Kapitel 2

58 5 0
                                    

Der Flug war kurz. Obwohl ich noch nie auf einem Sternenzerstörer war und unter normalen Umständen wahrscheinlich überwältigt von der Mächtigkeit des Hangars gewesen wäre, schaute ich mich kaum um, als mich Sturmtruppen ins Innere des Schiffs führten. Ich versuchte mich auch nicht zu wehren. Wenn ich mich nicht gegen sie stellen konnte, war wohl mein bester Plan mich ihnen gut zu stellen. Mir war zwar nicht bewusst, was auf mich zukommen mochte, aber ich hatte meinen Eltern versprochen bald zurückzukehren und ich hatte nicht vor, dieses Versprechen zu brechen. Immerhin waren es meine Eltern, die mich mein Leben lang behütet hatten, mir halfen meine Machtsensibilität zu erweitern und zu lernen wie ich damit umgehen konnte. Meine Verbindung zu ihnen war stärker als alles andere und niemand würde mich daran hindern sie wieder zu sehen.

Ich wurde in einen kleinen Raum mit mehreren Stühlen und einem Tisch gebracht. Hinter mir schloss sich die Tür mit einem Zischen und ich war allein. Nach kurzer Überlegung schob ich einen der Stühle vom Tisch weg und setzte mich. Ich rechnete zwar damit nun eine Weile warten zu müssen, jedoch nicht, dass es so lange dauern würde. Der Raum war nicht besonders gut beleuchtet und es gab keine Uhr, weshalb ich nicht wirklich eine Ahnung hatte wie viel Zeit wirklich vergangen war. Doch spätestens als es mir unmöglich war noch eine bequeme Position auf den Stühlen oder dem Boden zu finden und meine Augen drohten zuzufallen, wusste ich, dass es Stunden sein mussten. 

Mit dem Hinterkopf an eine der kalten Wände gelehnt saß ich nun auf dem Boden in einer Ecke, die Arme auf den Knien. Ich meditierte gedanklich, so wie ich es bereits im Transportschiff getan hatte, doch diesmal war die Wirkung beinahe etwas zu gut und meine Müdigkeit stieg. Als mein Kopf langsamer schwerer wurde und begann zur Seite zu rutschen, durchfuhr mich plötzlich ein kalter Schatten der Macht und ich riss schockiert meine Augen auf. Obwohl sie nun offen waren, sah ich kurzzeitig noch immer nur schwarz, bis ich meinen Blick etwas anhob.

Kaum einen halben Meter vor meinem Gesicht war wieder diese Maske. Das Silber darin war matt und abgenutzt, hatte keinen Glanz so wie es bei Phasmas Rüstung der Fall war. Das schwarze Metall wiederum hatte an einigen Stellen kleine glänzende Kratzer, wie Narben auf einem Gesicht. Nur eben glänzender. Regungslos betrachtete ich jede einzige Stelle, beinahe fasziniert davon. Doch die Faszination rührte nicht von diesen physischen Kleinigkeiten, sondern der Macht, die die Maske ausstrahlte. 

"Was kannst du?" Die Worte rissen mich unsanft aus meiner Trance. Sie waren rau, tief, unangenehm roboterhaft. Aber was war denn das auch für eine Frage? Kochen? Klettern? Drei Sprachen? Ich antwortete nicht und wandte auch nicht meinen Blick ab, sondern fixierte die Stellen, an denen ich seine Augen vermutete. Als er trotz meiner Stille auch nichts sagte, erbarmte ich mich doch zu einer Antwort. "Da musst du wohl etwas präziser werden."

Völlig aus dem Nichts holte er mit ausgestrecktem Arm zu einem Schlag aus. Ich schrie erschrocken auf als ich im Bruchteil einer Sekunde einen Stuhl auf mich zufliegen sah, warf meine Arme verteidigend in die Luft und drückte mit aller Kraft dagegen an. Ich erwartete einen schmerzhaften Aufprall, doch der blieb aus. Stattdessen hörte ich wie der Stuhl sofort zu Boden fiel. 

Ein Schnauben entfloh der dunklen Gestalt, es wirkte belustigt, überheblich. Er erhob sich aus seiner knieenden Position. Ich war im ersten Moment noch viel zu geschockt von der Situation als, dass ich überhaupt daran dachte es ihm gleich zu tun. Erst als sich schwarz behandschuhte Finger in mein Blickfeld schoben, sah ich auf. Ich zögerte kurz, legte dann aber meine Hand vorsichtig in seine und ließ mich von ihm aufhelfen. Zu meiner Überraschung fühlte sich das Leder weich an, und warm. Das erste Mal seit unserer Begegnung fühlte ich etwas Menschliches an ihm. 

"Was wollt ihr von mir?", fragte ich noch während ich meine Hand in einer selbstbewussten Bewegung wieder zurückzog. Ich musste es mit meiner Freundlichkeit ja nicht übertreiben. "Ich kann nicht kämpfen, nicht schießen und auch meine Fähigkeiten mit der Macht sind garantiert nicht gut genug für die Erste Ordnung."

"Das lass mal meine Entscheidung sein", kam direkt als Antwort zurück. "Um Schaden anzurichten muss man nicht immer Kämpfen." 

Halb verwundert, halb genervt zog ich eine Augenbraue hoch. "Ich bin mir nicht sicher, ob eine solche Aussage von jemandem wie dir überhaupt etwas zu bedeuten hat." Mir war klar, dass ich mich noch immer auf sehr dünnem Eis bewegte, aber wenn er mich tot sehen wollte, hätte er es längst hinter sich gebracht. 

Er ignorierte meinen Seitenhieb. "Du wirst eine Aufgabe bekommen, die deinen Fähigkeiten entspricht."

"Was, wenn ihr euch verschätzt habt und ich es nicht schaffe?"

Langsam aber sicher überkam mich ein unangenehmes Gefühl. Es wirkte beinahe so, als wüsste die Erste Ordnung mehr über mich als mir bewusst war. Es war nicht gelogen, dass ich nicht kämpfen konnte, aber ich wusste mich anders zu wehren. Kleine Gedankentricks mithilfe der Macht waren mir nicht unbekannt und ich bediente mich auch regelmäßig an diesen. Sie funktionierten zwar nur an nicht-Machtsensiblen aber davon gab es auf meinem Heimatplaneten genug, genauso wie es auch genug Kriminelle gab. Ich hatte selten ein schlechtes Gewissen was meine Tricks anbelangte, schließlich muss sich jeder irgendwie zu verteidigen wissen. 

"Beweise uns, dass wir uns nicht verschätzt haben und du bist morgen wieder bei deiner Familie." Ich schluckte meinen aufkommenden Ärger runter und konnte es plötzlich kaum erwarten auf diese Mission zu gehen. Je schneller ich das erledigte, desto schneller konnte ich mich wieder in mein normales Leben begeben.

Lost Soul [Kylo X OC]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt