Kapitel 19

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Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass fünf Minuten langsam ihrem Ende nahten. Und als hätte er meine Gedanken gelesen gehabt, kam Tom polternd die Treppen hinunter, angezogen in einer weißen Jeans und einem schlichten, blauen T-Shirt.

In seiner linken Hand hielt er einige andere Klamotten „Hier, zieh die an."

„Was?" Fragend zog ich eine Augenbraue nach oben.

Warum sollte ich Klamotten von ihm tragen?

Hatte er in diesem Moment keine anderen Sorgen gehabt?

Ich musste los.

Musste zu meiner Mutter.

„Denkst du wirklich, ich lasse dich alleine fahren? Nein. Du bist viel zu aufgelöst. Also-" er trat einen Stück näher an mich heran und hielt mir eine graue Jogginghose und ein weißes Shirt entgegen „Zieh die hier an. Ich werde dich fahren und bei dir bleiben. Solange wie du mich an deiner Seite brauchst."

Mein Herz schmolz förmlich bei seinen Worten. Er war so aufmerksam gewesen, so liebevoll. So perfekt.

„Danke." Stammelte ich etwas überrumpelt und nahm seine Sachen entgegen.

Dann lief ich ins Bad und zog mich um. Seine Klamotten waren mir etwas zu groß gewesen, doch es störte mich keines Weges. Stattdessen band ich vorne in das Shirt einen Knoten, sodass es etwas angebrachter und moderner aussah. Die Jogginghose passte am Bund perfekt, war jedoch unten an den Beinen um einiges zu groß gewesen und stand daher ein wenig ab.

„Also. Können wir los?" Fragte ich ihn ungeduldig, nachdem ich wieder aus dem Bad in den Flur getreten war und eilig nach meiner Tasche griff.

„Wenn du fertig-" mitten in seinem Satz brach er ab, als er sich zu mir umgedreht hatte. Auf seinen Lippen spielte ein kleines Lächeln. Seine blauen Augen funkelten amüsiert „Du siehst niedlich aus."

Schmetterlinge flogen in meinem Bauch auf und ab. Es waren mindestens um die hundert Stück gewesen. Wie konnte jemand, den ich gerade einmal ein paar Wochen kannte, mich so fühlen lassen? Wie war so etwas bloß möglich gewesen.

Ironisch verdrehte ich die Augen und überspielte damit meine Verlegenheit „Charmant."

Sein Lächeln wurde noch breiter. Dann griff er auf die Kommode nach seinem Autoschlüssel und öffnete die riesige Haustür hinter ihm. Mit seiner Hand machte er darauf folgend eine Bewegung die mir verdeutliche loszugehen.

„Wenn ich bitten darf."

Keine Minute später saßen wir in seinem Jeep und er fuhr los. Aus dem Radio spielte neumoderne Musik. Die Sonne stand hoch am blauen Himmel. Die Vorstellung, dass in einigen Wochen Weihnachten gewesen war, war kaum vorstellbar gewesen.

„Bist du schon in Stimmung?" Durchbrach er unsere Stille.

„In Stimmung?" Mein irritierter Blick wanderte vom Fenster hinüber zu ihm.

„Ja. In Weihnachtsstimmung." Er biss sich auf die Unterlippe.

Etwas, was mich wahnsinnig machte.

„Nein-" antwortete ich schnell und sah wieder aus dem Fenster „Es ist viel zu warm für Weihnachten."

„Wir leben am Meer-" lachte er „Was erwartest du? Weiße Weihnachten?"

„In meinem gesamten Leben habe ich bis jetzt erst eine weiße Weihnachten gefeiert."

„Wie kommt das?" Seine Stimme hatte etwas entsetztes in sich gehabt, etwas unglaubwürdiges.

„Meine Familie lebte schon immer hier. Daher auch ich. Als ich ein Kind war sind wir ein Weihnachten lang nach Norwegen, zu entfernten Verwandten, gefahren. Es war eiskalt und überall lag Schnee. Zudem war es dort die ganze Zeit dunkel gewesen. Aber wir haben Polarlichter gesehen. Sie waren wunderschön und haben uns die perfekte Weihnacht beschert-" mein Blick wanderte wieder in seine Richtung „Und was ist mit dir? Hattest du schon einmal weiße Weihnachten?"

„Oh ja." Er klang ein wenig wehmütig „Meine Familie und ich; Wir haben in Epsom gelebt. Eine kleine Stadt vor London. Dort gab es nahezu jede Weihnachten eine Menge an Schnee."

„Du hast in England gelebt?" Etwas, was ich noch nicht gewusst hatte.

„Bis zu meinem 21 Lebensjahr." Erklärte er.

„Und wie kam es, dass du hierher umgezogen bist?"

„Das war eine berufliche Entscheidung. Weißt du, in den USA gibt es bessere Angebote für Menschen wie mich, für Schauspieler. In England war das Alles nicht immer ganz so einfach. Dort gab es zwar auch das ein oder andere Angebot, aber ich wollte meine Karriere groß machen. Wollte ein großer Schauspieler bei einzigartigen Filmen werden."

Erneute Stille trat ein und es schien mir so, als würden seine Gedanken abschweifen. Vielleicht zu ehemaligen Zeiten, die er erlebt hatte. Vielleicht zu seinem ehemaligen zu Hause. Es war gut möglich gewesen. Und es war bestimmt nicht einfach gewesen, sein zu Hause zu verlassen. Den Ort, an dem man aufgewachsen war, von klein auf.

Tom Felton- Unser gemeinsames SchicksalWo Geschichten leben. Entdecke jetzt