Kapitel 10

1.2K 56 6
                                    

*POW Daichi*

Er la da, mitten im Wald. Auf seinem Gesicht konnte man die geschmolzenen Schneeflocken erkennen. Er lag regungslos dort, hatte die Augen noch geöffnet, aber sie starrten ins nichts. Ich rief seinen Namen, doch er reagierte nicht, bis sich schließlich seine Augen schlossen. Auf seinem Gesicht zeichnete sich ein lächeln. Ich hatte Panik, was war passiert? Die Bilder, wie ich Shimizus Zuhause aufgefunden habe und sie dann schließlich auch selber im Fluss, schossen mir durch den Kopf. Ich rief natürlich sofort einen Krankenwagen, dort teilte man mir dann erst nichts mit. Ich ließ aber nicht locker und schließlich sagten sie mir, dass er bloß eine Unterkühlung hatte. Dazu kamen noch, dass er ausgehungert war und nicht geschlafen hat. Aber er schwebt nicht in Lebensgefahr.

Jetzt gerade sitze ich hier an seinem Bett und warte darauf, dass er endlich aufwacht. Ich habe den anderen natürlich schon bescheid gegeben, wie ich ihn aufgefunden habe und wie es ihm gerade geht. Sie waren natürlich besorgt, warum sollte er auch bei so einer Temperatur in den Wald gehen und einfach da bleiben, ohne jemandem was zu sagen, 2 Tage! Ich weiß auch nicht, warum er das tat. Wollte er sich umbringen? Wollte er bloß seine Ruhe? Warum hat er das gemacht? Ich verstehe es nicht, aber jetzt gerade reicht es mir, hier sitzen zu können und seine Hand zu halten.

Es vergehen Stunden, bis er endlich seine Augen öffnet und mich ansieht. Vor Freude hätte ich am liebsten angefangen zu weinen. Auch wenn ich überglücklich bin, dass es ihm gut geht, weiß ich genau, uns steht noch ein wichtiges Gespräch bevor. Diesmal werde ich mich rühren, diesmal werde ich etwas sagen, diesmal wird er nicht weglaufen. Hätte ich doch bloß letztes mal irgendwie reagiert, wäre das jetzt nicht passiert.

Auch er weiß, dass er mir eine Erklärung schuldig ist und er beginnt, zu erklären. "Ich wollte das nicht. Ich habe einfach überreagiert, es tut mir leid..." Ich habe gerade so ein schlechtes Gewissen. Das ist alles meine Schuld. Hätte ich reagiert, hätte er sich nicht so schlecht gefühlt und dann wäre er nicht weg gelaufen. Es tut mir so leid suga.

" Es tut mir leid... Ich hätte reagieren müssen... Aber als du mir das gesagt hast, konnte ich nicht. Mein Körper hat nicht reagiert. Aber du verdienst eine Antwort. Suga, ich liebe dich doch auch! Ich hab dich immer geliebt, ich werde dich immer lieben."

Ich entschuldige mich bei ihm, obwohl das natürlich noch lange nicht alles gut macht. Ich weiß, ich habe das zu verantworten. Ich weiß auch, dass ich nicht für ihn da war. Er hat diese Krankheit, die ihn umbringen wird und ich war nicht da. Er musste das alles alleine durchstehen. Die ganze Zeit. Aber wie viel Zeit, wie lange er schon davon weiß, davon habe ich natürlich keine Ahnung. Ich hätte da sein müssen, ihn unterstützen. Aber ich war es nicht. Er war wahrscheinlich so fertig, auch wenn er es selber nicht weiß, und ich war einfach nicht da. Und dann will ich ihn mein nennen... Dann will ich mit ihm zusammen sein... Dann will ich, dass er nur mir gehört... Ich bin ja schon echt schlimm.

Gerade, als ich bemerke, wie mir eine Träne die Wange herunter kullert, spüre ich seine Hände, die sie weg wischen. Seine Hände sind noch immer kalt, aber lange nicht mehr so schlimm. Seine Hände zittern leicht, also greife ich nach ihnen. Das mache ich ganz automatisch, ohne es zu steuern. Genau diese Aktion bringt ihn zum lächeln.

Sein Lächeln ist so wunderschön. Es ist das schönste, was ich je gesehen habe. Ich könnte ihn stundenlang ansehen, mir würde niemals langweilig werden. Seine Augen, ich verliere mich jedes Mal aufs Neue in ihnen. Er ist einfach so wundervoll. Ich würde jedes Verbrechen der Welt begehen, nur damit er glücklich ist. Ich würde niemanden je schlecht über ihn reden lassen, ich würde ihn beschützen, ich würde sofort eine Kugel für ihn einfangen. Er ist einfach so ein perfekter Mensch. Ein Engel. Ich liebe ihn so sehr.

Langsam bewege ich meinen Oberkörper nach vorne. Ich beuge mich immer weiter zu ihm runter, bis unsere Gesichter nur wenige Zentimeter voneinander entfernt sind. Ich sehe ihm direkt in seine Augen, ich verliere mich darin. Ich kann nicht weg sehen. Auch er erwidert meinen Blick. Dieser Moment ist Atemberaubend. Er macht nicht den Eindruck, als wollte er mich weg stoßen. Soll ich?

Dann schließe ich meine Augen und überbrücken die letzten Zentimeter. Meine Lippen liegen jetzt genau auf seinen. Wir verharren einige Augenblicke in dieser Position, bis ich mich wieder zurück bewege. Ich öffne meine Augen wieder und finde seine geschlossen vor. Dann öffnet auch er sie und lässt sie mich direkt ansehen. Mein Gesicht hat vermutlich die Farbe einer Tomate angenommen, aber ich sehe ihm weiterhin fest in die Augen. Diese wunderschönen Augen fesseln mich.

Wir haben uns geküsst, heißt das jetzt, wir sind zusammen? Können wir den anderen davon erzählen? Können wir das öfter machen, auch in der Öffentlichkeit? Der Kuss ist zwar nur wenige Sekunden her, doch ich sehne mich schon jetzt nach seinen Lippen. Diese Sehnsucht danach, mein Herz brennt. Ich will das Gefühl, was ich eben hatte immer spüren. Mein Herz hat geklopft, so schnell war es noch nie. In meinem Magen kribbelt alles, als seien Schmetterlinge darin. Und dann war da noch dieses Gefühl, dieses warme Gefühl in meinem Bauch. Ich habe mich so geborgen gefühlt, so schwerelos. Ich will nur noch das spüren, nie wieder etwas anderes.

"Was ist jetzt?" platzt Es aus mir heraus. Ich muss es wissen, ich halte diese Unsicherheit nicht aus. Sind wir jetzt zusammen??? Nichts auf der Welt würde mich glücklicher machen! Aber es geht hier darum, ob es auch ihn glücklich macht. Noch bevor ich weiter über diese Sekunden der Stille nachdenken kann, spüre ich seine Hände auf meinem Nacken. Sie ziehen mich zu ihm runter, immer weiter, bis sich unsere Lippen erneut treffen und im Einklang bewegen. Verdammt Suga, was löst du nur immer für ein Chaos in mir aus. Meine Gefühle drehen gerade durch, ich kann nicht mehr klar denken. Du vernebelst meine Sinne, alles in mir ruft ganz laut nach dir. Suga, ich liebe dich!

Nachdem wir uns voneinander lösen, lächelt er mich breit an. Ich kann nicht anders, als ihm mit einem genauso breiten Lächeln anzusehen. Dann kann ich mich nicht mehr zurrück halten, ich muss es ihm einfach sagen! "Suga, ich liebe dich so sehr!" daraufhin muss er noch mehr lächeln. Dieses Lächeln... Ich kann gar nicht beschreiben, wie gut es ihm steht!

"Ich liebe dich auch Daichi" er grinst mich an, als er das sagt. Dann nimmt er meine Hand. Ich verschränke meine Finger mit seinen. Ich sitze gerade neben seinem Bett und bin einfach nur glücklich. Dann kommt eine Krankenschwester rein, um ein paar Tests zu machen. Ihr Blick fällt auf meine Finger, in der selben Sekunde in der sie breit zu lächeln beginnt. Ein Blick zu Suga neben mir genügt, um auch seine erröteten Wangen zu erkennen. Das macht ihn noch süßer. Er ist einfach so perfekt, ich hoffe wir kommen bald hier raus, um allen davon zu erzählen.

Hoffnung / DaisugaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt