Kapitel 45

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Wir waren schon seit einiger Zeit auf der Autobahn und ich hatte tatsächlich noch kein Wort mit Larissa gewechselt. Sie sollte ruhig merken, wie wenig ich etwas mit ihr unternehmen wollte.
„Jeff, kannst du bitte an der nächsten Raststätte halt machen!", sagte sie nach vorne zu unserem Fahrer. Dieser nickte nur kurz. Ich hörte derweil Musik. Es war der einzige Trost den ich in dieser Situation hatte. Und meine Fotos.
Ich hatte eine Menge Bilder auf meinem Handy, die mich in früheren Situationen zeigten. Gerade schaute ich mir ein Bild von mir und Papa an, als ich noch ganz klein gewesen war. Vielleicht drei oder vier Jahre. Das Bild zeigte mich und Papa wie wir Hand in Hand über einen kleinen Weg auf Mallorca gingen. Da ich noch sehr klein gewesen war, musste Papa in die Hocke gehen, damit ich überhaupt an seine Hand kam. Ich musste lächeln. Das Bild sah schon irgendwie sehr süß aus.
„Was schaust du da?", fragte Larissa neugierig doch ich schaltete mein Handy nur aus und sah wieder aus dem Fenster. „Laila, du kannst mich nicht fünf Tage lang ignorieren!", sagte sie.
Wenn du wüsstest..., dachte ich und lächelte finster. Ich fragte mich, was Papa gerade tat. Vielleicht war er bei Samu. Oder im Studio. Wie gerne ich da auch wäre. Aber nein, ich musste mit einer verrückten Frau quer durch die Republik gurken, weil sie am anderen Ende von Berlin wohnte! Ich seufzte frustriert. Wieso musste diese Frau auch einfach in mein Leben rein spazieren, und alles auf den Kopf stellen?!
Fünf Minuten später, standen Larissa und ich im Raststätten-Restaurant und Larissa versuchte mich dazu zu überreden, etwas zu essen zu kaufen. Doch ich wollte nicht. Stattdessen überlegte ich, wie ich Mist bauen könnte. Plötzlich kam mir eine Idee. Ich tat so, als wäre mir furchtbar schwindelig, und taumelte hin und her. Dabei stieß ich "versehentlich" einen Ständer mit Tassen um. Sämtliche Tassen fielen auf den Boden und gingen zu Bruch. Die Raststätte war erfüllt von dem Klirren der Tassen auf dem Boden. Ich beschloss, einfach in das Regal mit Kuscheltieren zu fallen, in der Hoffnung, dass ich mir nicht allzu doll weh tat. Und so taumelte ich kurzer Hand in das Regal mit den Kuscheltieren.
„Oh mein Gott! Laila, ist alles in Ordnung?", rief Larissa hysterisch.
„Mir... ist... so....schwiiiiindeliiiig!", murmelte ich und versuchte aufzustehen. Doch "leider" ging das nicht so einfach. Ich stürzte noch einmal und landete dieses Mal nicht so weich zwischen Kuscheltieren, sondern zwischen Büchern. Innerlich lachte ich mich kaputt. Ich hatte keine Ahnung, wie viel das alles kosten musste, was ich gerade zerstörte. Aber ich hoffte, es würde einiges sein.
„Bring ihr Wasser!", rief Larissa und irgendjemand drückte mir eine Flasche in die Hand. Ich trank ein paar Schlucke und reichte die Flasche dann in Larissas Richtung, doch ehe sie die Flasche richtig fest hielt, lies ich los. Der gesamte Inhalt ergoss sich über den Büchern.
Das reicht glaube ich fürs erste!, dachte ich und hörte wie die Stimme von Samu in meinem Kopf sagte: „Now I know, warum Laila sometimes ist a little Devil!"
Ich verkniff mir krampfhaft ein grinsen und stand mit wackeligen Beinen auf.
„Ich glaube, es geht wieder...", sagte ich und stützte mich beim raus gehen an die Regale. Hinter mir, starrten viele Menschen verwundert hinter mir her, und ich hörte wie Larissa sagte:
„Ich werde selbstverständlich für den Schaden aufkommen!"
Und damit, hatte ich mein Ziel für heute erreicht.
Kaum das Larissa wieder da war, fuhren wir auch schon wieder los.
„Das ist ja noch einmal gut ausgegangen! Geht's denn jetzt wieder?", fragte sie. Ich antwortete nicht, murmelte stattdessen:
„Mit Papa wäre das nichts passiert!"
Ich wollte, dass sie es hörte und gab mir daher keine Mühe, leise zu sein. Sie sah mich etwas wütend an doch sagte nichts. Die restliche Fahrt verlief auf Grund von meinem "Schwindel" fast schweigend. Ab und zu fragte Larissa wie es mir ginge, doch ich antwortete nicht. Dann fuhren wir von der Autobahn runter und auf eine Landstraße die in die Stadt führte. Dort angekommen war ich positiv überrascht. Das Haus von Larissa sah eigentlich gar nicht so schlecht aus. Ich wollte immer noch nicht hier sein, aber wenigstens wohnte ich nicht unter einer Brücke oder in einem unglaublich hässlichen Haus. Als wir auf das Gelände fuhren, verdrehte ich die Augen. Mann musste nicht unbedingt jedem so klar zeigen, dass man Geld hatte. Das Gelände war riesig und mit einem großen Springbrunnen verziert.
„Gefällt es dir?", fragte Larissa.
„Nein.", antwortete ich was zwar nicht ganz der Wahrheit entsprach, aber auch nicht vollkommen gelogen war. Das Haus war von innen noch protziger als von außen. Ich sah mich in dem Flur um, der so groß wie eine kleine Wohnung und sah dadurch irgendwie leer aus. Alles war weiß und meine schwarze Lederjacke passte so gar nicht in den Flur rein. ICH passte da so gar nicht.
Larissa zeigte mir mein Zimmer und ich war extrem überrascht. Auch hier war alles weiß! Weißes Bett, weißer Tisch, weißer Boden, weiße Wände, weißer Schrank, weißer Teppich sogar der Stuhl war weiß! Ich pfefferte meinen Koffer in die Ecke und warf mich dreckig wie ich war auf das Bett.
„Möchtest du was trinken?", fragte Larissa doch ich schüttelte den Kopf.
„Irgendwie, ist mir das Zimmer zu weiß!", sagte ich und verschränkte die Beine.
„Du kannst gerne das Zimmer dekorieren, wie du willst!", sagte Larissa und lächelte etwas. Ich nickte und starrte an die weiße Wand. Larissa verließ das Zimmer wieder und ließ mich alleine. Sofort stand ich auf und ging zu meinem Koffer. Ich hatte einige Poster gekauft und mitgenommen. Darunter ein Poster von Sunrise Avenue, SDP und Papa. Ich ging zum Tisch in der Hoffnung dort Klebeband zu finden. Und tatsächlich. Der Tisch war ordentlich und aufgeräumt und beinhaltete alles was man brauchen könnte. Ich nahm das Klebeband und hing die Poster an die Wand. Schon war das Zimmer etwas schöner.
Ich beschloss meinen schwarzen Laptop auf den Tisch zu stellen, damit wenigstens etwas mehr anderes als weiß in diesem Zimmer war. Ich schaltete ihn auch gleich an und schickte meiner Schule eine E-Mail, damit sie wussten, dass ich in den nächsten Tagen an den Videocalls teilnehmen würde. Dann nahm ich mein Handy aus der Tasche und rief Papa per Facetime an.
„Hallo mein Schatz!", sagte er und lächelte. Ich quälte mir ebenfalls ein Lächeln ins Gesicht und erzählte Papa vom heutigen Tag. Dieser lachte sich Schrott, als ich ihm erzählte, dass ich "versehentlich" in einen Ständer mit Tassen gefallen war.
„Wenn ich nicht gesagt hätte, dass du das ruhig tun darfst, würde ich mit dir schimpfen.", grinste er und ich lächelte ebenfalls.
„Hab dich lieb Papa. Und vermisse dich jetzt schon.", sagte ich und wurde etwas traurig.
„Ich habe dich auch lieb! Und du glaubst gar nicht, wie langweilig es jetzt hier ist! Den haben Tag im Studio und danach... nichts!"
Ich grinste. „Ich glaube, ich rufe Onkel Samu gleich vor dem Schlafen gehen noch einmal an...", sagte ich.
„Du kannst dir ja essen bestellen. Freut Larissa sich bestimmt.", grinste Papa und ich lachte.
„Gute Idee! Und dann alleine hier essen!"
Er nickte.
„Hab dich lieb, Papa!", verabschiedete ich mich, und rief bei einer Pizzeria an. Ich bestellte Pizza und wartete. Als es endlich klingelte, ging ich nach unten und nahm die Pizza in Empfang.
„Larissa!", rief ich, und verschwand in meinem Zimmer. Dort lachte ich mich erst halb tot, und aß dann die Pizza. Ich las noch ein wenig in meinen Büchern und machte mich dann bettfertig. Dann rief ich noch einmal Onkel Samu an und redete noch gut eine halbe Stunde mit ihm. Doch dann mussten wir beide ins Bett und ich ging wesentlich früher als sonst ins Bett.  

SEINE Tochter (Nico Santos)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt