Kapitel 7

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"Cal! Cal, bitte!", schrie ich mit heiserer Stimme, jedoch wurden meine Worte vom Lärm verschluckt. Warmes Blut rann von Cals Mundwinkeln in meine Hände, die seinen Kopf hielten. Seine Augen, weit aufgerissen in einem blassen Gesicht, durchbohrten mich mit ihrem starren Blick und für einen Moment vergaß ich zu atmen. Er starb. 

In einem nutzlosen Versuch etwas zu sagen, hustete er noch mehr Blut hervor und feine Spritzer der roten Flüssigkeit verteilten sich auf meinem Gesicht. "Cal, sag es mir", brachte ich gerade noch so hervor, bevor meine Stimme versiegte. "Wo?"  

Der feste Druck um meinen Arm löste sich, seine Finger verloren an Kraft. Ich fühlte mich völlig hilflos, meine Umgebung verschwamm vor meinen Augen, ich war absolut verloren. Und dabei war ich so kurz davor zu erfahren, wo sich das Holocron befand. Cals Präsenz schwand mit jeder Sekunde, die ich in seine leeren Augen starrte. Sein Geist war noch da. Noch hatte ich eine letzte Chance. 

Ich ignorierte den Lärm der Schüsse und Schreie, die durch die Straße hallten, kauerte mich dichter an den Tresen, welcher Cals Körper und mich schützte. "Bitte Cal", flüsterte ich in einem letzten Versuch ihn noch einige Sekunden lang bei mir zu halten, dann legte ich vorsichtig meine Hände an seine Schläfen und schloss die Augen. 

"Ich bin eins mit der Macht und die Macht ist mit mir", murmelte ich kaum hörbar vor mich hin. Die Information war da drinnen, in Cals Kopf, und ich wusste, dass ich sie mir holen konnte. Langsam wurde mein Herzschlag ruhiger und ich konnte plötzlich Cals spüren. Er war beunruhigend schwach. 

Ich bin eins mit der Macht und die Macht ist mit mir.

Die unregelmäßigen Schläge seines Herzens vibrierten in meinem Körper. Kälte überfiel mich und plötzlich auch dieser unerträgliche Schmerz. Ich wollte schreien, aber meine Stimmbänder versagten. Meine Hände pressten sich stärker gegen Cals Kopf.

Ich bin eins mit der Macht und die Macht ist mit mir.

Ich wusste, dass ich das nicht mehr lange aushalten konnte, Cals Schmerz war zu überwältigend. Jede Faser meines Körpers war zum Zerreißen gespannt, als würde ich in wenigen Augenblicken explodieren. Doch ich ließ nicht von ihm ab, wo war das Holocron? Wo?

Und plötzlich war sie da, die Antwort nach der ich gesucht hatte. 

Dathomir.

Wie von einem Stromschlag getroffen, zog ich meine Hände zurück und öffnete meine Augen. Cal war tot, sein Körper nicht mehr als eine Hülle. Schwer atmend und noch immer umgeben von all der Macht, die ich gerade freigesetzt hatte, brachte ich einige Meter Abstand zwischen mich und Cal. 

Erst nach einigen Augenblicken konnte ich mich zwingen, das eben Geschehene in den Hintergrund zu rücken. Schließlich saß ich immer noch inmitten einer völlig zerstörten Bar, mit der Gefahr, jederzeit entdeckt und attackiert zu werden. Auch wenn mir nicht klar war, was wirklich passiert war. Vor einigen Minuten saß ich schließlich noch mit Cal in einer der Nischen dieser Bar, auf dem besten Weg zu erfahren wo der Holocron war. Und dann explodierte einfach alles auf einmal. 

Jetzt, als meine Gedanken endlich etwas klarer wurden, bahnte sich Schmerz in meine Nerven. Ich war übersäht von Dreck und Blut, weswegen mir die klaffenden Wunde an meinem Bein erst nicht auffiel. Sofort wandte ich meinen Blick von der Verletzung ab. Es sah schlimm aus, zu schlimm um von jemandem wie mir versorgt werden zu können. Das Gefühl des pochenden Fleisches wurde stärker und ohne lange nachzudenken, nahm ich meinen Schal und wickelte ihn fest um mein Bein. Eher eine Maßnahme den zerrissenen Muskel vor meinem Blick zu verstecken, als irgendeine Blutung zu stoppen. 

"Kylo", zischte ich zwischen vor Schmerz zusammengebissenen Zähnen hervor, direkt in das Comlink an meinem Arm, doch die kleine Lampe an dem Gerät leuchtete nicht auf. "Kylo, bitte", versuchte ich es erneut. Die Lampe blieb dunkel. Verzweifelt ließ ich meinen Arm sinken. Das konnte nicht wahr sein. Ohne den Comlink hatte ich keine Möglichkeit lebend aus dieser Hölle zu entkommen. Für die Sturmtruppen sah ich aus wie ein Mitglied der Rebellen und so wie ich das die letzten Tage mitbekommen hatte, waren die Rebellen der Ersten Ordnung weit unterlegen. 

So vorsichtig wie es nur ging, schob ich mich an den Rand der Theke, um ein paar Blicke nach draußen zu werfen. Der Lärm der Blaster und das Geschrei waren noch immer deutlich zu hören, ab und an leuchteten die Schüsse in rotem Licht durch die kaputten Fenster in die Bar, doch außer mir und ein paar reglosen Körpern schien sich niemand hier drinnen zu befinden. Schwer atmend lehnte ich meinen Hinterkopf wieder gegen die Theke. Meine Verletzung entzog mir mit jeder Sekunde die verging meine Kraft und auch der Schmerz war nur schwer auszuhalten. Es war wohl das beste, wenn ich mich hier weiterhin versteckt hielt und abwartete. 

"Bitte hol mich hier raus", flüsterte ich frustriert vor mich hin. Fast unbemerkt bahnten sich kleine Tränen ihren Weg über meine schmutzigen Wangen und hinterließen brennende Spuren. Ich verharrte einige Zeit in meiner Position und konzentrierte mich nur darauf, meine Atmung so ruhig wie möglich zu halten. Irgendwann wurde der Schmerz zu viel und ich versuchte verzweifelt mit der Macht meine Wunde in den Griff zu bekommen, doch ich war zu schwach.

Und gerade als ich aus völliger Hoffnungslosigkeit und Schmerz kurz davor war, laut loszuschreien, hörte ich leise Schritte. Sie waren ganz nah, nicht weit vom Tresen entfernt, der mich bis jetzt geschützt hatte. Reflexartig hielt ich meinen Atem an. Panik kochte in mir hoch und ein dicker Kloß bildete sich in meiner Kehle. Die Schritte verstummten. Mit zitternden Fingern tastete ich so lautlos wie nur möglich den Boden neben mir nach irgendeiner Waffe ab, doch alles was ich zu greifen bekam, war ein abgesplittertes Stuhlbein.

Aber es war wohl nicht nötig mich verteidigen zu müssen. 

"Ich bin hier", krächzte ich mit rauer Stimme, völlig überwältigt von der Macht die mich durchflößte. Die Schritte kamen näher und schließlich kniete sich Kylo dicht neben mich. "Ich weiß nicht was passiert ist, ich habe mich mit Cal Dom getroffen wie vereinbart und dann ging einfach alles in die Luft, ich bin verletzt, aber ich habe die Information die du wolltest." Die Worte strömten voller Erleichterung über meine Rettung nur so aus mir heraus, während Kylo mich durch seine Maske betrachtete.

"Kannst du laufen?", fragte er und ich krallte mich in einem Versuch aufzustehen direkt in seine Schulter.

"Ja", gab ich kurz zurück, bemerkte jedoch wie mein Kreislauf sich sofort begann zu Verabschieden als ich schließlich auf meinem unverletzten Bein neben Kylo stand. Der Schmerz vernebelte mir die Sicht doch ich sagte nichts. Kylos Arm legte sich um meine Taille, ich lehnte mich mit meinem gesamten Gewicht an ihn und hielt mich so gut fest wie ich konnte. Zusammen bahnten wir uns einen Weg nach draußen, noch im Türrahmen stehend aktivierte er sein Lichtschwert mit einem gefährlichen Zischen und ich konnte die Wärme die es ausstrahlte auf meiner Hand spüren, die sich in den Stoff an seiner Brust gekrallt hatte. 

Der Kampf schien sich verlagert zu haben, weiter weg von der Bar, doch es dauerte nicht lange bis sich zwei Rebellen in unseren Weg stellten und sofort feuerten. Im Glauben gleich getroffen zu werden kniff ich meine Augen zusammen und wandte mein Gesicht ab, doch es passierte nichts. Stattdessen zog mich Kylo weiter die Straße entlang, meine Beine berührten kaum den Boden, während er uns mit seinem Lichtschwert den Weg freikämpfte.

Ich versuchte wach zu bleiben, aber mit jeden Meter den wir näher zu Kylos Schiff gelangten, fiel es mir schwerer. Kylo schien zu spüren wie ich langsam drohte wegzudriften und verstärkte seinen Griff an meiner Hüfte. "Jil, bleib hier, nicht mehr lange." Ich hörte ihn zwar, aber ich sah ihn schon lange nicht mehr. 

Lost Soul [Kylo X OC]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt