Kapitel 30

1K 44 10
                                    

Nach wenigen Stunden wurden meine Freunde weggeschickt, da ich noch mit den Ärzten über meine "geistige Lage" sprechen sollte.
So ein Quatsch! Ich war von einem Baum gefallen. Nicht von Psychopathen entführt... okay, doch. In gewisser Weise kann man Larissa so beschreiben. Aber trotzdem. Ich brauche doch nicht gleich zum Psychologen zu gehen! Aber gut. Papa wollte es so, und den Gefallen sollte ich ihm tun.
„Guten Tag, Frau Santos.", sagte der Psychologe zu mir und steckte mir seine Hand entgegen.
„Guten Tag, Doktor Kottmann.", ich nahm seine Hand und schüttelte sie herzhaft.
„Magst du über deine Ereignisse reden? Oder ist dir das zu viel? Wenn ja, dann ist das überhaupt nicht schlimm. Du kannst jederzeit reden, wenn du dich bereit dazu fühlst."
Eigentlich wollte ich mich schrott lachen, da Dr. Kottmann offenbar dachte, ich hätte psychische Probleme, aber das war ja auch sein Job.
„Nein, alles gut. Ich wurde von meiner Mutter entführt, und konnte fliehen. Tatsächlich hatte ich ihr das auch zugetraut aber na ja. Das was mich an dem ganzen am meisten traumatisiert hat, war der Schuss. Natürlich habe ich ab und zu ein wenig Angst, und vermutlich werde ich noch eine Weile brauchen, bis ich mich alleine durch enge Gassen traue, aber wenn ich ehrlich bin, glaube ich nicht, dass ich professionelle Hilfe brauche.", gestand ich.
Auch wenn Psychologen nicht zu meinen Lieblingsmenschen gehörten, fand ich es nicht fair, ihn zu belügen. Mit Sicherheit hatte er etwas Besseres zu tun, als sich mit mir zu unterhalten, obwohl ich überhaupt kein Problem hatte.
Erst sah er etwas erstaunt aus, aber dann nickte er: „Ich glaube, dass war die kürzeste Unterhaltung, die ich je mit einem Patienten geführt habe. Aber du scheinst mir auch nicht psychisch instabil, also kann ich dich guten Gewissens entlassen. Viel Spaß und pass auf dich auf.", er stand wieder auf und reichte mir die Hand. Ich stand ebenfalls auf und lächelte ihn an.
„Trotzdem danke.", sagte ich als ich den Raum verließ.
Draußen wartete Papa. „Das ging jetzt aber flott.", stellte er fest.
„Ich war ehrlich zu ihm, und habe ihm gesagt, dass ich nicht glaube das ich professionelle Hilfe brauche. Das hat er hingenommen und mir gesagt ich wäre nicht psychisch instabil. Dann durfte ich gehen."
Papa seufzte. „Du machst mich noch verrückt. Du sollst doch dahin gehen, um dir helfen zu lassen. Aber gut. Ich habe auch nicht wirklich etwas anderes erwartet.", er grinste. Ich grinste zurück und gemeinsam fuhren wir nach Hause.

Vier Stunden später saß ich im Flieger neben Samu und Papa. Wir wollten noch heute zurück nach Berlin fliegen. Etwas ärgern tat mich das ganze ja schon. Ich war in den letzten vier Tagen zwei Mal geflogen und flog heute das dritte Mal nach Berlin. Das war Umweltverschmutzung pur! Aber ich konnte auch nichts dagegen tun. Außer hoffen, dass wir die nächsten Wochen in Berlin blieben.
Als der Flieger abhob sah Samu mich von der Seite an.
„What are you think about?", fragte er.
„Ich freue mich irgendwie auf Berlin, vermisse Köln aber auch schon."
„We are in Cologne right now!"
„Ich weiß, aber es ist anders in einem Flugzeug, als wenn man auf der Domplatte oder am Rhein steht."
„That's richtig. But ich denke, you will be hier in some weeks again."
Zwar beruhigte mich das nicht wirklich, aber trotzdem nickte ich und lächelte.
„Da hast du recht.", ich lehnte meinen Kopf an meine Lehne und steckte meine Kopfhörer in die Ohren.
Meine Gedanken kreisten und ich wusste nicht, worauf ich mich als erstes konzentrieren sollte. Auf die Ereignisse der letzten Tage? Mein Heimweh? Meine Freunde? Oder doch auf Samu und seinen seltsam verträumten Blick?
Noch als ich überlegte, worüber ich mir den Kopf jetzt zerbrechen könnte, war ich auch schon eingeschlafen.

Als ich aufwachte lehnte ich nicht mehr an meiner Lehne. Nein, mein Kopf war auf Samus Schulter gefallen. Ich schreckte hoch als ich realisierte.
„Du hast so beatiful geschlafen. I didn't want to wake you up.", sagte er und lächelte wieder. Seine Augen waren ein wenig glasig, als hätte er fast geweint. Ich wusste zwar nicht, was los war, doch ich spürte das er jetzt eine Umarmung brauchte. Ich schlang meine Arme um ihn, ehe ich überlegen konnte, warum. Er zögerte etwas, doch dann schloss auch er mich in die Arme. Ich drückte ihn ganz fest an mich, da ich spürte, dass ihn etwas beschäftigte.
Nach einiger Zeit räusperte Papa sich lautstark. Ich lies Samu los und drehte mich um.
„Bist du etwa eifersüchtig?", fragte ich.
Papa zog eine Schnute. „Ein bisschen... vielleicht...", gestand er. Ich lachte leise und umarmte Papa dann mindestens genauso lange. Dann ließ ich auch ihn los, und blickte zwischen meinen Begleitern hin und her. Ich saß zwischen zwei Männern, die beide leicht rote Augen hatten und so aussahen als würden sie gleich in Tränen ausbrechen. Ich verstand rein gar nichts mehr! Hatte ich etwas verpasst?
„Will mir bitte einer von euch beiden mal erklären, warum ihr so schaut?", fragte ich vorwurfsvoll. Samu sah mich verträumt durch seine roten Augen an, und zeigte keine Anzeichen, dass er mir antworten wollte. Ich sah zu Papa, der auch verträumt aussah. Ich schaute zwischen beiden hin und her und lies frustriert meine Hände auf meine Beine fallen.
„Sagt ihr mir jetzt bitte, was los ist!", sagte ich ruhig, aber bestimmt.
Endlich regte Papa sich. „Na ja... Laila, du... also... als Samu und ich nach Hause gekommen waren, haben wir einen Zettel gefunden. Auf dem Zettel stand eine Drohung. Wir sollten am Abend eine halbe Million in Bar zum Park bringen, oder wir hätten dich nicht wieder bekommen. Ich war an einem emotionalen Tiefpunkt, und Samu hatte Schreckstarre. Er hat sich nicht bewegt. Dann kam der Anruf der Polizei und sie haben gesagt, wir könnten dich im Polizeirevier abholen. Wir waren gerade auf dem Weg dorthin, da haben sie uns wieder angerufen und gesagt, du wärst im Krankenhaus. Wir sofort dahin. Und du warst im Koma. Du warst lange im Koma. Sowohl Samu als auch ich haben uns nur Sorgen gemacht.", langsam dämmerte es mir. Doch ich wollte, dass Papa es mir sagte. „Und du bist ja nicht nur mir wichtig. Auch für Samu. Du bist so etwas wie..."
„You are like a daughter for me.", unterbrach Samu ihn. 

SEINE Tochter (Nico Santos)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt