5; starrende rote Augen

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Ich stand im Erdgeschoß im dunklen Gang und blickte hinaus in die finstere Nacht, während ich an das Gespräch mit dem Grafen zurückdenken musste, darüber, dass jede Geschichte tatsächlich einen wahren Kern hatte... wirklich jede? Ich meine: ist das überhaupt möglich? Oder sind frei erfundene Geschichten beziehungsweise Legend, wie die des schwarzen Geistes davon ausgenommen?...

Als ich so darüber nachdachte zog etwas draußen vorm Fenster meine Aufmerksamkeit auf sich, sodass ich für einen Augenblick meine Gedanken einstellte und hinaus in die Finsternis zum Anfang des Waldes blickte, wo ich zwei rote Augen erkennen konnte.

Verwirrt blinzelte ich mehrmals und rieb mir die Augen, in der Hoffnung das alles wäre nur ein Streich meiner Sinne, doch die zwei roten Augen waren immer noch da, was mich schwer schlucken ließ und ich instinktiv zwei Schritte vom Fenster weg machte.

„Wie.... Wie konnte das sein?", fragte ich mich gedanklich, bevor ich auch schon meinen Kopf schüttelte um diese Gedanken los zu werden. Diesen schwarzen Geist aus der Legende gibt es nicht! Womöglich habe ich diese Geschichte einfach nur zu oft gehört!", sagte ich mir selbst, während ich weiterhin hinaus zu den roten Augen blickte, die so schienen als würden sie mich direkt anblicken. Niemand anderen, nur mich!...

„Ist alles in Ordnung junge Dame?", fragte Fiona, die gerade mit einer brennenden Kerze den Gang entlang zu mir kam, während die Kerze den dunklen Gang etwas erhellte. Erneut schüttelte ich meinen Kopf um meine Gedanken los zu werden und sagte dann lächelnd zur Magd: „Ja, es ist alles in Ordnung" Woraufhin sie mich auch schon in den großen Speisesaal führte und mir deutete Platz zu nehmen.

„Der Graf wird bestimmt jede Minute kommen", meinte diese: „Ihr könnt bereits mit dem Essen beginnen." Dann verschwand sie auch schon in eine der Ecken des Raumes und überließ mich mir selbst.

Überwältigt von all diesen Speisen, die es am Tisch hier gab, wusste ich nicht wo ich anfangen sollte, sodass ich an irgendeiner Ecke anfing und gar nicht genug Hunger hatte um alles zu kosten.

Der Graf tauchte nicht auf, bis ich auch schon vom Stuhl aufstand und gerade dabei war zu gehen. Er kam durch die große Tür des Speisesaals hinein und ging wieder mal schnurstracks auf mich zu, da er etwas von mir zu wollen schien. Überrascht, dass er sich doch noch blicken ließ, blieb ich stehen und wartete ab was er wollte.

„Es tut mir leid, ich hatte eine Menge zu erledigen", sagte er entschuldigend, nachdem er vor mir stehen geblieben war, legte eine kurze Pause ein und redete dann weiter: „Ich habe ein Zimmer für euch herrichten lassen, da es für euch mit Sicherheit unangenehm ist mit einem Fremden im selben Raum zu schlafen."

Überrascht, über das, was er gesagt hatte, blickte ich ihn an und sagte dann einfach nur: „Danke...", da ich nicht wusste, was ich sonst sagen sollte. Er lächelte mir kurz zu, drehte sich dann weg und rief nach Fiona, die daraufhin auch schon aus der Ecke des Raumes zu uns hinüberkam.

Die Magd machte vor dem Grafen einen Knicks, bevor dieser auch schon Fiona sagte welcher Raum nun meiner sein würde, wobei ich den Raum nach dieser Beschreibung, vermutlich niemals alleine gefunden hätte.

Dann wandte sich der Graf ein letztes Mal zu mir, mit den Worten: „Sie wird euch zu eurem Raum begleiten. Ich wünsche eine angenehme Nachtruhe.", bevor er auch schon zum Tisch ging und dort Platz nahm.

„Hier entlang, junge Dame", forderte mich die Magd nach einem Knicks auf, woraufhin ich ihr durch ein paar Gänge zu meinem Zimmer folgte. Als Fiona jedoch das Zimmer öffnete, standen in dem bereits ein paar Mägde, die so schienen als würden sie nur auf mich warten.

Seufzend, blickte ich in das Zimmer, da ich wusste was folgen würde, worauf ich allerdings so überhaupt keine Lust hatte! Ich atmete einmal tief durch und versuchte dann freundlich alle Mägde aus meinem Zimmer hinaus zu bekommen, weil ich mein Kleid auch alleine ausziehen konnte.

„Ihr könnt wieder gehen, eure Hilfe wird nicht benötig", meinte ich etwas unbeholfen, woraufhin mich die Mägde nur unsicher anblickten, eine vortrat und nach einem Knicks meinte: „Graf von Temingen sagte ihr würdet so etwas sagen, jedoch sollten wir ihnen trotzdem dabei helfen."

Ich seufzte erneut, da ich es einfach alleine machen wollte und dieses Gespräch bereits an meinen Nerven zerrte. „Bitte geht einfach raus", versuchte ich es erneut. „Aber wir...", wollte die Magd bereits erneut entgegnen. „Geht raus!", kam es lauter aus meinem Mund als ich es eigentlich beabsichtigt hatte, woraufhin die Mägde mit Blick zu Boden aus dem Zimmer an mir vorbeieilten und nur noch Fiona im Zimmer stand.

Aufgebracht über mich selbst, dass ich meine Stimme dermaßen erhoben hatte, ohne es zu beabsichtigen, fuhr ich mir mit meinen Händen über mein Gesicht und ging dann mit einem Schnauber ins Zimmer hinein.

Als ich dann im Zimmer stand und mich umsah, wurde mir bewusst das ich gar nicht alleine aus dem Kleid hinauskommen würde!... was mich erneut seufzen ließ. Ich drehte mich zu Fiona um, da sie meine letzte Hoffnung war, nachdem ich die anderen Mägde bereits vertrieben hatte. Sie blickte mich erwartungsvoll an, da sie sich so etwas bereits zu denken schien und jetzt nur darauf wartete, dass ich es aussprechen würde.

„Könntest du mir bitte aus dem Kleid hinaus helfen?", fragte ich sie mit einem großen Seufzer, weil sie meine letzte Hoffnung war das Kleid heute noch los zu werden. „Natürlich, junge Dame", sagte sie lächelnd, während sie einen Knicks machte. Dann schloss sie auch schon die Tür und befreite mich aus dem engen Kleid und dem Korsett, das einem wortwörtlich den ganzen Tag die Luft abschnürrte.

„Danke", sagte ich lächelnd zu Fiona, nachdem ich das Nachtkleid endlich anhatte. „Gerne, junge Dame, gute Nachtruhe.", sagte Fiona lächelnd. „Träum süß von sauren Gurken", entgegnete ich lachend, da mein Vater das immer gesagt hatte, wenn er mich früher ins Bett gebracht hatte.

So wie ich dabei lachen musste, zauberte es Fiona ebenfalls ein leichtes Lachen ins Gesicht, bevor sie damit auch schon wieder nach draußen auf den Gang ging und die Tür hinter sich schloss.

Ich legt mich ins Bett und machte mir noch ein paar Gedanken über den Grafen, der gar nicht so gefühllos war wie ich eigentlich gedacht hatte, und die zwei Mägde, die ich bereits sehr ins Herz geschlossen hatte, an meinem... ersten Tag. „Mein erster Tag!", wiederholte ich das nochmals laut, als wäre es ein Ding der Unmöglichkeit gewesen. So viel war passiert,... so viel Neues... an nur einem Tag! Und da waren auch noch diese Roten Augen!!...

Plötzlich wieder hellwach starrte ich an die Decke und hatte die blutroten Augen wieder vor meinen Augen, die mich unaufhörlich anstarrten. Ein ungutes Gefühl breitete sich in mir aus und irgendwie fürchtete ich, dass diese roten Augen mich bereits wieder anstarren könnten, wenn ich aus dem Fenster sehen würde.

Das Gefühl ließ nicht nach, sondern bohrte sich nur noch tiefer, sodass ich dann doch aufstand, zum Fenster ging und hinausschaute, um wenigstens die Bestästigung zu bekommen. Doch dort waren weit und breit keine roten Augen zu sehen. Prüfend blickte ich noch etwas länger hinaus, jedoch tat sich nichts, weshalb ich wieder zu meinem Bett zurückkehrte und tief durchatmete.

„Vermutlich halluzinierte ich in den letzten Tagen, und es ist so, wie meine Mutter gesagt hatte: Diese Legende gibt es nicht! Und ich habe sie einfach nur zu oft erzählt, so dass ich sie jetzt selbst glaubte. So wird es sein...", sagte ich zu mir selbst, während ich wach im Bett lag und hinauf auf die Decke starrte, bevor ich in einen unruhigen Schlaf fiel.

The legend of the black ghostWo Geschichten leben. Entdecke jetzt