Kapitel 19

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„Ich habe ihn beim Training kennengelernt. Er war der Bruder von einer, mit der ich getanzt habe. Anfangs war er echt charmant. Hat mir immer ein Eis mitgebracht, wenn er seine Schwester vom Training abgeholt hat. Und irgendwann hat er mich nach meiner Nummer gefragt und da ich dachte, dass er echt kein schlechter Kerl ist, ich meine, er war immer pünktlich da und hat seiner Schwester die letzten zwanzig Minuten des Trainings zugesehen und sie bei jedem Contest angefeuert. Wie schlimm kann er dann sein?" Ich schmunzle angeekelt bei dem Gedanken wie naiv ich doch war.

„Na ja und so führte eins zum anderen. Erst dachte ich, er wollte halt nicht, dass mir etwas passiert. Doch irgendwann wurde es immer extremer, bis ich zum Schluss nicht mal mehr allein Einkaufen gehen durfte."

Ich schiele zu Yoongi rüber, der sich nach vorne gebeugt hat und seine Ellbogen auf seinen Oberschenkeln abstützt. Er zeigt keine Reaktion. Er hört mir einfach nur zu.

Also erzähle ich weiter. „Natürlich hat das alles nicht immer so geklappt, wie er das wollte. Und natürlich musste ich mit den Konsequenzen leben. Irgendwann bestand unsere Beziehung nur noch aus Ohrfeigen und blauen Flecken."

Nach diesem Satz pausiere ich kurz. Ich muss durchatmen, um die Tränen zu unterdrücken. Immer noch sitzt Yoongi da und verzieht keine Miene. Ich bin mir nicht sicher, ob er wirklich so ruhig ist wie er tut. An seinem Hals drückt sich eine pulsierende Vene durch. Als ich gerade sagen wollte, dass wir das Thema wechseln sollten, meint Yoongi mit eiskalter Stimme: „Erzähl weiter." Ich schaue ihn fragend an. „Bist du dir sicher?" – „Bitte.", sagt er nur und ich nicke leicht.

„Er zwang mich nach einem Halben Jahr bei ihm einzuziehen. Und da er mein erster Freund war, wollte ich ihn natürlich nicht verlieren. Also habe ich mich dazu entscheiden, diesen Schritt zu gehen und habe mich deshalb unglaublich mit meiner Mutter gestritten. Nachdem ich auch da nicht mehr hindurfte, änderte sich mein Tagesablauf zu aufstehen, ihm Frühstück machen, arbeiten gehen und zu Hause warten bis er wieder da ist. Irgendwann fing er auch an, mich zu erpressen. Solange du keinen Cent zahlst, tust du, was ich von dir verlange hat er immer gesagt. Mich jedoch etwas zur Miete dazuzugeben oder mich den Einkauf bezahlen zu lassen hat er auch nicht. Also musste ich tun, was er von mir wollte. Auch wenn ich das nicht unbedingt wollte."

Wieder muss ich eine Pause machen. Sofort bittet mich Yoongi, wieder weiterzuerzählen. Es scheint, als müsste er mit sich kämpfen, um nicht sofort auszuflippen. „Nuri, ich muss wissen, was er dir angetan hat. Ich muss es einfach wissen."

Langsam schüttle ich den Kopf. Er bemerkt es und nimmt meine Hand. „Keine Angst, er kann dir nichts mehr tun. Ich bin jetzt bei dir." Aufmunternd legt er einen Arm um mich und streicht mir leicht über die Schulter.

Langsam läuft mir eine Träne über die Wange als ich weitererzähle.

„In der einen Nacht kam er betrunken nach Hause. Er ist öfter mit seinen Arbeitskollegen einen trinken gegangen. Damit hatte ich auch gar kein Problem. Das hieß ja auch für mich, dass ich einen Abend ohne Ohrfeigen verbringen konnte. Meist war er so betrunken, dass er einfach ins Bett gefallen ist und mich in Ruhe gelassen hat. Bis zu dieser Nacht. Er war zwar auch betrunken, zwang mich aber, mich zu ihm zu legen als er sich aufs Bett fallen ließ. Also tat ich wie befohlen. Bis dahin hat er mich nie angefasst. Diese Grenze hatte er bis dahin nie überschritten. Doch an diesem Abend meinte er: Wir sind jetzt schon so lange zusammen. Du wirst nie wieder jemand anderem gehören als mir. Und falls du doch auf die Idee kommst wegzulaufen, muss ich dafür sorgen, dass dich keiner mehr will. Du wirst auf ewig mir gehören.

Ich bettelte ihn an mich loszulassen, als er mich auf die Matratze drückte und anfing, mir mein Nachthemd mit einem Messer zu zerschneiden. Woher er das Messer auf einmal hatte, bekam ich nicht mit. Doch er hatte nicht aufgehört. Er hatte so lange an dem Kleid rumgeschnitten, bis es mit Blut durchtränkt war. Er hatte zu tief geschnitten. Nachdem er sah, dass er mir den ganzen Oberkörper aufgeschlitzt hatte, hatte ihm das nicht gereicht. Also musste er sich auch das letzte nehmen, was ich ihm nie geben wollte. Er hat sich einfach genommen, was ihm nie zustand."

Don't mess with me [BTS Yoongi]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt