Morgentropfen (Vivien)

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Rückblick - Bushaltestelle:

"Hallo..." gebe ich unbewusst von mir, als der Junge mit den schwarzen Haaren mich dabei ertappte, ihn beobachtet zu haben.
Er verzieht seine Miene kein bisschen.
Sein Gesicht bleibt entspannt monoton als er antwortet: "Hallo."

Ich sehe auf seine graue Schuluniform und die blaustreifige Krawatte.
'Elite Schule' ist alles was mir im Kopf vor geht....
Ich sehe verlegen weg. Warum hab ich etwas gesagt? Ich wollte doch gar kein Gespräch suchen, aber es jetzt fallen zu lassen wäre echt peinlich...

"Willst du dich nicht richtig unter's Dach stellen? Du erkältest dich sicher..." Ist alles was mir einfällt.
Was ist das denn für eine dumme Frage? Würde er es wollen, täte er es auch. Er sieht mich verwundert an und tritt einen Schritt ins trockene.
Ist das alles dämlich. Warum muss mir immer sowas passieren?

Er wischt sich mit dem Ärmel die Regentropfen aus seinem Gesicht und scheint sich fast etwas zu schämen.
"Machst du dir Sorgen um Fremde?"
Ich bekomme Gänsehaut, als ich seine Worte höre. "Ähm...geht so."
Antworte ich eher bescheiden. Plötzlich fängt er an sanft zu lächeln.
"Dann...hast du Angst vor Regen?"

Ich bin kurz still...

Was soll das heißen? Ich Blicke in den Himmel. Der Regen... Ich mag ihn.
Er lässt so ruhige Trauer entfachen.

"Nein." Antworte ich dennoch.
Als ich ihn wieder ansehe, scheint er sowohl Gesagtes, als auch seine nächsten Worte zu überdenken.
"So traurig er auch wirkt. Ist man stark, kann er einen nichts anhaben. Er warnt einen nur vor den Dingen die sein könnten, wenn man diesen einen Schritt nicht weiter geht." Erkläre ich.
Schließlich lässt er die Gedanken fallen.
"Ja. Wenn man stets daran erinnert wird, in welcher Wärme man sich eigentlich bewegt, ist man sich dem bewusst." Stimmt er mir zu.

Ich bin verwundert über diese Kooperation eines Fremden.
"Jedenfalls..." beginnt er.
"Ist jemand nicht stark, liegt der Regen schwer auf seinen Schultern.",
"Erdrückt einen und plötzlich scheint es seltsam überhaupt noch Atmen zu können.",
"Kein Entkommen, es sei denn man wird...",
"....stark."

Etwas berührt mein Herz. Es wiegt schwer. Aber gleichzeitig fühle ich mich plötzlich mit ihm verbunden.
Wie konnten sich meine Gefühle zu dieser Situation so plötzlich von Falsch zu so Richtig wenden?
"Aber lässt man sich vom Licht hinreißen und blenden, ertrinkt man in ihm.",
"Was ist Schlimmer als zwischen zwei Üblen zu wählen?" Fragt er eher rhetorisch und starrt lächelnd auf den Boden. Das Gefühl ist noch immer nicht vergangen. Als würde etwas an meinem Herz klopfen und um Einlass bitten...

Was ist das für ein Gespräch?

Plötzlich hält ein Bus vor uns.
Der Junge stellt sich vor die geöffnete Tür und sagt:
"Mein Name ist Akaashi Keiji."

Ich präge mir den Namen sofort ein und...lächle.
Er sieht mich erst wieder überrascht an, bevor er auch lächelt und sogar ganz leicht winkt. Nur ganz leicht....
Es ist ein schönes Lächeln...

"Ähm. Ich bin...ähm...Vito Shoku!"
Rufe ich noch hinterher, als sich die Bustüren zeitgleich schließen.
"I-ich..." stammel ich noch mutterseelenallein an der Bushaltestelle und plötzlich fühlt sich der Regen und die Atmosphäre, trotz meiner dicken Klamotten kalt an.

"Was mach ich denn....?" Frage ich mich selbst und beruhige mich wieder. Ich bemerke erst jetzt wie mein Herz pocht und strecke meine Hand unter dem Dach vor. Die Tropfen sammeln sich auf meiner taschenwarmen Haut.

Akaashi...

Man trifft nicht oft jemanden der genau so seltsam ist, wie man selbst.
Das Gespräch gerade war super käsig.
Aber irgendwie finde ich es auch lustig und schön.

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583 Wörter

Heavy Rain & Bright ShinesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt