Kapitel 7

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Schon seit Monaten habe ich Kai nicht gesehen und eigentlich auch nicht vermisst.

Er ist verwirrend und undankbar.

Florian hingegen ist so etwas wie mein bester Freund geworden, auch wenn er zum Aufpassen auf mich gezwungen wird.

Momentan laufen wir durch den Garten des Schlosses, das schwarze Kleid schmiegt sich an meinen Körper.

Meine Haare gehen mir inzwischen bis zur Hüfte, sie werden gefühlt immer heller, sind inzwischen fast komplett weiß.

Der Krieg tobt weiter, allerdings hat der schwarze Clan die Anhänger des weißen Clans noch nicht gefunden.

Sie werden sich im alten Königreich befinden, ein Schloss, das in Stein eingemeißelt ist und von dem nur wenige wissen.

Florian und ich sitzen auf einer Bank, es dämmert schon, die Kälte kriecht in meine Knochen und ich fange an, leicht zu zittern.

Florian bemerkt es, zieht seine Jacke aus und legt sie mir um.

"Hier."

Dankbar lächle ich ihn an.

"Danke Florian."

"Kein Problem."

Der Sonnenuntergang ist wunderschön, so wie fast alles hier.

Dann wird es dunkel, der Mond geht auf, ich sitze immer noch mit Florian auf der Bank, hier merkt man nichts von dem tobenden Krieg, nichts von meinen Leuten, die sterben.

"Worüber denkst du nach Kleine?"

"Ich sitze hier herum, kann nichts für meinen Clan tun und weiß nicht, wann ich endlich gefoltert und getötet werde.

Mal abgesehen von Elias und eurem dummen Recht der ersten Nacht, auf die Kai Anspruch hat."

"Ich beschütze dich vor Elias, das weißt du."

"Und du weißt, dass wir beide machtlos gegen Kai sind.", seufzend sehe ich ihn an.

"Er wird das nicht von dir verlangen."

"Woher weißt du das?

Was macht dich so sicher?"

"Ich kenne ihn."

"Du kanntest ihn."

"Wieso verschwindest du nicht einfach, Luna?

Wir wissen beide, dass du das könntest."

"Wenn sie mich verfolgen, wissen sie wo der Rest meines Clans ist."

"Wenn du nicht gesehen werden willst, wirst du das auch nicht."

"Kai spürt meine Anwesenheit."

"Was?", verwirrt sieht er mich an.

"Anfangs...

Ich habe seine Anwesenheit gespürt...

Es gibt eine Verbindung zwischen mir und ihm.

Jeden anderen hätte ich getötet, aber bei ihm - konnte ich es nicht.

Es ist eine Art Anziehung, die ich nicht erklären kann."

"Heißt das, du hast Gefühle für ihn?"

"Nein, das heißt es nicht."

"Sondern?"

"Ich habe keine Ahnung", sage ich verzweifelt.

"Ich möchte einfach nur nach Hause Florian."

"Das kann ich nicht zulassen, es tut mir leid."

Sein Lächlen ist traurig, entschuldigend.

"Es ist nicht deine Schuld."

"Ich muss dir noch etwas erzählen Luna."

"Was ist los?"

Er zögert kurz, bevor er mich ansieht.

Seine braunen Locken fallen ihm leicht ins Gesicht, die dunkelbraunen, fast schwarzen Augen sehen direkt in meine.

"Kai hat mich abgerufen.

Ab morgen steht Elias zu deinem Schutz bereit.

Ich soll wieder raus."

Raus, in den Krieg.

Er wird mich alleine lassen.

Wer weiß, ob er je wieder kommt.

"Du- Du wirst mich verlassen."

"Es ist nicht meine Schuld, Kleine.

Ich kann Kai nicht widersprechen, das weißt du."

"Du wirst verletzt werden."

Er schweigt, wir wissen beide, dass er in einem Kriegsfall sehr wahrscheinlich verletzt wird, denn das wird jeder in einem Krieg.

Schweigend starre ich ins Leere, denke nach.

"Wir sollten reingehen.", unterbricht Florian irgendwann die Stille.

Ich nicke nur, dann gehen wir gemeinsam hinein.

Er bringt mich in mein Zimmer, möchte schon rausgehen, die anderen Wachen stehen ja noch vor meiner Tür, da sage ich leise:

"Kannst du - vielleicht heute hierbleiben?

Das könnte unsere letzte gemeinsame Zeit sein."

Er sieht mich an, setzt sich zu mir auf das Bett und ich lehne meinen Kopf an seine Schulter.

"Ich werde dich vermissen Flo...", sage ich leise, Trauer in meiner Stimme.

"Ich werde zurückkommen Luna.

Und wenn es nur für dich ist.", verspricht er mir, flüstert er in mein Ohr.

Er bemerkt meine Tränen, streicht sie mir vorsichtig weg und streicht mir eine Haarsträhne hinter mein Ohr.

Dabei kommt er mir immer näher, sein Blick wandert von meinen Augen zu meinen Lippen.

Langsam, er gibt mir Zeit, mich zurückzuziehen, küsst er mich, sanft und liebevoll.

Meine Hände lege ich in seinen Nacken, er zieht mich näher zu sich.

Der Kuss wird langsam fordernder, leidenschaftlicher.

Plötzlich fliegt die Tür auf und jemand betritt das Zimmer.

"Was zur Hölle ist hier los?"

Seine Stimme ist eiskalt, seine Anwesenheit durchbohrt mich wie ein Speer.

Kai ist hier.

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