4; unerwartete Tatsachen

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Zuvor hatte mich Amika in die Küche gebracht, wo ich mit großem Appetit eine Menge leckerer Speisen verdrückte während sie die Küche zusammenkehrte und mir die Mägde die in der Küche ihre Arbeit verrichteten vorstellte. Nun ging ich gerade wieder durch die Gänge des Schlosses und war nirgendwohin auf dem Weg.

„So viele Namen, die ich mir gar nicht alle merken kann.", dachte ich mir und ein glückliches Lächeln breitete sich auf meinen Lippen aus, da es hier doch nicht so schlimm war, wie ich zuerst gedacht hatte. „Und alle in der Küche waren super nett.", dachte ich weiter, als ich auch schon meinen Blick vom Boden hob und vor mir im Gang den Mann erblickte den ich unter allen Umständen meiden hätte wollte.

„Sina da bist du ja.", sagte er erfreut und machte weitere Schritte auf mich zu, während ich abrupt stehen geblieben war und meinen Kopf nun nach hinten drehte um zu sehen ob ich dort lang entkommen konnte. Der Gang war leer, sodass ich mich einfach umdrehte und die Flucht in die entgegengesetzte Richtung des Grafen ergriff.

In meiner Panik rannte ich den Gang entlang und öffnete dann erneut irgendeine Tür. Woraufhin ich mich in der Bibliothek wiederfand. Bewundernd sah ich all die hohen Regale, die mit Büchern nur so befüllt waren an, als mein Blick auch schon auf eine Magd fiel die hier Staub wischte.

„Was kann ich für euch tun junge Dame?", fragte diese, nachdem sie meinen Blick bemerkt hatte. „Ähm... nichts, vielen Dank", sagte ich stockend, woraufhin ich prüfend einen Blick zu Tür warf. „Habt ihr euch verlaufen? Soll ich euch zurück zum Grafen bringen?", fragte diese und legte nun den Staubwedel zur Seite. „Nein", verließ es panisch meinen Mund, „Nein das wird nicht nötig sein", fügte ich hinzu, um meine Panik zu überdecken, doch die Magd schien gar nicht darauf ein zu gehen.

„Hier entlang", meinte sie freundlich und ging zur Tür. Doch ich wollte unter gar keinen Umständen wieder hinaus auf den Gang, während der Graf dort war, weshalb ich keine Anstalten machte ihr Richtung Tür zu folgen.

Ihr Blick wechselte von freundlich auf ernst, woraufhin sie auch schon meinen Arm packte und mich Richtung Tür zog. Ich stemmte mich mit aller Kraft dagegen als sie auch schon die Tür geöffnet hatte und nur noch ein kleines Stück fehlte bis sie draußen stand und ich damit unweigerlich mit ihr.

„Lass mich los", gab ich verzweifelt von mir. Ich wollte da nicht raus!

„Graf Temingen", sagte sie überrascht und dennoch respektvoll, während sie mich schlagartig losließ, so dass ich nach hinten stürzte und sie einen Knicks vor dem Grafen machte, der in genau diesem Moment in der Tür erschien. Ich rappelte mich wieder auf und strich mein Kleid glatt.

„Fiona, du kannst fürs Erste gehen. Ich möchte jedoch von niemandem gestört werden.", sagte er, woraufhin er ihr einen kurzen Blick zuwarf und seine Augen schließlich nur auf mich richtete.
„Fiona? War sie nicht die jenige die laut der Aussage von Amika in den Grafen verliebt war?!", ging es mir durch den Kopf, während ich sie dabei beobachtete wie sie erneut einen Knicks vor dem Grafen machte und dann aus der Tür in den Gang hinaustrat.

Als ich realisierte, dass ich nun wieder mit dem Grafen alleine im Raum war, machte ich instinktiv ein paar Schritte zurück und schaute mich in der Bibliothek nach einem zweiten Ausgang um, doch vergeblich. Er schloss die Tür hinter sich und kam auch schon auf mich zu, mit den Worten: „Es tut mir leid, ich hätte das Ganze langsamer angehen sollen. Wir kennen uns ja schließlich kaum."

Irritiert über seinen Wandel, was ich so überhaupt nicht kommen gesehen hatte, blickte ich ihn verwundert an, wie er schließlich einen Schritt neben mir stehen blieb und an dem Bücherregal emporblickte.

„Fantasie...", sagte er einfach nur, woraufhin ich ihn mehr als verwirrt anblickte, und mich fragte was das nun wieder zu bedeuten hatte? „Hast du dich nie gefragt ob diese Legenden die uns in jungen Jahren erzählt werden, tatsächlich wahr sind, oder sein könnten" meinte er, schaute mich dabei einen Moment an, bevor er auch schon wieder hinauf zu den höher gelegenen Büchern schaute.

„Legenden sind Legenden,...", sagte ich frei heraus: „ich wäre jedoch nie auch nur auf die Idee gekommen diese als wahr anzusehen,... obwohl mir mein Vater einst sagte, dass in jeder Geschichte, ein Fünkchen Wahrheit steckt..." „Da hat dein Vater recht, in jeder Geschichte steckt ein wahrer Kern", sagte der Graf, bevor er auch schon ein anderes Thema anschnitt, das zum Glück nichts mit Zukunftsplänen oder Kindern zu tun hatte!

Wir redeten lange über viele verschiedene Dinge, es reichte zwar nicht dazu, dass ich nun sagen würde, dass ich erfreut war ihn als meinen Ehemann zu haben, aber es ließ mich ihn mit anderen Augen sehen, mit Augen in denen er netter war, als ich gedacht hatte.

„Ich muss dann auch schon gehen, ich habe noch Angelegenheiten, die ich klären muss.", sagte er zu mir und ging danach zur Tür. „Fiona, wird dich begleiten und dir alles zeigen", meinte er nachdem er bereits die Tür geöffnet hatte und sich noch einmal zu mir umgedreht hatte.

„Fiona?! Wieso ausgerechnet sie?... konnte es denn keine andere Magd sein, wie Amika zum Beispiel?...", dachte ich mir, während mir gleichzeitig durch den Kopf ging, dass ich nicht auf Schritt und Tritt von einer Magd begleitet werden wollte. Ich wusste allerdings nicht wie ich das dem Grafen verständlich machen sollte, ohne dass es beleidigend rüberkommen oder ich womöglich etwas Falsches sagen könnte. Weshalb nur diese Worte meinen Mund verließen: „Ähm... ich...".

„Was gibt es denn?", fragte er, wobei er die Türklinke losließ und mich fragend anschaute. „Ich... Ich möchte nicht ständig von einer Magd begleitet werden. Ich möchte mir über einige Dinge klar werden,... alleine...", sagte ich schließlich und blickte ihn dann unsicher an. Er schaute einen Moment nachdenklich zu Boden und meinte dann zögerlich: „OK, dann sollte Fiona zumindest wissen wo genau du dich, zu jeder Zeit aufhältst" Ich lächelte ihm dankbar zu und nickte bestätigend. Dann drehte er sich auch schon ein für alle Mal um und ging aus der Bibliothek, ließ jedoch die Tür dabei offen sodass ich am Gang seine Stimme hören konnte wie er mit jemand anderem sprach: „Die Gräfin wünscht, nicht ständig begleitet zu werden. Du hast auf sie zu hören, wenn sie sagt sie möchte allein gelassen werden. Jedoch musst du zu jeder Zeit wissen wo sie sich aufhält, ich möchte nicht das sie verloren geht" „Ja, Graf Temingen", sagte eine mir bekannte Stimme, woraufhin sich auch schon ein Paar Schritte dem Gang entlang entfernten und ein zweites Paar Schritte dem Raum näherten. Schließlich kam Fiona durch die offenstehende Tür und schloss diese danach.

Sie machte einen Knicks vor mir, der nicht sehr freiwillig aussah, so als müsste sie sich dazu überwinden und meinte dann zu mir: „Sollen wir? Ich zeige ihnen gerne alles.", wobei auch das etwas abfällig klang. „Es wäre mir eine Freude.", meinte ich leicht lächelnd, etwas verunsichert was ich wirklich von dem Ganzen halten sollte. ...

Die Magd fing an mir hier in der Bibliothek alles zu erklären, wo welche Art von Büchern zu finden waren und wie lange dieses Schloss bereits der Familie Tamingen gehörte. Wobei die ganze Zeit eine unangenehme Spannung in der Luft lag, die nicht ewig so bleiben konnte und ich musste daran denken, dass wir beiden keinen wirklich guten Start gehabt hatten.

„Es tut mir leid.", platzte es aus mir heraus, woraufhin mich die Magd verwirrt anblickte, da sie nicht verstand wofür ich mich entschuldigte, geschweige denn, dass das womöglich noch nie ein Graf oder eine Gräfin vor mir getan hatten.

„Es tut mir leid, dass...", nach den richtigen Worten suchend, die sie nicht verletzen, kränken oder bemitleiden, stockte ich, bevor ich weiter redete: „Es tut mir leid, dass ihr in den Grafen verliebt seid und er mich zu seiner Frau genommen hat."

Mit geweiteten Augen blickte sie mich entsetzt an, als hätte ich ihr größtes Geheimnis aufgedeckt. „Ich wünschte, er hätte euch als seine Frau genommen", meinte ich ehrlich zu ihr, woraufhin sie mich überrascht anblickte und dann zu Boden blickte und sich ihre Wangen etwas rosa färbten.

Es herrschte einen Moment Stille in der niemand von uns beiden etwas sagte, bevor die Magd das Schweigen brach: „Kann es weiter gehen?", fragte diese leicht lächelnd, wobei man ihr ansah, dass sie fröhlich war. „Sicher", meinte ich ebenfalls lächelnd, woraufhin sie fortfuhr und mir ziemlich alle Zimmer im Schloss zeigte. Den Turm des Schlosses, der laut Fiona nur verstaubte und das Arbeitszimmer des Grafen in dem er vermutlich gerade saß und was weiß ich tat, ließen wir allerdings aus. Mit dem Rundgang durch die restlichen Zimmer hatten wir jedoch auch schon genug zu tun.

The legend of the black ghostWo Geschichten leben. Entdecke jetzt