Kapitel vier

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Harry Styles war ein Fremder. Natürlich war er ein Superstar, den man aus allen möglichen Medien kannte. Vor allem aber mal war er ein Kerl, den ich vor heute Abend noch nie vor mir stehen gehabt hatte. Demnach war er ein Fremder. Und trotzdem lag ich nun neben ihm im Bett.

Ein wenig unbehaglich fühlte ich mich schon dabei. Trotzdem hatte ich es mir schlimmer vorgestellt. Die letzten zwei Jahre hatte ich damit Zeit verbracht ihn bis auf den Tod zu verabscheuen. Wenn immer sein Name gefallen war, hatte ich den inneren Instinkt gehabt die Augen zu verdrehen. Wann immer ich gezwungen war das Zimmer meiner kleinen Schwester zu betreten, hatte ich die Poster an den Wänden wissentlich ignoriert gehabt. Und so sehr ich es auch versucht hatte, das hier bewies, es gab kein Entkommen vor Harry Styles.

Der Fehler lag eindeutig bei mir. Hätte ich doch nicht nach einem anderen Ausweg aus der Festhalle gesucht, dann wäre das hier alles nicht passiert. Dann hätte ich Harry nicht kennengelernt, hätte nicht bemerkt, dass der Kerl echt nett war und vor allem würde ich jetzt nicht neben ihm auf dem Bett liegen. Doch je mehr ich über ihn nachdachte und je mehr Zeit ich mit ihm verbrachte, desto sympathischer erschien er mir.

Das war so falsch. Ich hasste es, dass er mich so leicht um den Finger wickeln konnte. Es war unfair! Immerhin war er ein Popstar. Er war ein Medienmagnet. Und so wie jeder, der darin geübt war vor Menschen und vor Kameras zu stehen und sich nach außen hin perfekt zu präsentieren, verstand er es auch sich zu verstellen. Wer also sagte mir, dass das hier der echte Harry Styles war? Vielleicht tat er nur so nett und war in Wirklichkeit der unfreundlichste Arsch auf Erden.

Was mich zu meiner nächsten Frage brachte.

„Die wie viele Frau bin ich, die sich mit dir ein Bett teilt?" Es war eine bescheuerte Frage, die von mir gar nicht hätte kommen dürfen, weil es vielleicht den Eindruck erwecken konnte, dass ich ihn gern hatte oder gar mehr wollte. Aber ich konnte die Frage auch nicht einfach weglassen. Und viel Zeit Dinge zu überdenken, die ich sagte, hatte ich nicht. Immerhin würde meine Schwester sicherlich irgendwann aufwachen und wir würden Harry Styles auf Ewig hinter uns lassen.

Harry drehte seinen Kopf zu mir. Im Mondschein konnte ich seine Augenfarbe erahnen. „Hm." Er tat so, als müsse er lange überlegen. „Die Zweite." Er grinste schief. Keine Ahnung, ob ich ihm das abkaufen sollte.

Dann zeigte er auf meine Schwester. „Eins.", zählte er und sah dann wieder mich an. „Zwei."

Ich verdrehte die Augen. „Wer sagt mir, dass du das hier nicht mit jedem Fan machst."

Harry lachte laut auf. „Du bist doch kein Fan von mir."

Na gut, da hatte er Recht. Ich würde auch niemals ein Harry-Fan werden. Aber meine Schwester war einer und wenn sie und ich es geschafft hatten ihn nach seinem Konzert einen unerwünschten Besuch in der Umkleidekabine abzustatten, dann hatten das sicherlich auch bereits andere vor uns geschafft.

„Franklyn ist dein einziger Bodyguard?"

Harry seufzte leise. Ich hatte gesehen, wie erschöpft er gewesen war. Ich konnte also erahnen, wie wenig Lust er hatte mit mir zu reden. Er wollte mit großer Sicherheit einfach nur schlafen. Aber ich konnte doch jetzt nicht einfach ans Schlafen denken! Wie denn auch?

„Natürlich nicht. Er ist mein Freund und ich vertraue ihm. Aus diesem Grund ist er mein erster Bodyguard."

Ich nickte kaum merklich. „Also ist er der Chef der Bodyguards?"

„So würde ich das auch nicht sagen." Harry setzte sich auf. „Er ist eben mein engster Vertrauter. Also ist er immer direkt neben mir. Er gibt aber keinen anderen Leuten Kommandos oder so."

Ich setzte mich ebenfalls auf. „Verstehe."

Ein Schweigen legte sich über uns. Die Stille war greifbar. Das machte mich irgendwie nervös. Harry hingegen schien es zu genießen.

„Und was machen wir jetzt?", fragte ich dennoch, da ich einfach nicht wusste, wohin mit mir.

„Nicht mehr reden, bitte."

Ich biss auf die Zähne. „Sondern?", rutschte es mir heraus. Ich wollte nicht schweigen. Ich konnte nicht weiter schweigen. Das machte keinen Spaß. Und so ungern ich es auch zugab: Das Abenteuer mit Harry heute Nacht hatte mir bis eben echt Spaß gemacht. Ich wollte einfach nicht, dass es aufhört.

„Wollen wir Musik hören?", schlug Harry vor.

Ich verzog das Gesicht. „Aber nichts von dir, bitte." Es war als Scherz gemeint. Ich hoffte inständig, dass er es auch als einen solchen aufgefasst hatte.

Doch sein Lächeln hätte ich um ein Haar verpasst, so schwach war es gewesen. Es konnte aber genauso gut von seiner Müdigkeit kommen.

Kurz glaubte ich die Stimmung komplett zerstört zu haben, als er mit einem Mal vor mir stand und mir die Hand entgegenstreckte. Was sollte das nun werden?

Unüberlegt schlug ich ein und schüttelte sie. Er blickte mich skeptisch an. „Was wird das?"
„Ich weiß nicht." Was tat ich hier. Sofort zog ich meine Hand wieder zurück. „W-was wolltest du denn machen?"

Harry bedachte mich mit diesem Blick, der mir zeigen sollte, dass jeder genau gewusst hätte, was er von mir will. Eben nur ich schien wieder auf dem Schlauch zu stehen.

„Ich möchte dich zum Tanzen auffordern."

„Bitte was? Wieso würden wir tanzen wollen?"

So langsam schien ich ihn in Verzweiflung zu stürzen. „Wegen der Musik?"

Ich spitzte die Ohren. Er hatte tatsächlich Musik angemacht. Es war eine ruhige Melodie, die so gar nicht nach dem klang, was man von ihm kannte. Es klang schön.

„Was ist nun?" Herausfordernd sah er mir in die Augen. „Tanzen wir jetzt oder was?"

Widerwillig nahm ich seine Hand und ließ mir von ihm aufhelfen. Er zog mich sanft an sich und legte seine andere Hand auf meinen Rücken. Es war eine Sache gewesen neben ihm im Bett zu liegen. Nun aber seinen Atem auf meiner Haut zu spüren und seine Berühren federleicht zu fühlen, das war etwas ganz anderes. Generell war Harry ganz anders, als ich ihn mir vorgestellt hatte. Ich wollte aufhören zu glauben, dass das alles nur Fassade war. Ich genoss seine Nähe so sehr, dass ich nicht länger daran denken wollte, wie oft er dies hier bereits mit anderen Frauen getan hatte.

In diesem Moment gab es nur ihn und mich und den Mond, der durch den Vorhang schimmerte und den billigen Teppichboden edel wirken ließ. Ein Moment für die Ewigkeit.

Hate you. Miss you. Love you. | HSWo Geschichten leben. Entdecke jetzt