chapitre deux

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Es war alles ein Traum gewesen. Musste es einfach. Denn als ich etwa um halb acht morgens die Augen aufschlug, war alles so wie immer. Dieselbe langweilige, weiß gestrichene Wand, der exakt gleiche, viel zu große Schrank, der noch immer nicht einmal halbwegs eingeräumt war und derselbe alte, nervtötende Weckton meines Handys hatte mich mal wieder viel zu früh aus dem Land der Träume gerissen, um überhaupt so etwas wie Motivation in mir wach kitzeln zu können.

Bisher war allerdings Fehlanzeige von plötzlicher Wachheit und gesunden neugewonnen Gewohnheiten. Stattdessen fühlten sich meine Füße so wahnsinnig verkühlt an, dass ich mir sicher war, Bodenfrost war heute Nacht nicht nur draußen ein Thema gewesen. Halleluja, so musste sich Reinhold Messner nach seiner Erklimmung des Mount Everests gefühlt haben. Und überhaupt, die logen einen doch alle dreist an in ihren dämlichen YouTube Videos. Nicht die Bergsteiger - auf den Gipfeln war das WLAN-Signal ja jetzt nicht unbedingt super stark - aber diese blöden Motivationsfritze, die tatsächlich behaupteten, ein Iced Latte am Morgen würde ihnen reichen bis zum Mittag ohne Bauchgrummeln durchzukommen. Energieschübe bevor die Sonne überhaupt aufgegangen war, dass ich nicht lachte!

Aber jetzt wo ich wenigstens schon mal wach war, konnte ich die Zeit auch einigermaßen effektiv nutzen. Denn wenn ich mich hier so umsah, hatte ich bestimmt noch neunzig Prozent aller Kartons auszupacken. Noch dazu musste das Zeug ja dann auch noch alles verräumt werden, da würde ich definitiv mehr als nur einen schwarzen Tee als Treibstoff benötigen. Kaffee konnte ich nämlich partout nicht leiden.

Nicht besonders begeistert schwang ich mich also aus meinem Bett, ignorierte meine kalten Füße – Gott sei Dank hatte ich heute nicht vorgehabt zu heiraten – und öffnete zuallererst die Rollläden meiner Fenster, um wenigstens etwas natürliches Licht in mein tristes Loch hier zu kriegen.

„Na große Klasse", murrte ich mit einem wenig begeisterten Blick nach draußen. Die Fensterscheiben beschlugen sofort, was mir eisige Temperaturen für heute vorhersagte und am Himmel hingen derartig viele Schleierwolken, dass die Sonne nicht die geringste Chance hatte irgendwo hervor zu spitzen. Also so hatte ich mir das nicht vorgestellt mit den produktiven Early Mornings. Aber gut, so war es, konnte man nicht ändern.

Nachdem ich also gelüftet und mein Bett gemacht hatte, lief ich geradewegs zum Wasserkocher, zog nicht über Los und kassierte leider auch keine zweihundert Euro dafür. Stattdessen hatte ich gerade alles zusammengesucht, was ich für meinen Start in den Tag alles benötigte, als mir auffiel, dass eines dann doch noch fehlte. Also machte ich kehrt und hob den Karton auf die Küchenzeile, der fett mit dem Wort KÜCHE versehen worden war, um nach meiner Lieblingstasse zu suchen.

„Jesses Maria, Herrschaftszeiten nochmal!" Hatte ich jetzt doch nicht geträumt? Oder doch? War ich etwa immer noch am Schlafen und hatte mir nur eingebildet aufgestanden zu sein? Aber solche komplexen Gedankengänge waren doch nicht normal für Träume, meine Güte!

„Tief durchatmen, Louis, schau einfach nochmal nach, sicher hast du dir das nur eingebildet." Langsam den Kopf schüttelnd und mit noch geschlossenen Augen fasste ich erneut nach dem Umzugskarton und öffnete seinen Deckel jetzt mit einem guten Meter Abstand. Also doch!

Wie gestern Abend bereits auch starrten mir zwei bernsteinfarbene Augen entgegen, das reinste Déjà-vu. Mit dem Unterschied, dass ich mich dem Himmel sei Dank wieder beruhigt hatte und mir nun auch sicher war, dass ich definitiv wach war. „Du siehst so aus, als wärst du ebenso begeistert wie ich, mich wieder zu sehen. Sorry, dass ich kein heißer Kater oder dein Besitzer bin, Kitty, aber das kriegen wir schon hin. Hoffe ich zumindest", murmelte ich dem Kätzchen entgegen, woraufhin es leise miaute und ich fast schon wieder einen Herzinfarkt erlitt. Konnten diese Dinger einen nicht vorwarnen? Überhaupt würde ich auch gerne mal wissen, ob ich hier einen Bro oder eine feine Katzendame vor mir sitzen hatte. Aber wie bitte fand man sowas heraus? Die hatten ja nicht unbedingt riesige Indizien zwischen den Beinen baumeln, so viel wusste selbst ich.

Un rêve de noël (larry stylinson)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt