2; Der Tag des Versprechens

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Die Mägde, die der Graf extra schicken ließ, machten mich gerade für die Hochzeit fertig. Ich hätte mich dafür am liebsten alleine fertig gemacht, doch als ich dies versucht hatte, waren die Mägde erschrocken zu mir gekommen und sagten mir mehr als tausend Mal, dass das nun nicht mehr meine Angelegenheit wäre.

Und nun ließ ich es einfach über mich ergehen, da ich wusste, dass es keinen Zweck hatte dagegen anzukämpfen. Aber mich kotzte es bereits jetzt schon an, und das obwohl wir noch nicht einmal verheiratet waren, na, das würde was werden!...

„Ich hätte einfach davonlaufen sollen als ich noch die Chance dazu gehabt hatte!", warf ich mir in Gedanken vor: „Aber nun war es wohl zu spät...", Ich konnte nicht mal mehr auf die Toilette gehen ohne dass mir jemand bis vor die Tür folgte, was echt nervte.

Auch der gestrige Abend war nicht besonders toll verlaufen. Nachdem ich ins Haus gestürmt war um meiner Mutter von der schwarzen Gestalt mit den roten Augen zu erzählen, hatte sie nur gemeint: „Sina, du müsstest dich mal hören, man könnte glauben, du würdest die Legende des schwarzen Geistes selbst glauben, obwohl du weißt, dass die Legende nichts weiter als ein Kindermärchen ist, um die Kinder in der Nacht vom Wald fernzuhalten. ... Aber netter Versuch, mir mal wieder Angst zu machen.", sagte sie ruhig. „Aber Mama, das habe ich diesmal wirklich gesehen!", hatte ich etwas lauter entgegnet. „Sina, genug jetzt! Morgen wirst du heiraten, da wird dir so eine Geschichte auch nicht weiterhelfen.", beendete sie dieses Gespräch und fuhr damit fort das Abendessen zu kochen, während ich mich sauer in mein Zimmer verzog. Meine Mutter wollte mir nicht glauben, doch ich wusste was ich am gestrigen Abend im Wald gesehen hatte!

In der Nacht hatte ich nicht gut geschlafen, weil mich diese roten Augen bis in meine Träume verfolgten. Erneut war ich am Waldrand gestanden und die schwarze Gestalt hatte mich wieder mit ihren blutroten Augen angestarrt, während ich nur wie gebannt zurück starrte. Doch dieses Mal konnte ich meine Augen nicht von ihr losreißen, sodass ich nur dabei zusehen konnte wie sie Schritt für Schritt näherkam und bereits mit entblößten Bestienzähnen nach mir greifen wollte...

Ein Schmerz um meine Taille riss mich aus meinen Gedanken. „Das tut weh", gab ich daraufhin missmutig von mir. Eine der Mägde hatte das Korsett zu eng gezogen und sagte nun entschuldigend: „Es tut mir sehr leid junge Dame, es wird nicht wieder vorkommen", während sie einen Knicks machte.

Ich atmete einmal tief durch. Ich mochte es nicht, dass mich die Mägde so förmlich anredeten und noch weniger wollte ich so missmutig klingen, wie gerade eben. „Bitte nennt mich nicht so, mein Name ist Sina.", sagte ich lächelnd. „Es tut uns sehr leid junge Dame. Euch so zu nennen ist uns aber unter allen Umständen untersagt.", sagte eine andere Magd, die dabei war eine aufwendige Frisur mit meinen Haaren zu machen.

„Na gut, wenn das so ist...", versuchte ich fröhlich oder wenigstens nicht so missmutig zu klingen, doch alles hier zerrte an meinen Nerven. In Zukunft dürfte ich vermutlich gerade mal aufrecht irgendwo auf einem Stuhl sitzen und nett lächeln. ...

Ich seufzte, auf Bäume zu klettern wäre damit wohl auch vorbei... aber ich liebte es wirklich über alles!... Was man nicht alles für eine Heirat aufgab, die man gar nicht wollte!

Ich hoffte nur dieser Tag würde schnell sein Ende nehmen und der Tag darauf und der darauf auch, und der dann darauffolgende Tag... einfach mein restliches Leben!
Ich seufzte, doch so würde es wohl nicht laufen... zu meinem Bedauern.

Als die Mägde dann endlich fertig waren, wurde ich zur Kutsche geführt, die mich zum Grafen bringen würde, um ihm mein Eheversprechen zu geben. Doch eher würde ich irgendwo in einen dunklen Kerker verrotten wollen, bevor ich diesem Grafen, von was weiß ich welchen Ländereien, mein restliches Leben schenken würde! Sie würden es schon noch sehen, kampflos würde ich meine Freiheit nicht aufgeben!

„Hi Sina, schön siehst du aus", sagte meine Mutter, die bereits drinnen saß, als ich in die Kutsche stieg. „Danke", gab ich brummend von mir, doch Kleider waren nicht so mein Fall und diese Frisur fand ich auch total übertrieben. Wieso die Adeligen denn auch immer so auf nobel tun mussten, das war echt ätzend!

Dann fuhr die Kutsche auch schon los und ich konnte es jetzt schon kaum erwarten den Grafen mit Freuden abzuweisen und dafür vermutlich irgendwo in einen Kerker geschmissen zu werden.

„Alles OK, Schatz?", fragte mich meine Mutter. „Ja klar, alles bestens Mum", gab ich genervt von mir und verschränkte meine Arme vor der Brust. „Wenn dein Vater hier wäre, dann wäre er stolz auf dich.", meinte meine Mutter, möglichst fröhlich lächelnd. Was mich nur seufzten ließ.

„Wenn Papa noch am Leben wäre, dann würde er nicht zulassen, dass ich mein restliches Leben mit diesem Grafen verschwende.", sagte ich ernst, während ich der Landschaft dabei zusah wie sie am Fenster vorbeizog. Dann herrschte kurz Stille zwischen uns bevor meine Mutter wieder das Wort ergriff: „Übrigens: alles Gute zum 18. Geburtstag", sagte sie nun mit einem Lächeln.

Ich sah für einen Moment vom Fenster weg und ließ meine Schultern sinken. „Ich kann mir echt einen besseren Geburtstag vorstellen, Mum!", murmelte ich traurig und missmutig zugleich vor mich hin.

Endlose Minuten zogen vorbei, in denen ich mir vorstellte welches verdutzte Gesicht der Graf wohl aufsetzen würde, wenn ich ihn vor all den Leuten abweisen würde. Doch die Zeit schien nicht vergehen zu wollen. ...

Endlich beim Schloss angekommen, verfiel ich erst einmal ins Staunen. Ich hatte noch nie ein Schloss gesehen um ehrlich zu sein, und diese Pracht raubte mir den Atem. Doch ich hatte mich schnell wieder gefangen und war mehr als bereit diesem Grafen so richtig meine Meinung zu sagen.

Vor dem Schloss standen nicht wie angenommen massenweise Leute, sondern nur eine Gruppe von Angestellten des Grafen, der Graf selbst und ein anderer Mann, der vermutlich das Eheversprechen zwischen uns dokumentieren würde.

„Also gut, dann eben kein großes Publikum", dachte ich, woraufhin die Kutsche zum Stehen kam und die Kutschentür geöffnet wurde. Selbstbewusst trat ich aus der Kutsche, ohne die Hand des netten Angestellten zur Hilfe zu nehmen und schritt daraufhin gleich zielstrebig auf den Grafen und den anderen Mann zu, um es endlich hinter mich zu bringen.

Der Graf blickte mich etwas überrascht an, da ich nicht im Geringsten Anstalten machte abzuhauen. Dann wurde allerdings sein überraschter Blick zu einem zufriedenen Lächeln, woraufhin ich ebenfalls, just-for-show, ein nettes Lächeln aufsetzte, damit er nachher, wenn ich ihm meine Meinung gesagt hätte umso enttäuschter von mir sein konnte. Ich war ja so genial!

Der Mann daneben räusperte sich und begann dann mit dem ganzen Gelaber von „Lieben und Ehren in guten wie in schlechten Zeiten...", anzufangen. Diesen Grafen? Auf gar keinen Fall!! Da war ich mir zu 100% sicher.
Dann wurde ich auch schon gefragt ob ich diesen Grafen zu meinem Ehemann nehmen wollte.

Doch statt mich einfach mit einem „Ja" meinem Schicksal hinzugeben, oder einem einfachem „Nein", abzulehnen, ließ ich es einfach aus mir heraussprudeln: „Nein, Auf gar keinen Fall! Was bildest du dir überhaupt ein mich als dein Eigentum anzusehen! Glaubst du, nur weil du mit dem Finger schnippst gehöre ich dir oder was?!! Ich werde nie dein sein!..."

Mit Freude genoss ich das geschocktes Gesicht des Grafen und die Gedanken, die wahrscheinlich gerade in ihm sprudelten, wie ich es nur wagen konnte ihm zu widersprechen! Auch die Angestellten hinter ihm hatten bei meinen Worten die Augen geweitete.

Und nach dem ich fertig war, sagte meine Mutter zu allem Überfluss auch noch, dass es ihr leid tat was ich sagte und dass der Graf mich bitte nicht deswegen bestrafen sollte. Es war ja schließlich ihre Schuld, da sie mich falsch erzogen hatte. Was totaler Schwachsinn war, denn meine Mutter trug keine Schuld daran! Ich wollte nur unter allen Umständen in den Kerker um der Ehe mit dem Grafen zu entgehen.

Der Graf begann nur lauthals darüber zu lachen und sagte dann zu dem Mann neben ihm: „Das ist als ein Ja zu werten,..." „Nein ist es nicht", protestierte ich sofort lauthals, doch es hatte keinen Zweck,
denn der Mann kritzelte bereits herum und reichte dem Grafen anschließend das Stück Papier das bestätigen sollte, dass wir nun verheiratet waren.

Wütend blies ich meine Wangen auf und starrte irgendwo anders hin. Ich hatte mein Bestes getan und dennoch war ich gescheitert. Und nun war ich auf ewig verdammt des Grafen Frau zu sein. ... wie ich mein Leben hasste!!

The legend of the black ghostWo Geschichten leben. Entdecke jetzt