lektion 1, immer achtsam sein", machte ich ihn mit einer tadelnden Geste nach und lachte. Auch er stimmte mit ein schaufelte als Rache Schnee auf mich, den ich auf ihn zurück lud. ,,Wir gehen schon mal vor", verabschiedeten sich schließlich Lee und George, die das Spektakel nur kopfschüttelnd verfolgt hatten. ,,Bis gleich", rief ich ihnen nach, stand auf und klopfte mir immer noch schmunzelnd den Schnee von der Kleidung. Fred tat mir gleich und richtete seinen Blick in die Richtung, in die ich gerade gedankenverloren gestarrt hatte. ,,Was gibt's da zu sehen?" Belustigt schaute ich Fred dabei zu, wie er angestrengt in die Ferne starrte. ,,Das solltest du mir beantworten können, du schienst da gerade irgendwas fixiert zu haben, aber ich weiß nicht was, ich sehe hier nur Weiß." Lachend schaute ich ihn an. ,,Wenn ich in meine Tagträume eintauche, dann starre ich alles an, ohne es zu merken. Gefährlich wurde das einmal im Zaubertranke Unterricht, als mein Blick beim Träumen auf Snape hängen blieb." Fred prustete los. ,,Er fand das leider nicht so lustig, habe mir 15 Punkte eingefangen". Langsam liefen wir nebeneinander zurück ins Schloss vorbei an der großen Halle, wo sich die Schüler gerade zum Mittagessen versammelten. Da unsere Kleidung durchnässt war, beschlossen wir uns jedoch erst mal umzuziehen. Im Gemeinschaftsraum angekommen blieb Fred stehen. 

Fragend sah ich ihn an. ,,Sag mal Krümel," begann Fred und sah mich leicht beunruhigt an. ,,Ist alles ok mit dir? Ich habe dich da gerade zwar nur von der Seite gesehen, aber du hast irgendwie traurig ausgesehen. " ,,Also sollte mich der heimtückische Schneeballangriff aufheitern?", fragte ich ihn belustigt und er lachte kurz auf. ,,Ich habe an damals gedacht, an meine Schulzeit.", klärte ich Fred auf. ,,Deine Schulzeit? Warst du etwa auf einer Muggel Schule?" Ich nickte und schaute dem Schnee draußen beim Fallen zu. Ich hörte ein leises rascheln, Fred hatte sich hingesetzt und klopfte auf den Platz neben sich. Langsam drehte ich mich zu ihm um und zog eine Augenbraue hoch. ,,Was?", fragte Fred unschuldig. ,,Das klingt nach einer langen Geschichte und die will ich mir im Sitzen anhören." Lachend setzte ich mich zu ihm und winkelte meine Beine an. ,,So lang ist die gar nicht. Und auch nicht so wichtig." ,,Aber anscheinend wichtig genug, um dich traurig zu stimmen.", erwiderte er etwas ernster. Ich nickte kurz. Sollte ich ihm wirklich davon erzählen? Davon, wie einsam ich war? Ohne Eltern, ohne Freunde. Ich holte einmal tief Luft und begann zu reden. Da er sich anscheinend mit oberflächlichen Antworten nicht zufrieden gab, holte ich etwas mehr aus und erzählte ihm die Kurzfassung von allem. ,,Weist du, ihr seit meine ersten, richtigen Freunde", beendete ich meinen kleinen Redeschwall und lächelte leicht traurig. Wir schwiegen einen Moment, keiner schien zu wissen was er nun sagen sollte. Langsam wurde ich nervös, warum hatte ich ihn auch mit meinen blöden Gedanken belästigt? Hielt er mich jetzt auch für komisch? ,,Scheint so, als müsste ich dich öfter mit Schneeballangriffen aus deinen Gedanken reißen", sagte Fred schließlich stumpf und lächelte mir aufmunternd zu. Erleichtert seufzte ich. ,,Das bleibt unter uns, versprochen?", fragte ich ihn leise. Er nickte nur stumm. Bevor sich erneut eine unangenehme Stille ausbreiten konnte, änderte Fred das Thema. ,,Was genau ist denn so toll an diesem Schlittschuhlaufen?" Belustig schaute ich Fred an. Hatte er etwa noch nie was davon gehört? Ich erklärte ihm grob was für einen Spaß das machte und geriet schnell ins Schwärmen. Dabei bemerkte ich nicht, wie sein Blick weicher wurde und er mir leicht lächelnd genau zuhörte und ein paar Mal bestätigend nickte. ,,Also bedeutet dir das Eislaufen etwa so viel wie mir das Fliegen.", stellte Fred nach meinem Monolog fest und ich nickte begeistert. ,,Nirgends fühle ich mich so frei wie auf dem Eis, umgeben von der Kälte und dem kratzenden Geräusch der Kufen". Fast schon Sehnsüchtig stand ich auf und blickte zum großen See, der noch nicht vollständig gefroren war. ,,Ich weiß genau was du meinst. Das Rauschen des Windes, der einem durchs Haar weht, wenn man hoch zu den Wolken fliegt und die Aussicht, die sich einem von da oben bietet, beim Fliegen fühle ich mich frei." Glücklich lächelte ich Fred an, der inzwischen neben mir am Fenster stand und in die Ferne guckte. Noch nie hatte mich jemand so verstanden. ,,Vielleicht können wir eines Tages ja zusammen ein paar Runden auf dem See drehen.", schlug er vor, ohne seinen Blick vom See zu lösen. ,,Wirklich?" Begeistert sah ich ihn an. ,,Wirklich", erwiderte Fred und lächelte mir entgegen. "Versprochen."

Plötzlich hörten wir stimmen am Porträtloch und wenige Sekunden später füllte sich der Gemeinschaftsraum. Auch George, Lee und Sue waren dabei, erblickten uns und leisteten uns am Fenster Gesellschaft. ,,Wo habt ihr gesteckt? Ihr habt das Essen verpasst", fragte George und hielt Fred ein kleines Päckchen entgegen. Auch Sue hielt mir eins entgegen. ,,Wir dachten, wir nehmen euch einfach mal was mit", erklärte uns Sue. Dankbar nahm ich ihr das Päckchen ab und begann zu essen Fred tat mir gleich. Erst jetzt bemerkte ich, was für einen Hunger ich hatte. Der restliche Nachmittag verging wie im Flug. Wir machten es uns im Gemeinschaftsraum gemütlich, unterhielten uns über alles Mögliche und beobachteten Lee und Sue beim Zauberschach spielen. Auch nach dem Abendessen saßen wir noch etwas zusammen, bis wir schließlich die einzigen waren, die noch im Gemeinschaftsraum am Feuer saßen. Auch Sue und Lee waren bereits gegangen, als sich schließlich George gähnende streckte und mit seinem Zwilling in Richtung Schlafsaal aufbrach. Auch ich stand auf und war schon fast auf der Hälfte der Treppe hoch zum Mädchenschlafsaal angekommen, als ich Freds Stimme vernahm. Langsam ging ich ein paar Stufen runter und sah ihn verdutzt an. ,,Wegen des Gesprächs heute Nachmittag...", begann er nervös und ein Klos bildete sich in meinem Hals. Ich ging die letzten Stufen runter und schaute beschämt auf den Boden. ,,Du hältst mich jetzt bestimmt auch für komisch, oder?" Zögernd blickte ich zu Fred und strich mir nervös eine Haarsträhne hinter mein Ohr. Fred begann leicht zu lachen. ,,Ja, allerdings." Traurig sah ich ihn an und er verstummte. ,,Aber im Guten!", fügte er schnell hinzu. ,,Ich wollte nur das du weißt, dass du hier nicht alleine bist. Du hast jetzt uns." Erleichtert sah ich ihn an. ,,Lass uns zusammen komisch sein". 

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⏰ Letzte Aktualisierung: Oct 08, 2020 ⏰

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