Sues Vater weinte, als sie nach vier Tagen wieder aus dem Koma aufwachte. Er war ein kleiner Mann, das fiel Sue auf, als er an ihrem Krankenbett saß. Der Geruch von Desinfektionsmittel stach in ihrer Nase. Ihr Vater weinte schwer und leise mit roten Augen, er hielt ihre dünne Hand und das Gefühl von Haut auf Haut ließ sie zusammenzucken, aber ihr Vater bemerkte es nicht.
Ihr Vater hatte die ganze Zeit über nichts gewusst.
Eine Woche verging, jeden Morgen davon wachte sie mit einem kalten, dumpfen Atem auf und nach dieser Woche durfte sie zurück in die Wohnung.
Ihr Vater hatte ihren Bruder rausgeschmissen, aber Sue und er sprachen nie darüber, wie lange Sue geschlagen worden war, ob Sue Anzeige erstatten wollte, ob Sue mit einem Psychotherapeuten sprechen wollte, ob es wehtat. Sue erstattete keine Anzeige, nach fünf Monaten zog ihr Bruder wieder ein, Sue litt an Panikattacken und akutem Erbrechen.
Ihre Jalousie war unten.

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Fremde
Short StoryVon Sue und Nickolas, die sich schon ihr ganzes Leben lang durch ihre Fenster sahen. Von Hämatomen, Drogen und dem Großwerden in einem Drecksviertel. [TW: Beschreibt häusliche Gewalt, SVV und den Konsum von Drogen] Ade Vede; Oktober 2020