chapitre un

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Verblichene ein-Meter-Pranken aus billigem Polyester drohten mir jeden Moment um die Ohren zu fliegen. Schwere, verpixelte Flecken schmückten den viel zu groß proportionierten Wanst und jagten eher gruselige Schauer über den Rücken, anstatt für ein wohliges Weihnachtsgefühl zu sorgen. Was zum Teufel?

Der stark überdimensionierte, aufblasbare Weihnachtsmann vor mir schien sich höhnisch darüber zu amüsieren, wie verstört ich sein Erscheinungsbild musterte. Noch dazu kam die kühle Brise der nächtlichen Novemberluft, die den durch irgendeine Pumpe in die Höhe gepusteten Santa Claus in die grässlichsten Posen verrenkte. Wer um alles in der Welt hatte dieses abscheuliche Monstrum bitte für toll befunden, ins Zentrum dieser Stadt geschleppt und inmitten wunderschöner Dekorationen genau so positioniert, dass es weder zu übersehen noch zu vermeiden war?

„Einfach spitze, nicht wahr? Ist das nicht ganz große Klasse?"

Mir rutschte vor Schreck fast das Herz in die Hose. „Bitte was?" Für einen Moment war einzig und allein das Pochen meines Herzens in meinen Ohren zu vernehmen, sodass ich rein gar nichts von dem verstand, was der plötzlich neben mir aufgetauchte, ziemlich kleine – aber korpulente - Mann so alles von sich gab. Was eine ganze Menge sein musste, denn als ich allmählich wieder zu meinem (immer noch hohen) Ruhepuls zurückgekehrt war, quasselte er noch immer wie ein Wasserfall.

„Verzeihen Sie meine Unhöflichkeit, aber dürfte ich fragen, wer Sie überhaupt sind?" Stille. Der Fremde hatte tatsächlich aufgehört zu sprechen. Stattdessen beäugte er mich nun genauestens, scannte meine Wenigkeit einmal von oben bis unten, dann sah er mir wieder in die Augen. „Wer ich bin, junger Mann? Sie wissen nicht, wen Sie vor sich haben?"

Zu behaupten, seine Attitüde und die leicht gehobene Stimme wären mir sehr unangenehm gewesen, wäre noch untertrieben. Erstens, dieser Kerl hatte mich dermaßen erschreckt, dass der groteske Luftweihnachtsmann geradezu freundlich und einladend auf mich wirkte und außerdem was wollte dieser Snob bitte jetzt auf einmal von mir? Seit nicht einmal einer Woche wohnte ich jetzt hier in Hamington, das einzig Eingerichtete in meiner Wohnung war mein Bett und die bereits vorher eingebauten Instanzen wie Bad und Küche, wie zum Kuckuck sollte ich da noch Zeit dafür gefunden haben, mich über sämtliche Einwohner dieser Kleinstadt zu informieren?

„Nun gut", fuhr der mir immer noch Fremde nach einem weiteren unangenehmen Moment des gegenseitigen Anstarrens und eines Seufzen seinerseits schließlich fort, „Mein Name ist Jack-." „The Ripper?" „Äh, nein, also ich heiße Jack-." „Dawson? Der Kerl aus Titanic?" „Also so eine Unverschämtheit, lassen Sie mich gefälligst ausreden!" Seine quietschige Tonlage verwunderte uns wohl beide gleichermaßen, denn während er augenblicklich rot anlief, erschrak ich tatsächlich selbst über mein vorlautes Verhalten. So ein Auftreten wäre dort, wo ich herkam, absolut inakzeptabel, weshalb mir Jack nun wiederum leidtat, denn den hatte ich in eine ordentlich peinliche Lage manövriert.

„Entschuldigen Sie bitte, Jack, die Arbeit hat heute so Einiges von mir abverlangt. Ich bin sonst nicht der Typ für freche Scherze, noch dazu auf derart saloppe Weise. Versuchen wir es also noch einmal von vorn. Mein Name ist Louis Tomlinson, ich stecke mitten in meinen goldenen 20ern und seit einigen Tagen darf ich die bezaubernde Atmosphäre dieses kleinen Örtchens als meine neue Heimat betiteln. Nun sagen Sie mir, Jack, wer sind Sie, woher kommen Sie und wo werde ich einen ebenso hübschen Weihnachtsmann auftreiben können wie Sie es getan haben?"

Dazu schenkte ich Jack ein strahlendes Lächeln, das jeden Zahnarzt vor Ekstase jauchzen hätte lassen und selbstverständlich erfüllte es auch bei einem einfachen Bürger wie ihm seinen Zweck.

„Oh, natürlich, Mr.Tomlinson. Ist doch alles längst Schnee von gestern. Und dabei ist hier noch kein einziges Flöckchen vom Himmel gefallen! Verstehen Sie, wegen Schnee? Von gestern?"

Un rêve de noël (larry stylinson)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt