Kapitel 1

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 Ich bin eins mit der Macht und die Macht ist mit mir.

Die weißen Rüstungen der Sturmtruppen leuchteten in der sonst so unübersichtlichen Menge auf, noch bevor man ihre gleichmäßigen Schritte hören konnte. Alle Blicke richteten sich sofort auf die Soldaten, manche Marktbesucher drängten sich zusammen um ihnen auszuweichen, andere schienen sich vorsichtshalber direkt aus dem Staub zu machen. Ich wandte mich kurz von dem Geschehen ab, um dem Marktverkäufer die paar Früchte in meiner Hand zu bezahlen. 

"Herhören! Rekrutierung auf Befehl der Ersten Ordnung für eine nicht weiter benannte Mission!", ertönte eine blecherne Stimme, die mir sofort einen Schauer über den Rücken jagte. "Ausweise bereithalten!" Die Stimme hatte trotz ihrer Verzerrung etwas weibliches an sich und erst jetzt fiel mir die glänzend silberne Rüstung ins Auge. Phasma deutete ihren Trupplern an auszuschwärmen, welche sich direkt daran machten die Daten jeder einzelnen Person zu überprüfen.

Kurz zögerte ich. Noch schien ich nicht aufgefallen zu sein, vor mir stand eine Traube von Marktbesuchern, die alle in ihren Taschen rumkramten. Ich erinnerte mich an den Tag, an dem die erste Ordnung mit ihren Truppen einfielen und diesen Planeten als ihr Gebiet erklärten. Praktischerweise brachten sie auch direkt passende Führungskräfte mit, die seit jenem Tag über die spärlichen Siedlungen bestimmten. In den folgenden Wochen wurden alle Bewohner registriert, mit Namen, Rasse, Alter und Fähigkeiten. Der eigentliche Grund für die Übernahme waren aber wohl die Ressourcen, wertvolle Minerale. Tatsächlich gab es nie große Probleme durch die Übernahme der Ersten Ordnung und umso verwunderlicher war nun diese plötzliche Rekrutierungsaktion. Auf diesem Planeten gab es nur sehr Wenige, die Fähigkeiten besitzen welche für die Erste Ordnung hilfreich sein könnten. Und ich war mir unsicher ob ich dazugehörte.

Anstatt noch länger rumzustehen, packte ich bereits im Gehen die Früchte in meinen Rucksack. Meine Hütte stand tief im Wald, abseits der kleinen Stadt in der ich alle paar Tage meine Besorgungen auf dem Markt machte. Ich musste dringend nach Hause und diese Dringlichkeit verstärkte sich mit jedem meiner Schritte, denn ich spürte etwas. Etwas sehr Mächtiges, Dunkles. Ich konnte mir dieses Gefühl nicht erklären, doch es kam von außen und fraß sich in meine Gedanken und brachte mich förmlich aus dem Gleichgewicht.

Ich bemerkte nicht, dass ich bereits rannte, weswegen der Sturz über eine Wurzel mich umso härter traf. "Scheiße", murmelte ich völlig außer Atem vor mich hin, während ich strauchelnd wieder auf die Beine kam. Irgendetwas lief hier gerade gewaltig aus dem Ruder und ich konnte nichts dagegen tun. Es war nicht üblich, dass ich einfach so stolperte oder mich etwas Laufen so anstrengte. 

Plötzlich drängten sich Schreie in mein Bewusstsein. Ich hörte sie nicht, ich fühlte sie in jedem einzelnen meiner Knochen. Meine Mutter, sie rief nach mir. Neue Energie durchströmte meinen Körper und es dauerte nicht mehr lange bis ich die Schreie unüberhörbar waren und noch ehe ich einen weiteren Gedanken fassen konnte, lichtete sich der Wald. Weiße Rüstungen, und eine große schwarze Figur, die Quelle der dunklen Macht. Ich sah kein Gesicht, nur dessen Rücken. Und dahinter meinen Vater, der völlig aus der Szene gerissen in der Luft hing und sich selbst röchelnd an den Hals fasste. Doch ich dachte nicht einmal daran anzuhalten, nahm all meinen Mut und meine Kraft zusammen und versuchte mit meinen Händen voraus die schwarze Gestalt von hinten zu rammen. 

Ohne sich umzudrehen schnellte mir ein Arm entgegen, noch bevor ich überhaupt in Reichweite war. Ich wurde von einer unsichtbaren Kraft ausgebremst, so stark, dass die Luft aus meinen Lungen gedrückt wurde. Doch reflexartig bündelte ich die wenige mir zur Verfügung stehende Macht und drückte gegen die meines Gegners an. Es funktionierte und ich machte die letzten drei Schritte an dem ausgestreckten Arm vorbei, fasste mit den Fingern meiner linken Hand einen Teil des schwarzen Stoffes und bereitete mich auf einen Sturz vor, mit dessen Schwung ich uns beide zu Boden reißen würde. Mein Gegner schien tatsächlich überrascht von meiner Gegenwehr und musste einen größeren Schritt zur Seite machen, um sein Gleichgewicht nicht zu verlieren. Keinen Herzschlag später packte mich eine lederne Hand am Hals, die mich mehr als unsanft von meinem Sturz schützte. 

Jegliche Luftzufuhr wurde mir abgeschnitten und ich machte ein unfreiwillig gurgelndes Geräusch. Verzweifelt zerrte ich mit meinen Fingern an der Hand die mich festhielt, doch ließ sie sich kein Stück bewegen. Für einen Moment war es absolut still und meine weit aufgerissenen Augen waren direkt auf die Maske gerichtet, welche mich fixierte. Angst durchströmte mich, und Kälte. Der Luftmangel wurde nicht weniger und ich spürte wie der Druck hinter meinen Augen stieg. Irgendwo weit weg hörte ich meine Mutter verzweifelt nach mir rufen und jemand anderes umso verzweifelter nach Luft schnappen. Ich spürte noch, dass das mein Vater sein musste, da schob sich bereits langsam absolutes schwarz vor meine Augen. 

Und plötzlich strömte wieder Luft durch meinen Hals und ich fiel zu Boden. Viel zu hastig versuchte ich so viel wie möglich in meine Lungen zu bekommen, was in einem schmerzhaften Hustenanfall endete. 

"Nein, Jil! Lasst sie in Ruhe!" Ich drehte noch immer hustend meinen Kopf zu meiner Mutter, die neben meinem schwer atmenden Vater kniete und mich besorgt anblickte. Abgesehen davon, schienen beide nicht weiter verletzt zu sein, 

"Jil", wiederholte eine verzerrte, tiefe Stimme und ich konnte mich nicht erinnern, ob ich mich je so angewidert von meinem eigenen Namen fühlte. Es klang nachdenklich, so als ob er etwas verloren hatte und ihm mein Name dies zurückbringen könnte. Überschattet wurde aber jegliche Emotion in der Stimme von dieser schweren Dunkelheit, die mich bereits im Wald zu verfolgen begann. Mir blieb keine Möglichkeit mich zu orientieren oder Fragen zu stellen, sondern wurde direkt von zwei Sturmtrupplern auf meine Beine gezogen. "Bringt sie auf das Schiff." 

Schiff? Welches Schiff? "Nein bitte lasst sie hier!" Ich warf meinen Kopf zur Seite, wehrte mich gegen die zerrenden Hände der Sturmtruppen, machte mich so schwer wie nur möglich. Doch es half alles nichts, ich war zu schwach und wurde immer weiter von meinen Eltern weggebracht. "Ich komme zurück!", rief ich meiner Mutter zu, der bereits Tränen über die Wangen liefen. "Macht euch keine Sorgen, ich komme bald zurück!" 

Meine Stimme war krächzend und bröckelte, und ich wusste nicht ob es an den Schmerzen an meinem Hals lag oder an der langsam aufsteigenden Panik in mir. Alles passierte gerade viel zu schnell und ich war absolut überfordert von all den Gefühlen und Geschehnissen. Ich schaffte es nicht einen einzigen klaren Gedanken zu fassen. Viel zu schnell erreichten wir ein graues Schiff, meine beiden Begleiter zogen mich über die offen stehende Rampe, ließen mich in die hinterste Ecke des großen Raumes fallen. Ich zog sofort meine Knie nahe an meinen Körper und drückte mich gegen die Wand hinter mir. Vor mir stellten sich bestimmt 10 Sturmtruppen, teilweise mit dem Rücken zu mir gedreht, bevor sich die Luke langsam schloss und das einzige Licht von kleinen roten Leuchten an der Decke stammte. Ich atmete schwer, schwitzte und versuchte mich mit aller Kraft zu beruhigen.

"Ich bin eins mit der Macht und die Macht ist mit mir" 

Ich konzentrierte mich auf einen Fleck vor meinen Füßen. Konzentrierte mich auf meinen Atem

"Ich bin eins mit der Macht und die Macht ist mit mir"

Es ruckelte leicht, das Schiff hob ab. Weg von meiner Heimat. Trotzdem kam ich langsam wieder zur Ruhe. Es konnte nichts schlimmes passieren. Ich würde bestimmt schon morgen wieder zuhause sein. 

"Ich bin eins mit der Macht und die Macht ist mit mir"

Lost Soul [Kylo X OC]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt