Kapitel 4

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Hermine seufzte. Es war wirklich nicht fair, dass sie nach eineinhalb Wochen schon wieder so viele Hausaufgaben hatte und die Jungs noch nicht einmal richtig mit dem Lernen und der Arbeit angefangen hatten.

Na gut, so konnte sie das eigentlich auch nicht stehen lassen.

Harry hatte vielleicht noch nicht so viele Hausaufgaben, dafür hatte er aber jeden Abend bisher eine ganze Stunde die alten Lehrpläne des sechsten Schuljahrs wiederholt und sich teilweise sogar von Neville abfragen lassen. Ihm konnte sie also keinen Vorwurf machen.

Aber sollte Ron es heute Abend wagen sie zu nerven, nur weil er Sex wollte und obwohl er sehen konnte, dass sie viel zu tun hatte, dann konnte er sich jetzt schon mal auf in Donnerwetter einstellen. Sagen würde sie ihm das aber natürlich nicht. Er musste einfach langsam mal lernen, wann es klug war sie zu unterbrechen und wann er sie besser völlig in Ruhe ließ! Auch, wenn er natürlich meist sehr süß war.

Aber das würde schon werden. Irgendwann zumindest.

Sie blickte ihren festen Freund über den Gryffindortisch hinweg an.

Ron war gerade dabei zwei Hähnchenschenkel auf einmal zu vertilgen. Der Anblick war wie immer nur mäßig appetitlich. Aber irgendwie hatte sie sich in all den Jahren so daran gewöhnt, dass sie jetzt nur lächelnd den Kopf darüber schütteln konnte.

Niemand kam zwischen Ron und sein Mittagessen.

Bei Harry hingegen sah das anders aus. Der war ständig von seiner Mahlzeit abgelenkt. Und auch heute würde er wohl kaum dazu kommen seinen Teller leer zu putzen.

"Mr. Potter, hätten sie vielleicht kurz einen Augenblick für mich?", ertönte die dunkle Stimme von Snape hinter ihnen. Hermine sah sich nach dem Lehrer um.

Seit ihr klar geworden war, wie sehr der Mann ihren besten Freund mochte, sah sie ihn plötzlich in einem ganz anderen Licht.

Nicht nur, dass er auf einmal deutlich menschlicher wirkte, sie hatte auch angefangen seine Mimik und die Handlungen genauer im Blick zu behalten. Natürlich war sie von ihrem Trio bestimmt schon immer diejenige gewesen, welche den Mann am meisten analysierte. Aber sie hatte halt nur das große Ganze betrachtet und nicht die feinen Details im Auftreten des Lehrers.

Das war jetzt anders.

Und dadurch fiel ihr auch auf, wenn der Kerl nicht so gelassen war, wie er eigentlich tat. Jetzt zum Beispiel zuckte sein rechter Fuß unruhig umher, als könne er sich nicht entscheiden, ob er wirklich hier stehen bleiben wollte oder doch lieber weglief. Aber vielleicht fühlte er sich auf Gryffindorgebiet auch einfach deplatziert.

Über Harrys Gesicht ging ein Strahlen, als er den Tränkemeister sah. "Für dich doch immer, Severus.", sagte er freudig. "Was versteckst du da hinter deinem Rücken vor mir?"

"Ein Geschenk.", antwortet Snape schlicht und Hermine verschluckte sich vor Schreck beinahe an ihrem eigenen Speichel. "Du erinnerst dich noch an das Buch, über das wir vor einigen Wochen sprachen?"

Harrys Augen wurden ganz groß und er nickte. Hermine hingegen runzelte die Stirn. Seit wann interessierte Harry sich so sehr für Bücher, dass er darüber mit anderen Leuten Gespräche führte?

"Natürlich! Sag nicht, du hast es gefunden?"

Snape grinste und präsentierte dann ein Buch, welches bis zu diesem Augenblick von seinem Körper verdeckt worden war.

"Wahnsinn!", sagte Harry mit Begeisterung in der Stimme. Vorsichtig, beinahe hätte Hermine es als zärtlich bezeichnet, nahm er Snape das Buch aus den grazilen Händen.

Aus Hermines SichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt